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Jörg, Dieter und Georg teilen das gleiche Schicksal: Das gestörte Verhältnis zu ihren Ehefrauen. Jörg, Vertreter für Badewannen-Lifter, verbindet seine mehrtägigen Verkaufstouren mit amourösen Besuchen bei einer jungen Frau. Als diese ihm bei einer dieser Touren spontan absagt, sucht er frustriert nach Ersatz, unter anderem in einer Disco für Jugendliche. Dort bricht sich der angestaute Frust über seine Frau, seinen Job und die Welt im Allgemeinen Bahn und Jörg rastet aus.
Georg, Trainer von Schalke 04, hat ganz andere Sorgen: Der Ausgang des Spiels gegen Mönchengladbach an diesem Abend bestimmt auch seine Zukunft bei dem Fußballverein. Als ihm der Druck von Medien und Vereinsvorstand zu viel wird, haut er während des Spiels einfach ab. Er will zu seiner Frau nach Hause, aber die will ihn nicht sehen. Stattdessen wird seine Flucht zum Glücksfall für den freiberuflichen Videoreporter Dieter, der zuvor mit seinem Sohn eine Spritztour durch das Ruhrgebiet gemacht hat, obwohl er den Jugendlichen nur nach Hause bringen sollte. Seine Frau, die angeblich keine Zeit dazu hatte, trifft er aber plötzlich bei einem Konzert des alternden Schlagersängers Heinz wieder.
Und Heinz? Der stellt fest, dass ihm etwas fehlt. Zwar ist er nach wie vor bei seinen Fans beliebt, aber wirkliche Freundschaften oder Beziehungen über kurze Liebesabenteuer hinaus sind schon lange nicht mehr Teil seines Lebens.
Auf der Suche nach ihren Plätzen in der Gesellschaft und einem Ziel, nach Halt und Geborgenheit kreuzen sich die Wege dieser vier Männer mehrmals, ohne dass sie jemals wirklich miteinander in Kontakt kommen. Und über allem kreist ein entführtes Flugzeug ...
"Autopiloten" erzählt einfühlsam vier Geschichten von entwurzelten Männern. Die Erzählweise ist weitgehend ruhig gehalten, bisweilen scheint die Kamera richtig zu schweben und die langen Einstellungen und ausgedehnten Kamerafahrten legen den Fokus auf die Charaktere, die im Laufe des Films Wandlungen durchmachen. Die Suche nach dem, was diese vier Männer erfüllen könnte, wird detailliert festgehalten, ihr Verlorensein in einer ungewissen Gegenwart spiegelt sich in der Flugzeugentführung wider, über die in Fernsehsendungen immer wieder berichtet wird.
Die Schauspieler-Riege ist mit Bedacht ausgewählt und meistert diese Selbstfindungs-Versuche sehr gut. Charly Hübner ist prädestiniert für die Rolle der tickenden Zeitbombe Jörg und sticht durch sein intensives Spiel hervor. Aber auch Wolfram Koch als Reporter, für den das Auto zum eigentlichen Zuhause geworden ist, Walter Kreyer als Schalke-Trainer vor dem Aus und besonders Manfred Zapatka als Schlagersänger Heinz, dessen Suche nach dem Einklang zwischen Öffentlichkeit und Privatleben nahezu meditativ verläuft, machen ihre Sache sehr gut.
Regisseur Bastian Günther nimmt sich viel Zeit, genau auf seine Hauptfiguren einzugehen. Das ist gut und bis zu einem gewissen Grad auch unumgänglich, hat aber den unschönen Nebeneffekt, dass der Film zwischenzeitlich recht langatmig ist. Die Männer, um die sich der Film dreht, vollziehen Ortswechsel, führen Gespräche, das ist anfangs wichtig, um sie kennenzulernen, aber dieser Prozess ist für den Zuschauer schneller abgeschlossen als scheinbar vom Drehbuch vorgesehen und so dauert es ein Weilchen, bis der Film wieder zu fesseln versteht. Das ist aber spätestens nach der ersten Hälfte der Fall und die zweite macht diesen bedauerlichen Umstand mehr als wett.
Das Bonusmaterial auf der DVD ist interessant, wenn auch nicht spektakulär. Besonders hervorzuheben ist das Making-of, in dem Hübner und Regisseur Günther viele Hintergründe zum Dreh und zu den einzelnen Figuren erklären. Daneben gibt es Trailer, eine Fotogalerie, man kann den Film mit einem dumpfen und informativen, aber mäßig unterhaltsamen Audiokommentar von Günther und seinem Kameramann Michael Kotschi sehen und Hübner führt den Zuschauer durch das Set von "seiner" Disco, in der ein wichtiger Teil des Films spielt. Interessant, weil ungewöhnlich, ist die Option, den Film mit englischen Untertiteln zu sehen. Im Hauptmenü kann man das Lied hören, das Zapatka am Ende des Films singt. Leider ist die Menüführung furchtbar träge - warum muss der Zuschauer hier so lange warten, um vom Hauptmenü zu den Extras zu kommen?
Günthers Film ist interessant, bisweilen gar hypnotisch in seiner weitgehend ruhigen Erzählweise, und offenbart die seelischen Abgründe von Männern, die ihr Verhältnis zu den Frauen und ihren Platz im Leben wiederfinden müssen. "Autopiloten" ist ein wenig Drama, etwas mehr Charakterstudie und in gewisser Weise auch Road-Movie. Der Film erzählt davon, dass man manchmal seine Prioritäten neu setzen muss, und das macht der Film bis auf einige Längen ganz gut. Empfehlenswert für einen entspannten Abend und ein gutes Beispiel für vernünftiges deutsches Kino jenseits von Klamauk und bescheuerten Liebesgeschichten.