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Jon hasst den Vollbart. Er lässt nichts unversucht, um den Neuen seiner Mutter zu vergraulen. Nun hat er die Quittung für seine unverhohlene Abneigung. Er wird auf ein Internat in Salisbury geschickt. Sofort, ohne Einspruch, ohne Widerrede, ohne sich für die offensichtlich als Rache vom Vollbart eingefädelte Strafaktion revanchieren zu können.
Mit elf Jahren abgeschoben ins Niemandsland, kurz vor Stonehenge, dem Ende der Welt. Wo er noch nie eine einzige Nacht außer Haus, ohne seine Mutter, ohne seine beiden kleinen Schwestern verbracht hat. Und wie erwartet entpuppt sich das Internat als Hort der fiesen Lehrer, grässlichen Speisen, aufdringlichen Zimmerkammeraden und totlangweiliger Abende.
Wäre da nicht eines Abends eine Erscheinung, die Jon nicht nur eine schlaflose Nacht bereitet, sondern sein ganzes Leben von Grund auf ändern wird. Ein Geist trachtet ihm nach dem Leben, ihm, dem elfjährigen abgeschobenen Niemand. Und die gleichaltrige Ella, die sich als einzige seine Geschichte anhört und nicht in Lachen ausbricht, rät ihm dazu, ausgerechnet einen weiteren Geist, einen waschechten Ritter, der in der Schulkapelle begraben in einem Steinsarg liegt, um Hilfe zu bitten.
Dummerweise ist das noch lange nicht das Gefährlichste, was den armen Jon und die seiner Meinung nach viel zu hübsche Ella erwartet. Und dass ausgerechnet der Vollbart in dieser düsteren Zukunft eine Rolle spielt, hätte sich Jon weder in seinen Träumen noch in seinen dunkelsten Alpträumen je vorstellen können.
Nach der grandiosen Tintenwelt-Trilogie und dem weniger überzeugenden Ausflug in die Literatur für Erwachsene namens "Reckless – Steinernes Fleisch", endlich wieder ein Jugendbuch von Cornelia Funke, das rundum begeistert.
"Geisterritter" hat alle Zutaten, die Lesern von zehn bis unendlich gefallen. Ein Antiheld, den man einfach liebhaben muss, eine Heldin, die zu Begeisterungsstürmen hinreißt, ein fieser Gegner, der einem das Blut in den Adern gefrieren lässt, ein Ritter, der dem Leser sowohl Mitleid als auch Respekt abverlangt, und eine Umgebung, die einen wunderbaren Rahmen für diese Geschichte abgibt. Hinzu kommen eine große Dosis Humor, viel Spannung, ein leicht lesbarer Schreibstil, viele, viele Nebenfiguren, die Spaß machen, und ein Ende, das rundum gelungen ist. Oben drauf serviert die Funke einen historischen Kontext, der perfekt passt – was will man mehr?
Und doch gibt es noch eine Zugabe, die das Prädikat "Meisterhaft" verdient. Die Illustrationen von Friedrich Hechelmann geben diesem Fantasy-Jugendroman eine Tiefe, die ihresgleichen sucht. Elegische Bilder voller Poesie, Tragik und Wärme, die alle paar Seiten zum Verweilen und Träumen einladen und zugleich ein wenig von der teilweise immensen Spannung abbauen helfen, die es jüngeren Kindern schwer macht, dem Buch ohne feuchte Hände zu folgen.
"Geisterritter" ist ein wirklich schönes Jugendbuch, das auch Erwachsene ohne Bedenken lesen sollten. Und vielleicht erhört Frau Funke ja unser Flehen und schreibt eine Fortsetzung, in der Ella und Jon sich noch ein klein wenig näher kommen.
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