Hanna Kramer ist Deutschlehrerin an einem exklusiven Internat in der Schweiz. Für ihre Klasse hat sie sich ein besonderes Projekt ausgedacht: Es soll "Ausnahmezustand" heißen, und die Schüler sollen hier die Gelegenheit haben, an ihre Grenzen zu gehen. Je vier Schüler werden dabei ihr eigenes Projekt planen. Doch schon bei der Zusammenstellung der Gruppen kracht es, denn die Lose bringen Jessie, Tina, Alex und Michael zusammen und von denen kann keiner mit keinem.
Jessie, das ist die arrogante Zicke, Tina das unscheinbare Pummelchen, Alex der widerliche Macho und Michael der schweigsame Versager. Und so ist es kein Wunder, dass bereits die ersten Schritte im Projekt zeigen, dass sie scheitern werden. Dann aber kommt Bewegung in die Gruppe. Tina beginnt, sich von ihren überbehütenden Eltern zu lösen. Und sie entdeckt, was Michael so schwer auf der Seele liegt: ein gewalttätiger Vater. Alex dagegen fliegen die Fetzen seines bisherigen Lebens um die Ohren. Seine kleinen kriminellen Machenschaften verstricken ihn in ein brutales Verbrechen. Und auch Jessie kann nicht länger die Unberührbare spielen.
Als dann auch noch die Klassenkameraden beschließen, dieser Gruppe die Planung abzunehmen und sie zum Aufräumen in ein stillgelegtes Berghotel zu schicken, müssen sich die vier Jugendlichen entscheiden: Stellen sie sich ihrem alten Leben oder verschließen sie weiterhin die Augen? Aus sehr verschiedenen Gründen nehmen sie die Herausforderung an. Im Berghotel jedoch eskaliert die ganze Situation: Plötzlich geht es für die Jugendlichen nicht mehr darum, sich ihren Ängsten zu stellen, sondern nur noch, das nacktes Leben zu retten, doch …

… das muss jeder selbst lesen. Denn die Autorin schreibt hier nicht nur einen nervenzerfetzenden Entwicklungsroman, sondern einen harten Thriller, der einen nicht mehr loslässt. Alice Gabathuler braucht nichts weiter als knappe, klare Sätze, um einen hervorragend geschriebenen Albtraum zu erzeugen, reiche und tiefe Charaktere zu erzeugen und auch noch mit jenen Klischees zu spielen und zu brechen, die sonstige Thriller zur Massenware machen.
Das Projekt zeichnet aber vor allem aus, dass er aus vier Perspektiven erzählt wird, denen von Jessie, Tina, Alex und Michael. Diese schwierige Erzähltechnik führt häufig zu allerlei Peinlichkeiten, allerdings nur bei anderen Autoren - denn Alice Gabathuler setzt diese Technik so geschickt und gekonnt ein, dass sie die Handlung vorantreibt und die Spannung, wieder einmal, auf hohem Niveau hält.

Wie für alle anderen Romane von Frau Gabathuler muss man auch hier wieder schreiben: eine Ausnahmeautorin, der einfach alles, was sie unter den Stift bekommt, gelingt. Unbedingt empfehlenswert!