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Das Leben der Reichen und Schönen, der Stars und Sternchen – wer würde da nicht gerne ab und an Mäuschen spielen und hinter die Kulissen blicken, um mehr zu sehen als das gebleichte Lächeln auf dem Roten Teppich, die ausdruckslosen Botox-Stirnen oder das ständig gleiche Winken in die Kameras dieser Welt.
Rettung naht in Form eines exzentrischen, selbstverliebten, schwulen und herrlich humorvollen Briten namens Rupert Everett. Der Schauspieler, den man vor allem aus der Hollywood-Liebeskomödie „Die Hochzeit meines besten Freundes“, aus „Ein Sommernachtstraum“ und „Ernst sein ist alles“ sowie als Sherlock Holmes in britischen TV-Filmen kennt, räumt in seinem Buch „Rote Teppiche und andere Bananenschalen“ mit der glitzernden Scheinwelt des Filmgeschäfts auf.
Everett beginnt recht konventionell mit der Schilderung seiner Kindheit, die beschaulich in Norfolk im England der 1960er Jahre verläuft. Julie Andrews als Mary Poppins weckt seine frühe Liebe zum Film, doch sehen seine Eltern eine solide Ausbildung für ihn vor; Internatsaufenthalte und diverse Schulen bestimmen sein Leben, bis er sich aus dem familiären Korsett befreit und seinen eigenen Weg sucht. Der führt ihn über London und Paris tatsächlich zu einer angesehenen Schauspielschule und damit zu seinem Lebenstraum – und schließlich sogar nach Hollywood.
Doch nicht alles in Everetts Vergangenheit ist eitel Sonnenschein. Lange, wilde Partys bestimmen seine jungen Jahre, er macht um seine Sexualität keinen Hehl, verbringt die Nächte immer wieder mit anderen jungen Männern. Als Aids ein Thema nicht nur in der Schwulengemeinde wird, glaubt er, sich infiziert zu haben, sieht später Bekannte und Freunde an der Krankheit sterben.
Er arbeitet sich schließlich über britische Bühnen bis nach Hollywood, dreht mit Stars wie Liam Neeson und Colin Firth, Kenneth Branagh und Julia Roberts, Sharon Stone und Madonna, feiert auf Partys mit Gianni Versace, Gwyneth Paltrow und Jennifer Lopez. Everett nimmt mit, was er bekommen kann, wird als Diva kritisiert und für seine Darstellungen gelobt.
Ein bewegtes Leben, von dem Rupert Everett erzählt. Und doch wagt der Brite es, darüber hinaus so manches Hollywoodgeheimnis zu lüften und das eine oder andere pikante Detail auszuplaudern. Wer hätte geahnt, dass er in jungen Jahren eine Affäre mit Ian McKellen hatte? Oder dass Danny Aïello, unter anderem bekannt aus „Léon – Der Profi“, gerne mal den italienischen Macho heraushängen lässt, obwohl er gar kein Italiener ist? Oder Sharon Stone eine recht besessene Charakterfixierung bei ihren Dreharbeiten zur Schau stellt?
„Rote Teppiche und andere Bananenschalen“ ist eine Mischung aus Autobiografie, Enthüllungsroman und Skandalbuch. Die Skandale halten sich noch in einem bescheidenen Rahmen. Was jedoch sein eigenes Leben und das Hollywood-Nähkästchen angeht, plaudert Everett munter drauflos, nimmt kein Blatt vor den Mund, erzählt selbstironisch, bissig und amüsant von Prostitution, seinen wenigen Beziehungen zu Frauen, den Klüngeln von Hollywoodpartys und den selbstgefälligen Macken der Stars. Aber auch die traurigen Momente finden angemessenen Raum, etwa wenn Everett das Thema Aids anschneidet, Abschied von sterbenden Freunden nehmen muss, sein langjähriger treuer Hund Mo eingeschläfert wird oder er von seinem ersten miserablen Versuch der Wohltätigkeitsarbeit berichtet. Diese Passagen zeigen den Schauspieler von einer anderen Seite und nehmen dem Buch den Eindruck einer Abrechnung mit der US-amerikanischen Traumfabrik.
Das Ganze ist in ironischem, britisch trockenem und überraschend wortgewandtem Stil verfasst. Einige Episoden im Leben des Schauspielers mögen etwas weniger interessant sein als andere, und den Kinder- und Jugendjahren wurde vielleicht ein wenig zu detailliert Aufmerksamkeit geschenkt, aber spätestens mit Everetts Einzug in Hollywood liest sich das Buch flüssig und kurzweilig und verlangt dem Leser bisweilen auch ein wenig Schadenfreude ab.
Mit seinem nunmehr dritten Buch „Rote Teppiche und andere Bananenschalen“ liefert Rupert Everett einen spitzfindigen, bissigen und humorvollen Blick hinter die Hollywoodkulissen, lässt die Unnahbarkeit und Perfektion so manches Stars bröckeln und beweist eine ganze Portion Selbstironie. Unterhaltsam, überraschend und ganz sicher alles andere als brav.