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Als Adolf Hitler, Anfang Mai 1945 noch Führer des Großdeutschen Reiches, auf einem verlassenen Grundstück in Berlin zu sich kommt, ahnt er erstmal nichts von der neuen Welt, in die er hineingeraten ist. Wir schreiben nämlich mittlerweile das Jahr 2011 und das Schreckgespenst Hitler ist eigentlich seit über 60 Jahren tot. Doch der Führer ist nicht nur ein sehr schnell denkender, sondern auch pragmatischer und entschlossener Mensch und hält sich mit deartigen Kleinigkeiten nicht auf. Stattdessen erfasst und analysiert er blitzschnell seine Lage, um sich umgehend damit auseinander zu setzen, wie er dieses völlig heruntergewirtschaftete, beklagenswert unpolitische Deutschland wieder in Ordnung bringen kann.
Bald sieht der Diktator a.D. sich konfrontiert mit unsäglichem Nachmittags-TV, einer kläglichen Partei namens NPD, einer unförmigen Matrone als Kanzlerin, verwirrenden, aber nützlichen Entwicklungen wie YouTube, und nicht zuletzt einem deutschen Volk, das den Führer bald schon wieder in den Mittelpunkt der Aufmerksamkeit rückt ...
"Er ist wieder da" von Timur Vermes ist ein Stück bitterböse, zum Schreien komische Satire und so genial, dass man sich eigentlich wünscht, dieses Hörbuch würde nie enden. Die Grundidee - was wäre, wenn Adolf Hitler in unserer Gegenwart wiederauferstehen würde? - wurde hier so konsequent und schlüssig umgesetzt, dass der Hörer von einem sprachlosen Moment in den nächsten verfällt - wenn er nicht gerade laut lacht beim Hören der sechs CDs umfassenden Lesung.
Dabei gibt es nicht nur urkomische, absurde Momente am laufenden Band, sondern auch erschreckende Einsichten, denn die Gedanken, die Hitler ob der für ihn obskuren Neuzeit plagen, besitzen so manchen wahren Kern. Man fühlt sich ertappt, wenn Hitler Kritik übt an den Hartz-Reformen, an der "Spielgeld-Währung" Euro oder an der gegenwärtigen deutschen Parteienlandschaft, und zwar einzig und allein, weil der fiktive Mund, aus dem diese Kritik kommt, einer Tabufigur gehört, der man eigentlich nicht zustimmen möchte. Da Hitler hier, anders als in anderen Satiren, nicht als Witzfigur angelegt ist, gerät der Hörer fast ins Schwitzen, denn eigentlich lacht man meistens nicht über ihn, sondern über das absurde Deutschland im Jahr 2011.
Hauptsächlich ist diese Politsatire aber wirklich eines: zum Brüllen komisch. Das fängt ganz am Anfang an, wenn der ehemalige Führer einen Fußball spielenden Jugendlichen mit "Hitlerjunge Ronaldo" anspricht, und endet noch lange nicht, wenn der Führer Konrad Zuse und seinem weiterentwickelten Computer mit dem so herrlichen "Mausgerät" Respekt zollt. Die Irrungen und Wirrungen, mit denen der "Zeitreisende" zu kämpfen hat und die damit verbundenen Verwechslungen sind schon grundsätzlich komisch, mit der Hauptfigur Adolf Hitler als resolutem Ich-Erzähler aber einfach nur großartig unterhaltsam erzählt.
Vermes Geschichte ist auch eine brillante Satire auf die deutsche Medienlandschaft und das unterhaltungsgierige Publikum, denn natürlich wird Adolf Hitler von den Deutschen nicht als der wahrgenommen, der er wirklich ist - denn dies kann ja aus naheliegenden Gründen nicht sein -, sondern er wird für einen Comedian mit provokantem Programm gehalten. So kommt es, dass Hitler sich bereits nach wenigen Tagen einen Platz im Fernsehprogramm zurückerobert hat, seine Reden auf YouTube schwingt und damit Millionen von Klicks einheimst, dass die Medien erneut über ihn schreiben und so mancher ganz unbedarft den Hitlergruß ausführt, weil es ja Comedy ist.
Perfekt zur Figur passend wird das Hörbuch von Christoph Maria Herbst gelesen. Als Stromberg begeistert er viele Zuschauer und wurde in Switch als absurde Hitler-Figur ("Obersalzberg") glänzend von Martin Kessler parodiert. Mit Herbst als Hitler wird die ohnehin wunderbare Satire noch mehr zum Kracher, denn wohl niemand anderes kann den Führer so hinreißend komisch, so albern, so aggressiv, so erschreckend echt darstellen. Die Bedenken in den ersten Sekunden, ob man sich wirklich mehr als 400 Minuten "Hitler-Sprech" anhören kann, sind daher schnell weggewischt und weichen purem Vergnügen.
"Er ist wieder da" muss man einfach gelesen oder gehört haben. Hitler im Jahr 2011: ein unglaublich komisches und zugleich auch bitterböses Ereignis, das als Politsatire blendend unterhält, durchaus aber auch zum Nachdenken anregt - ein Augenöffner, den man sich nicht entgehen lassen sollte.
Eine Hörprobe gibt es hier auf der Verlagswebsite.