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Die Stiftung und Nonprofit-Organisation
World Press Photo gibt jedes Jahr ein Jahrbuch der gelungensten und beeindruckendsten Fotos von Journalisten aus aller Welt heraus. Für die Ausgabe 2010 wählte die Jury aus 101.960 Einsendungen - eingereicht von 5.847 Fotografen aus insgesamt 128 Ländern - die besten 168 Einzelfotografien und Fotoserien des vorangegangenen Jahres aus.
Herausgekommen ist eine Sammlung von Fotografien, die erschüttern, mitreißen, teils sprachlos machen. Viele sind höchst politisch, verstörend und aufrüttelnd; es gibt aber auch schöne, stille, alltägliche, skurrile und durchaus komische Momente. Obwohl im Vorwort der Vorsitzenden der Jury betont wird, dass die Auswahl der Bilder keine Übersicht über das Geschehen in der Welt darstellen soll, sind die 168 Fotos in diesem Jahrbuch irgendwie doch eine kleine Dokumentation des Jahres 2009 – quasi im Schnelldurchlauf wird dem Betrachter wieder dieses und jenes einschneidende Ereignis, welches das Jahr prägte, ins Gedächtnis gerufen.
Das Cover des Bandes ziert ein Foto von Pietro Masturzo, dem Gewinner des World Press Photo 2009. Es zeigt – auf den ersten Blick eher unspektakulär - Frauen in Teheran, die von einem Dach aus ihren Protest gegen die umstrittenen Präsidentschaftswahlen herausschreien. Die Wiederwahl von Präsident Mahmud Ahmadinedschad, nach der es zu Demonstrationen und Ausschreitungen mit zahlreichen Toten kam, bewegte die Welt wochen- und monatelang.
Die darauffolgenden preisgekrönten Bilder - teils farbig, teils schwarzweiß - sind nach den ausgeschriebenen Kategorien sortiert: "Menschen in den Schlagzeilen", "Harte Fakten", "Reportagen", "Alltagsleben", Aktuelle Themen", "Natur", "Porträts", "Kunst und Kultur", "Sports Feature" und "Sports Action".
Vieles, was man hier entdeckt, weckt Erinnerungen an Themen, die man selbst in den Medien verfolgt hat: Barack Obama mit geschlossenen Augen bei seiner Vereidigung zum Präsidenten der USA; das Auto des Attentäters, das im niederländischen Apeldoorn am Königinnentag in die Menge raste - insgesamt starben acht Menschen, zahlreiche weitere wurden verletzt; Bomben, die während der israelischen Offensive im Januar 2009 auf Gaza-Stadt niederregnen.
Andere Fotos spiegeln eher allgemein die Situation in einem Land wider. Viele von ihnen sind sehr drastisch und daher nichts für Zartbesaitete: Auf einem Bild ragt der Kopf eines toten palästinensischen Mädchens aus einem Schutthaufen; es starb bei einem Luftangriff Israels gegen Gaza. In einer erschütternden Fotoserie sieht man detailliert, wie ein Mann in Somalia von einer Menschenmenge gesteinigt wird, wobei die Bilder den gesamten grausamen Ablauf vom lebendigen Mann bis zum entstellten Leichnam dokumentieren. Wieder andere Bilder zeigen im Drogenkrieg in Mexiko getötete Menschen, viele von ihnen Jugendliche. Sehr verstörend wirkt auf den Betrachter auch ein Bild, auf dem drei Lämmer durch eine Tür auf ihre bereits abgehäuteten toten Artgenossen im Schlachthaus blicken.
Insgesamt dokumentieren zahlreiche Fotografien ungeschönt Tod, Leid und Krieg. Hier wird auch eine der wichtigsten Aufgaben der Fotojournalisten weltweit sichtbar: Dinge festzuhalten und sichtbar zu machen, die man normalerweise nicht bemerkt oder nur gefiltert zu sehen bekommt.
Es sind jedoch nicht alle Fotos im Jahrbuch von Brutalität und Brisanz geprägt. Auch die friedlichen und alltäglichen Szenen sind eindrucksvoll und geben einzigartige Momente wieder: eine Frau in der vollgestopften U-Bahn in Tokyo auf dem Weg zur Arbeit; die Bahn ist so überfüllt, dass Wasser innen an den Scheiben herunterläuft. Eine Familie in Mosambik genießt ein Strandpicknick, ein junger Mann betrachtet sich in einem New Yorker Schönheitssalon selbstkritisch und selbstverliebt im Handspiegel, ein Eisvogel taucht nach einem Fisch.
Es ist diese Vielfalt an Themen und Situationen, die den Reiz des World Press Photo-Jahrbuchs ausmachen. Zwar überwiegen beim ersten Durchblättern die erschreckenden Eindrücke einer Welt, in der überall Krieg, Leid und Hungersnöte zu herrschen scheinen, bei nochmaliger Betrachtung kann man sich dann aber mehr Zeit nehmen und auch die grandiosen Naturaufnahmen, die stillen Porträts und die dynamischen Sport-Fotografien angemessen würdigen.
Alle Fotos in diesem Band werden durch zusätzliche Informationen erläutert; die deutschsprachigen Texte sind knapp gehalten, aber ausreichend informativ, sie geben Hintergründe zum Fotomotiv, zu Entstehungsort und -anlass und rücken damit das Gezeigte in den richtigen Kontext.
"World Press Photo 2010" ist eine spannende, vielseitige und teils sehr drastische Zusammenstellung preisgekrönter Fotos von Journalisten aus aller Welt. Ein kleines, bewegendes Abbild des Jahres 2009 - sehenswert!
Weitere Infos auch unter www.worldpressphoto.org