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 Coaching-Tools

Erfolgreiche Coaches präsentieren 60 Interventionstechniken aus ihrer Coaching-Praxis


Cover
Gesamt +++++
Anspruch
Aufmachung
Bildqualität
Preis - Leistungs - Verhältnis


Coachingbücher erkennt man nicht zuletzt daran, dass sie seltsame englische Titel haben. "Coaching-Tools", von Christopher Rauen herausgegeben, präsentiert also Werkzeuge, die beim "Nachhilfeunterricht" (also Coaching) hilfreich sein können.
Rauen selbst teilt diese Werkzeuge in fünf große Abschnitte ein: 1. Come together, 2. Orientation, 3. Analysis, 4. Change und 5. Harbour. Die jeweils ersten Buchstaben bilden zusammen das Wort Coach. Das Buch umfasst sechzig Interventionstechniken, also jene Werkzeuge, mit denen ein Coach arbeitet.
Der erste Teil befasst sich mit der Kennenlern- und Kontaktphase: wie man Kunden gewinnt oder einem Klienten den passenden Coach vermittelt; wie man Vorgespräche führt oder erste Strukturen für den Coaching-Prozess festlegt; wie man Aufträge klärt oder den Erstkontakt in eine Kurzzeitberatung umwandelt.

Von diesem ersten Teil geht es nahtlos weiter in den zweiten Teil, der inhaltlichen Orientierung. Neben Artikeln zur Vertragsarbeit, das heißt dem genaueren Ausformulieren der zu leistenden Arbeit des Coaches, bietet dieses Kapitel vor allem auch theoretischere Perspektiven an: das Beobachten des Beobachters, den Symptom-Check, das zirkuläre Interview, die Theorie stabiler Zonen und den Einsatz von Metaphorik. Man kann sich dieses zweite Kapitel ein wenig wie die ersten Bilder eines Films vorstellen: Entweder wird ein Überblick gewonnen, von dem aus dann die Kamera weiter an die Situation heranfahren wird, oder es wird ein Ausschnitt vorgestellt, von dem die Kamera sich im folgenden entfernt, um einen größeren Überblick zu gewinnen. Der zweite Teil bietet beides an. Er stellt aus den Bereichen des systemischen, humanpsychologischen und gestaltorientierten Coaching eine breitere Palette von sechzehn Werkzeugen vor.

Hat die inhaltliche Orientierung Grobziele ergeben, steigt der dritte Teil in die Erarbeitung von Feinzielen und Prozessplanungen ein: Einzelne Aspekte werden in jeweiligen Artikeln genauer betrachtet, so dass sich auch hier eine breite Palette an Werkzeugen für den Coach ergibt, wiederum aus sehr unterschiedlichen Schulen. Neben Instrumenten, um genauer an aktuellen Lebenszielen zu arbeiten, gibt es zahlreiche Artikel, um Rollen, Führungsverhalten, Sozialstrukturen oder soziale Konflikte zu analysieren, aber auch um Kompetenzen, Karriereorientierungen, Werte, Wünsche oder Emotionen zu reflektieren. In vierzehn Artikeln also geht es um das Erarbeiten von Veränderungsmöglichkeiten, um das Benennen und Ordnen eines solchen Prozesses in einer konkreten Umgebung.
Mit solchen Planungen kann der Coach mit seinem Klienten in die vierte Phase gehen, der Veränderungsphase. Die Phase der Veränderung grenzt sich nur bedingt von der vorhergehenden Phase ab: Auch hier geht es noch um Klärung, um den Umgang mit expliziten und impliziten Werten und um deren Veränderung, um Phantasien, um Arbeit an den Emotionen und um Reflexion. Wieder werden in sechzehn Kapiteln aus unterschiedlichen theoretischen Perspektiven Werkzeuge vorgestellt. Neben dem Umgang mit dem inneren Team - das oft durch verschiedene Stühle verbildlicht wird, auf die der Klient sich setzen kann -, gibt es auch die Arbeit im Team und das Zusammenführen von Perspektiven; neben der Intervention durch systemische Fragen steht die Intervention durch provozierende Behauptungen; neben dem Nachdenken und Klären findet sich das Einüben und Ausprobieren.

Als letzte Phase steht der Ausklang des Coachings im Blickpunkt von sieben Artikeln. Sie drehen sich um die Evaluation des Coachings, aber auch um den tragfähigen Transfer in die Berufswelt. Dabei greift der Prozess der Evaluation natürlich ebenso in alle anderen Phasen ein und bildet hier nur einen abschließenden Schwerpunkt. Becker-Hill schreibt in ihrem Artikel dazu: "Professionelle Transfersicherung beginnt bereits mit der Auftragsklärung, …", ähnlich wie ein professioneller Erzieher mit dem Loslassen beginnen muss, bevor er das Kind kennen lernt. Wie in den vorangehenden Abschnitten bringen die Autoren sehr unterschiedliche theoretische Hintergründe ins Spiel.

Insgesamt kommt das Buch so bunt daher, wie die Welt des Coachings erscheint: als ein Sammelsurium aus sehr unterschiedlichen Schulen, Denkrichtungen und Überzeugungen. Dabei muss man aber wohltuend anerkennen, dass die Artikel nur in Einzelfällen das insgesamt hohe Niveau verpassen. Sie sind verständlich, gut gegliedert und zeigen den sinnvollen Einsatz des jeweiligen Werkzeugs. Der Einwand eines Rezensenten, die "Beschreibungen [seien] viel zu kurz und oberflächlich, um sie in der Praxis anzuwenden", kann man nicht gelten lassen, denn selbstverständlich will dieses Buch nicht bei Adam und Eva anfangen, sondern wendet sich an Praktiker, die schon Erfahrung im Coaching-Prozess haben, die eine Theorie oder Schule als Hintergrund vorweisen können, und die ihre methodischen Möglichkeiten erweitern wollen.
Erfreulich ist auch, dass die Begriffe sehr genau verwendet werden. Beim Durchlesen des Inhaltsverzeichnisses kann einen das kalte Grauen packen bei Wörtern wie Holistic Life-Balancing oder Systemische Frage-Interventionen oder gar Notation der Coaching-Sitzung als lösungsorientierte Intervention. Aber gerade der zuletzt genannte Artikel von Uwe Wieland bringt einen sehr bedenkenswerten Vorschlag ein und kann durchaus zu den besten Artikeln im Buch gezählt werden; man vergesse also den sperrigen Titel. - Und was die Begriffe betrifft: Nicht immer werden sie definiert, aber wer die Hintergründe der Begriffe kennt, wird feststellen, dass sie sauber benutzt werden und nicht in dem Wischiwaschi esoterischer Selbstüberhöhung.
Etwas bemüht dagegen ist die Einteilung der Artikel in die fünf Phasen. Daran kann man sich festhalten, sollte sich aber von Fall zu Fall auch anders entscheiden. Insgesamt gehen diese Phasen ineinander über und ein provokativ geführtes Abschlussgespräch zu Beginn des Coaching kann (manchmal) Wunder wirken.
Drei herausstechende Artikel in diesem Werk sind die "PRO-aktive Rollenanalyse" von Wolfgang Filbert, weil er die zahlreichen Konfliktzonen zwischen dem Menschen und der Organisation verdeutlicht, außerdem "Gegenwind" von Andreas Steinhübel, weil dies eine zugleich spielerische, empathische wie konfrontative, klärende und humorvolle Methode ist, und "Freitagsreflexion" von Sylvia Becker-Hill, nicht unbedingt wegen der Methode, sondern weil diese Frau gelassen und trotzdem kritisch bleibt und einfach - vor allen anderen Autoren - hervorragend schreiben kann.

Wer nichts anderes erwartet als gut bis hervorragend geschriebene Artikel zu Coaching-Methoden, wer seine Grundlagen in verschiedene Richtungen erweitern will, dem sei dieses Buch wärmstens ans Herz gelegt. Wer glaubt, dass er mit diesem Buch ein Endgültigkeitsfähnchen zum Winken bekommt, schaue sich doch besser bei Kartenlegern und Engelsflüsterern um.

Frederik Weitz



Softcover | Erschienen: 01. Juni 2008 | ISBN: 9783936075182 | Preis: 49,90 Euro | 368 Seiten | Sprache: Deutsch

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