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 Scheibenwelt, Band 39: Steife Prise

Serie: Scheibenwelt, Band 39
Autoren: Terry Pratchett
Übersetzer: Gerald Jung
Verlag: Manhattan

Cover
Gesamt +++--
Anspruch
Aufmachung
Brutalität
Gefühl
Humor
Preis - Leistungs - Verhältnis
Spannung
Urlaub, genüsslich Ausspannen, die Seele baumeln lassen: Für die meisten Menschen eine schöne Vorstellung - und ein wahrer Albtraum für Samuel Mumm. Aber der Kommandant der Stadtwache Ankh-Morpork kann sich diesmal nicht drücken und einfach stur darauf beharren, dringende Aufgaben erledigen zu müssen, denn alles ist schon geplant und beschlossene Sache. Ausgerechnet aufs Land soll es gehen, wo Mumm gemeinsam mit seiner resoluten Frau Sybil und dem gemeinsamen Sohn Klein Sam ein paar ruhige Wochen verbringen darf - oder verbringen muss, je nach Standpunkt des Betrachters.
Kaum angekommen auf Gut Käsedick, das abgeschieden inmitten einer wahren Idylle von Wäldern, Wiesen und Kuhmist liegt, wittert Mumm einen Kriminalfall, der dringend der Aufklärung bedarf. Ein Goblin-Mädchen wurde grausam ermordet, ein Mann verschwindet spurlos und die Landbevölkerung hat offenbar einiges zu verbergen. Bald kommt Sam Mumm einer abscheulichen Verschwörung auf die Spur und entdeckt inmitten von Landluft und vermeintlicher Idylle nicht nur Mord und Schmuggel, sondern auch Lügen, Hass, Borniertheit und tödliche Ignoranz ...

Mit "Steife Prise" hat Kultautor Terry Pratchett den inzwischen 39. Roman (!) seiner legendären Scheibenwelt-Reihe vorgelegt. Nicht nur die Tatsache, dass die Serie mit den letzten Büchern eher nachließ und nach Meinung vieler Fans nicht mehr an alte Erfolge anknüpfen konnte, vor allem der Umstand, dass der Übersetzer Gerald Jung einige recht radikale Änderungen im Vergleich zu Andreas Brandhorst vorgenommen hat, stößt vielen Lesern sauer auf und hat schon vor Erscheinen von "Steife Prise" für viel Skepsis gesorgt.
Aber man muss ehrlich zugeben: Sieht man hinweg über die eine oder andere Holperigkeit und findet man sich mit der Tatsache ab, dass die Personen sich jetzt eben teilweise siezen - eine ungeheure Veränderung im deutschsprachigen Scheibenwelt-Universum -, dann ist dies ein wirklich guter Scheibenwelt-Roman, in dem recht oft der alte Samuel Mumm durchblitzt, der Gerechtigkeitsfanatiker und Kämpfer für die armen Leute, den die Leser so lieben und verehren. Die Idee, den eingefleischten Stadtmenschen aufs platte Land und damit inmitten einer feindlichen Flora und Fauna zu versetzen, ist geradezu genial.
Wie meist hat Pratchett ein reales Thema in seiner Handlung verarbeitet, sodass in dem Fantasy-Krimi-Fall viele bittere Wahrheiten stecken und aktuelle Ereignisse immer wieder offen durchscheinen: Der Umgang der Scheibenwelt-Bevölkerung mit den verachteten Goblins, die mehr als Tiere denn als denkende Wesen angesehen werden, weist viele Parallelen zu schlimmen Ereignissen auf - Morde aus Rassismus, Deportationen, Sklaverei, Zwangsarbeit, Ausbeutung. Insofern ist "Steife Prise" eine durchaus brisante Story, verpackt in Scheibenwelt-Format, sodass natürlich auch immer wieder der typische Humor durchblitzt und den Leser mit vielen Running Gags und liebgewonnenen Spleens der Charaktere erheitert. Der größte Teil der Handlung trägt sich auf dem Land zu, wohin es Mumm verschlagen hat, jedoch gibt es auch einige - leider recht kurze - Stippvisiten in Ankh-Morpork, wo Karotte und Grinsi, Fred Colon und Nobby Nobbs sich ebenfalls mit Goblins beschäftigen müssen, wenn auch aus anderem Anlass.

"Steife Prise" ist sicher nicht der beste Scheibenwelt-Roman, besitzt aber einiges, was die alten Romane so großartig machte, vor allem eben einen fest entschlossenen Samuel Mumm, der sich über alle Regeln hinwegsetzt, sich gegen Dummheit und Unrecht behauptet und dabei wieder einmal über sich hinauswachsen muss. Die stark bemängelte Übersetzung ins Deutsche ist, wenn man unvoreingenommen herangeht, weitaus weniger schlimm, als viele Buchbesprechungen glauben machen (zumal Gerald Jung kein unerfahrener Übersetzer ist und auch Andreas Brandhorst sich mal den einen oder anderen heftigen Schnitzer geleistet hat - Stichwort "Pyramidenverkauf" in "Ruhig Blut!"). Insgesamt also ein solides Scheibenwelt-Abenteuer mit ernstem Hintergrund, das gut unterhält und einige großartige, anrührende Momente besitzt. Ärgerlich ist allenfalls, dass die Paperback-Ausgabe vom Verlag zum stolzen Preis eines Hardcovers verkauft wird, was nicht angemessen ist, zumal das computergenerierte Cover wirklich schaurig ausgefallen ist.

Christina Liebeck

Probe


Softcover | Erschienen: 24. September 2012 | ISBN: 978-3442547050 | Originaltitel: Snuff | Preis: 17,99 Euro | 448 Seiten | Sprache: Deutsch

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