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Mit dieser Grammatik betrat Ludger Hoffmann 2013 Neuland. Denn es handelt sich bei diesem Handbuch um eine Grammatik, die speziell für den Bereich der Lehrerausbildung verfasst worden ist. Oder mit den Worten des Autors:
Die Grammatik ist unter der Perspektive der Vermittlung geschrieben: Was sollen Lehrende und Lernende über Sprache wissen?
Inzwischen ist das Buch bereits in 3. Auflage erschienen und im Vergleich zu den Vorgängerauflagen durch einzelne Ergänzungen und Veränderungen auf den aktuellen Stand der Forschung gebracht worden - wenngleich der Autor in seinem Vorwort betont, dass der Band eben nicht den Anspruch einer wissenschaftlichen Grammatik habe. Im Vordergrund steht vielmehr die kommunikative Funktion der Sprache, schließlich dient diese ja der Verständigung und nicht irgendeinem Selbstzweck. Das zeigt sich bereits in der Bezeichnung der einzelnen Abschnitte dieser Grammatik, die nicht etwa mit Wortarten, Satzglieder oder Satzarten bezeichnet werden, sondern die grammatischen Phänomene unter folgende Funktionen bündeln: Redegegenstände formulieren, Gedanken formulieren, der Ausbau von Gedanken, Gedanken verknüpfen und erweitern, Abfolge und kommunikative Gewichtung, Zweckbereiche des Handelns und Äußerungsmodi, Interpunktion als grammatisches Mittel des Textaufbaus.
Ergänzt wird der Band durch eine Einleitung, in der Ludger Hoffmann grundlegende Hinweise zu Sprache, Grammatikvermittlung und Benutzung des Handbuches gibt, sowie durch ein Kapitel zu grammatischen Grundbegriffen. Außerdem enthält das Buch einen Serviceteil. Hier stellt der Autor grundlegende Testverfahren zusammen, beschreibt "mögliche Lernprobleme im Bereich der deutschen Grammatik" und erläutert Kennzeichnungen wie Transkriptionszeichen, welche für das Verständnis dieser Grammatik von Belang sind. Ferner finden Leser hier ein Literaturverzeichnis sowie Hinweise zum Türkischen. Letztgenanntes bezieht sich auf eine weitere Besonderheit: Immer wieder vergleicht Hoffmann bestimmte Aspekte mit dem Türkischen. Er gibt damit vor allem jenen, die Deutsch als Zweit- oder Fremdsprache lehren, eine Vergleichsfolie, um das deutsche Sprachsystem noch besser zu verstehen und weiß insbesondere das Potenzial der Mehrsprachigkeit zu schätzen, welches von den Lehrkräften eben nur mit entsprechendem Hintergrundwissen genutzt werden kann.
Wer lehrt, braucht ein Gesamtbild des Deutschen. [...] Lehrende müssen viel mehr wissen als die Lernenden, um eine didaktische Wahl zu begründen und weiterreichende Fragen beantworten zu können.
Auch wenn diese Grammatik "unter der Perspektive der Vermittlung" verfasst wurde, darf dies nicht missverstanden werden. Didaktische Konzepte suchen die Nutzer vergebens. Das Buch liefert stattdessen das notwendige Hintergrundwissen, um grammatische Phänomene gewinnbringend und korrekt einzusetzen. Als sehr nützlich erweisen sich dabei die zahlreichen Übersichten, Modellskizzen und Beispiele. Um das Gelesene zu festigen, befinden sich immer wieder entsprechende an die Leser gerichtete Aufgaben in dem Buch, die bearbeitet werden können. Leider gibt es - wie bei ähnlichen Formaten inzwischen üblich - keine online abrufbare Lösung dazu. Ganz vereinzelt bieten diese jedoch, wie bei einem Lückentext zu den Determinativen, Anregungen, wie entsprechende Aufgaben auch für den Unterricht gestaltet werden können. Aber das ist wie bereits angedeutet die Ausnahme.
In seinem Vorwort fordert Hoffmann, dass ein Verständnis dieser Grammatik einer "zusammenhängenden Lektüre" bedürfe. So wünschenswert dieser Anspruch ist, so sehr sei dahingestellt, ob so etwas realistisch ist. Immerhin besteht der Band (ohne den Serviceteil) aus rund 600 Seiten mit vielen Einzelbeispielen, welche zahlreiche Sonderfälle abhandeln. Hinzu kommt, dass Nutzer eine entsprechende kognitive Flexibilität an den Tag legen müssen, da der Band begrifflich zahlreiche Unterschiede zur Schulgrammatik macht beziehungsweise deren Bezeichnungen deutlich modifiziert. Fachsprachlich ist der Band so durchaus anspruchsvoll, sollte jedoch von ausgebildeten Lehrkräften beherrscht werden. Aber auch Studierende sollten zurechtkommen, wenn sie sich die Mühe machen, sich auf die Systematik des Bandes einzulassen.
Etwas negativ ins Gewicht fällt, dass der Band nicht als Hardcover verfügbar ist. So ist zu befürchten, dass sich die Seiten des recht dicken Bandes bei häufigem Gebrauch - was ja durchaus Sinn einer Grammatik ist - eventuell lösen werden oder zumindest der Einband schnell deutliche Gebrauchsspuren aufweisen wird.
Dies sollte jedoch kein Grund sein, nicht zu dieser Grammatik zu greifen: Denn zu überzeugend ist Hoffmanns Ansatz Grammatik als etwas Funktionales zu begreifen, mit der wir unser tägliches sprachliches Handeln gestalten. Lehrkräfte, die einen zeitgemäßen Grammatikunterricht jenseits von stupider Paukerei betreiben wollen, erhalten hier das dringend notwendige Hintergrundwissen, ohne das ein solcher Ansatz nicht umzusetzen ist.
Weitere Informationen zum Buch sowie ein Blick ins Inhaltsverzeichnis finden sich auf der Webseite des Verlags .
Gebrauchshinweise von Matthias
Wenn man den Hinweisen des Autors folgt, die gesamte Grammatik als "zusammenhängende Lektüre" zu lesen, ist es in jedem Fall ratsam, dies in kleinen Häppchen zutun, um das Gelesene verarbeiten zu können. Aufgrund des immensen Umfangs und der Fülle an Informationen ist es jedoch durchaus auch ratsam die Grammatik zunächst in groben Zügen zu lesen, um die Grundsystematik von Hoffmanns Ansatz kennenzulernen. Bei einem zweiten Durchgang bietet es sich dann an, die zahlreichen Beispiele genauer zu betrachten, um auch seltenere sprachliche Phänomene zu erfassen. Selbstverständlich ist der Band nach dieser einführenden Lektüre auch ein hervorragendes Nachschlagewerk, um sich gezielt mit bestimmten Anwendungsbereichen wie den Möglichkeiten der sprachlichen Hervorhebung zu befassen. Nicht nur die klare Struktur des Inhaltsverzeichnisses unterstützt diese Herangehensweise, sondern auch das sorgfältige Sach- beziehungsweise Wortregister im Serviceteil des Bandes.