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Ein neues Städtebuch für das Cthulhu-Rollenspiel ... das verspricht in der Regel hohe Qualität, atmosphärische Dichte und cthuloiden Schrecken par excellence. Diesmal rückt
die Metropole der Vereinigten Staaten in den Mittelpunkt, die als Prototyp moderner Urbanität - auch und vor allem der Jahrhundertwende zwischen dem 19. und 20. Jahrhundert - selbst ein Mythos geworden ist: New York, the Big Apple. "New York - Im Schatten des Wolkenkratzer" erschließt in Form eines Quellenbandes die legendäre Stadt für alle Ermittler, die sich den Großen Alten auch auf städtischem Terrain entgegenstellen wollen.
Das Buch, eine Übersetzung des amerikanischen Originals von Chaosium, kommt wie gehabt in toller Aufmachung daher, mit schickem Cover, Lesebändchen, einer schmucken New-York-Karte im historischen Stil und vielen zeitgenössischen Bildern. Grob unterteilt ist es in den Quellen- und Abenteuerteil, wobei ersterer vor allem eine breitangelegte Beschreibung der unterschiedlichen Stadtteile, aber auch der Stadtgeschichte und der Stimmung New Yorks in den 1920er Jahren darstellt; von den Häuserschluchten Manhattans über Queens, Brooklyn und die Bronx. Einen breiten Raum - und ein eigenes Kapitel - nimmt das organisierte Verbrechen in New York ein, das von 1900 bis nach der Prohibition ausführlich dargestellt wird. Cthuloide Ansätze kommen bei all dem nur am Rande vor; ein altbekanntes Manko der Cthulhu-Bücher, die bei allem Detailreichtum oft ihr Thema aus den Augen verlieren.
Der zweite Teil umfasst drei Abenteuer. Das erste ist gleich auch das beste: "Pinselstiche" (Alexander Dotor, Peter Schott) spielt in der New Yorker Kunstszene der 1920er Jahre und handelt von einem verrückten Künstler und seinem Meisterwerk, das er trotz des obszönen Inhalts bei einem Malwettbewerb einreicht. Die Ermittlungen lassen sich - vor interessanter Kulisse - durch schöne Detektivarbeit vorantreiben, wobei die Spieler selbst ihre Schlüsse ziehen müssen. Das Finale wartet mit zwei Varianten auf - hinreißend vor allem jene, die beim Versagen der Ermittler eintritt. Ein kleines, spannendes Meisterwerk haben die beiden Autoren hier geschaffen ...
Nicht ganz so überzeugend ist "Tunnel mit Aussicht" (Bernhard Biehler), das die frühe New Yorker U-Bahn in den Fokus rückt ... wo eine grässliche Verschwörung geplant wird. Die Prämisse dieser Verschwörung ist leider sehr konstruiert, und die Ermittlungen gehen eher schleppend voran. Insgesamt lässt Biehler den Spielern zu wenig Freiraum und erzwingt in vielen Szenen Passivität, weshalb die vereinzelten guten Ideen leider untergehen.
Das gilt auch für das dritte Abenteuer im Bunde. "Der Fluch des Schwarzen Mannes" von Mirko Bader handelt von den Überlebenden des Titanic-Untergangs, die von einem geheimnisvollen "Schwarzen Mann" in der Unglücksnacht gerettet wurden - und dafür einen bitteren Preis bezahlen müssen. Die Recherche führt die Ermittler auch in die New Yorker Unterwelt. Leider bleibt das Abenteuer recht unspektakulär, es fehlt an packenden Szenen und raffinierten Einfällen.
Fazit: "New York - Im Schatten der Wolkenkratzer" ist ein grundsolides Quellenbuch mit einem exzellenten und zwei durchschnittlichen Abenteuern. Beim Quellenteil vermisst man allerdings cthuloides Grauen, und ein wenig fehlt es an Überraschungen. Nach dem tollen "Arkham"-Band sieht "New York" schon etwas grau aus. Trotzdem: ein gut geschriebenes, aufgeräumtes und alles in allem gelungenes Buch.