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Tumbleweeds:
Zur Atmosphäre eines typischen Westerns gehört der Ritt durch die staubige Prärie. Seltsame, runde Büsche rollen vom Wind getrieben durch das Bild. Diese Steppenpflanze ist in Nordamerika, neben anderen Arten, als Tumbleweed bekannt. Die Gegend, um die es in diesem Historienwestern (ein Buch dazu würde heute in der Abteilung "History Fiction" zu finden sein) geht, ist der US-Bundesstaat Oklahoma, der Mitte des 19. Jahrhunderts noch den Cherokee gehörte. Im Mittelpunkt des Filmes steht der "Cherokee Strip Land run": Nach einem Gesetz der Regierung wurde eine riesige Fläche zur Besiedlung durch Farmer freigegeben. Über die zukünftigen Besitzer des Landes wurde hauptsächlich durch eine Art Wettlauf entschieden. Wer nach dem Startschuss zuerst auf einer Parzelle angekommen war und diese für sich beanspruchte, war der Besitzer. Selbstverständlich wurde auch gemogelt: Wer vorher wusste, welches Land gut war (beispielsweisen wegen des Wassers), konnte gezielt dorthin eilen. Wer seinen Colt mitbrachte, konnte damit auch jene verjagen, die zuerst dort waren. Die Filmhandlung zeigt eindrucksvolle Bilder, die diese historische Begebenheit lebendig vor Augen führen. Die Episoden des Filmes werden durch den superguten Helden, den Cowboy Don Carver (gespielt von William S. Hart), – unterstützt von seinem Freund (gespielt von Lucien Littlefield), der für zum Teil unfreiwillige Komik sorgt, zu einer einfachen Geschichte verbunden. Der Held hilft seiner Freundin (gespielt von Barbara Bedford) dabei, das beste Stück Land von allen zu bekommen.
Der große Eisenbahnraub (The Great Train Robbery):
Dieser 12-Minuten-Film aus dem Jahre 1903 gilt als der erste Western der Filmgeschichte. In schwarzweiß und mit Musikuntermalung, aber noch ohne Untertitel, ist zu sehen, wie eine Ganovenbande einen Zug überfällt, Fahrgäste ausraubt, flieht und schließlich erwischt und erschossen wird. Als Abschluss schaut ein Bandit (Justus D. Barnes ) direkt in die Kamera, zielt mit dem Revolver auf die Zuschauer und drückt ab.
Der Stummfilm "Tumbleweeds" aus dem Jahre 1925 wird heute selbst in den vielen Kabel- oder Satellitenkanälen nicht mehr gezeigt. Er gehört also in der Tat zu den vergessenen Western. Wurde er zu Recht vergessen? Vermutlich … aber weshalb?
Ein Schwarzweiß-Stummfilm mit Zwischentiteln für die Dialoge, in denen die wilden Ritte durch die Prärie mit Orchestermusik untermalt werden, entspricht nicht recht den aktuellen Sehgewohnheiten. Aus heutiger Sicht ist die Handlung viel zu einfach gestrickt in GUT und BÖSE aufgeteilt. Das gibt es selbst im Kinderprogramm heute nicht mehr so schlicht. Allerdings ist es filmtechnisch schon sehr beachtenswert, wie es mit den damals zur Verfügung stehenden Mitteln gelingt, die Botschaft "Carver ist der GUTE" unmissverständlich zu vermitteln. Carver ist nämlich ausgesprochen tierlieb. Er rettet zwei Wolfsjunge und gibt sie in Pflege, er kümmert sich nachhaltig um einen Jungen, der seinen Hund lieb hat und natürlich hat er eine ganz besondere Beziehung zu seinem Pferd und seinen Kühen. "Women ain't reliable. Cows are."
Das bringt die Überleitung zum nächsten Punkt, den Rollenklischees. Da ist der Film einfach eine wunderbare Fundgrube. William S. Hart tritt allen und allem furchtlos gegenüber, die Schulter schon so weit nach hinten gezogen, dass es lachhaft wird. Nur beim ersten Mal, als er mit seiner späteren Geliebten allein in einem Raum ist, sinkt er in sich zusammen und fällt unfreiwillig auf den Boden. Das entlockt Barbara Bedford zumindest ein Lächeln.
Fazit: Als Western ist der Film wenig attraktiv. Wer einmal einige Italowestern und andere aktuelle Produktionen gesehen hat, vermisst hier einiges. Als Filmdokument ist der Film aber sehenswert, nicht nur weil es der Höhepunkt des filmischen Schaffens von William S. Hart ist, der übrigens in der – auf der DVD zu findenden - 1939er Ausgabe des 1925 produzierten Filmes ein bemerkenswertes Vorwort spricht.
Es ist faszinierend, den ersten Western anzuschauen: "Der große Eisenbahnraub" (The Great Train Robbery). Er bietet in 12 Minuten vieles von dem, was in späteren Western zu einem Genre verdichtet wurde: Ein Eisenbahnüberfall, einfallsreiche und letztliche erfolglose Gangster, eine Verfolgungsjagd, einen erfolgreichen Sheriff, unschuldige Opfer und nicht zuletzt den Showdown und den abschließenden Kampf nach der Verfolgungsjagd. Die Begleitmusik zum Film ist selbstverständlich dramatisch. In einer Szene jedoch, die offenbar bewusst viel länger dauert, als es für die Erzählung notwendig wäre, gibt es fröhliche Tanzmusik. Der Sheriff und seine Leute tanzen gerade, als sie alarmiert werden und dann auch gleich losreiten. Hier passen Musik und Bewegung (Tanz) erstaunlich gut zusammen. Zu den berichtenswerten Hintergrundinformationen über diesen Film, der auf einer 1896 veröffentlichten Geschichte von Scott Marble und auf einem ähnlich abgelaufenem Überfall der Bande von Butch Cassidy aus dem Jahre 1900 basiert, gehört auch die Kunde vom Budget: 150 Dollar!
Als Bonusmaterial finden sich auf der DVD
* eine Seite Werbung für das Große John Wayne Buch
* eine Trailersammlung für die "Range Busters"
* Werbung für die Reihe Vergessen Western (alle DVD Cover)
* und eine zweite Version vom grossen Eisenbahnraub, die nicht restaurierte Originalfassung
Fazit: Sehenswert!