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 Aldebaran

Gesamtausgabe


Cover
Gesamt +++++
Anspruch
Aufmachung
Bildqualität
Brutalität
Gefühl
Humor
Preis - Leistungs - Verhältnis
Spannung
Hundert Jahre ist es her, dass die Menschheit ihre erste Kolonie auf einem fremden Planeten gründete. Im Februar 2079 besiedelte sie Aldebaran, einen blauen Planet mit einer Landmasse von nur neun Prozent. Das Klima auf Aldebaran ist etwas milder als auf der Erde und ein wenig erinnert das Leben in dem kleinen Küstendorf Arena Blanca an das Paradies. Abseits der wenigen größeren Städte haben sich die Menschen hier ein angenehmes Zuhause geschaffen und leben hier schon in der vierten Generation. Und auch wenn die Erde viele Lichtjahre entfernt ist, hier für Erdverhältnisse sehr ungewöhnliche Pflanzen wachsen und auch die Fauna nur in Kleinigkeiten an die terranische Tierwelt erinnert, sind doch die Menschen mit denselben Dingen beschäftigt, wie sie es auf der Erde wären. So drehen sich die Gedanken der Jugendlichen hauptsächlich um die Liebe, Eltern sorgen sich um ihre Kinder, Fischer sorgen auf dem Meer dafür, dass das Dorf zu essen hat ... Jedoch werden die Dorfbewohner durch überraschende Ereignisse aufgerüttelt. Meereswesen, die sich eigentlich nie in der Nähe der Küste zeigen, stranden plötzlich. Ein Tiefseefisch hängt unerwartet am Haken eines der Fischerboote. Und ein Boot bringt eine junge Frau aus der Großstadt ins Dorf, eine Reporterin. Was geschieht hier nur? Warum verhalten sich die Tiere so entgegen ihres Naturells und seit wann geschehen in Arena Blanca Dinge, die eine große Zeitung interessieren könnten?

Um die Spannung nicht zu nehmen, endet die Zusammenfassung schon hier und gibt so recht wenig von der Handlung wieder. Nur soviel sei aber noch verraten: Auf Aldebaran geschieht Unglaubliches und es sieht aus, als stünde ein größtenteils noch völlig unbekanntes Wesen im Mittelpunkt der Geschehnisse.

Wenn ein Vorwort eines der größten Comickünstlers unserer Zeit einen Comic voller Lob und Begeisterung einleitet. Wenn ein Leser nach den ersten paar Seiten so fasziniert von den Geschehnissen ist, dass er einfach weiterlesen muss. Und wenn dann auch noch die Charaktere authentisch handeln und das ganz ohne über Superkräfte zu verfügen, sondern sie einfach "nur" menschlich sind. Dann sollte jede Leserin und jeder Leser wissen, dass es sich bei Leos Aldebaran um etwas ganz Großes handelt.
Mœbius sagt es gleich zu Beginn, er spricht von einer harmlosen Sekte, den Aldebaran-Anhängern, die allesamt der Faszination der Comicreihe erlegen sind. Um dort Mitglied zu werden, ist nicht viel mehr nötig, als die Story zu verfolgen. Ungewohnt sind zunächst die wenig aufwändigen Zeichnungen Leos, da hat manch einer nach dem vielen Lob gleich zu Beginn vielleicht anderes erwartet. Aber diese Geschichte ist anders, - Science Fiction ohne Raumschlachten und Lasergefechte, stattdessen junge Leute, die so eindeutig normale Probleme haben, wie Gleichaltrige beispielsweise hier auf der Erde. Liebeskummer, Schulprobleme und die nächste Partybegleitung beschäftigen sie.
Und dann diese vor Besonderheiten nur so strotzende Tierwelt des Planeten, auf dem die Menschen gerade einmal seit einhundert Jahren leben. Leo gelingt es, mit jedem Wesen etwas ganz Neues zu schaffen. Dabei bedient er sich oft der Grundform von irdischen Tieren und kombiniert dann auf sehr fantasievolle Weise.

Leo, der übrigens alle Rollen selbst ausfüllt (Szenarist, Zeichner, Kolorist) wirkt in seinen Bildern auf den ersten Blick fast simpel. Jedoch unterstreicht dieser zurückhaltende Stil dabei gekonnt das einfache Leben der Dorfbewohner und somit auch die Nähe zur Realität der Leser. Die schlichte Darstellung und der Verzicht auf opulente Grafik lassen wesentlich mehr Nähe zu, das Gelesene lässt den Leser schnell einen Bezug zu den Personen aufbauen, - sie könnten schließlich gleich um die Ecke wohnen. Umso stärker trifft die überaus spannende und komplexe Story dann auch direkt den Aldebaran aufsaugenden und mittlerweile Süchtigen. Über einen Fünf-Jahres-Zeitraum verfolgt Leo seine Protagonisten und schont sie kaum auf ihrem harten Weg auf Aldebaran. Sich hier loszureißen, ist überaus schwierig und gelingt eigentlich nur, wenn ein sehr wichtiger Termin einen zwingt oder man doch vor Ermüdung einschläft. Mit 256 Seiten bietet die Gesamtausgabe des Aldebaran-Zyklus, der alle fünf Bände vereinigt, einige Stunden erstklassiger Unterhaltung auf hohem Niveau zu einem großartigen Preis.

Eine Karte des Planeten ziert die Coverinnenseiten und gibt auch geologische, geographische und biologische Details im Vergleich zur Erde preis. Gleich zu Beginn hält die Gesamtausgabe außerdem ein besonderes Extra bereit: Auf knapp zehn Seiten präsentieren sich Skizzen, erste Fassungen einiger Seiten aus Aldebaran und ein Portfolio aus vier verschiedenen Coverentwürfen für Band 5 der Reihe und der Gesamtausgabe.

Mit Aldebaran hat Leo einen der besten Comic-Zyklen auf dem Markt geschaffen. Kritisch, spannend, ehrlich und zudem grandios fantastisch – ein Meisterwerk!

"Aldebaran" ist der erste Zyklus in der Reihe "Les Mondes d'Aldébaran" (Die Welten des Aldebaran), es schließen sich die Zyklen "Betelgeuze" und "Antares" an, beide erscheinen ebenfalls bei Epsilon. Sehr schönes Material findet sich auf der Webseite zur Reihe: Les Mondes d'Aldebaran, die zwar ausschließlich in Französisch gehalten ist, aber auch etliches enthält, das ohne Französischkenntnisse bewundert werden kann. Eine deutsche Leseprobe steht hier zur Verfügung: zur Leseprobe.

Sandra Wiegratz



Hardcover | Erschienen: 1. September 2010 | ISBN: 978-3932578991 | Originaltitel: Aldébaran - Intégrale | Preis: 40,00 Euro | 256 Seiten | Sprache: Deutsch

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