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Wann hat die biblische Sintflut stattgefunden? Wo lag das sagenhafte Atlantis? Sind die Pyramiden und die Sphinx womöglich viele tausend Jahre älter, als uns die Archäologie weismachen will? Walter-Paul Brunner hat sich dieser Fragen angenommen und versucht sie, mit Hilfe seiner 34-jährigen Erfahrung in der Radiästhesie zu beantworten.
Die Radiästhesie, die Lehre von den Strahlen und Sinneswahrnehmungen, geht - vereinfacht gesprochen - davon aus, dass alles auf der Erde aus schwingender und fließender Energie besteht. Diese Energie kann laut den Anhängern dieser Theorie durch Ruten oder Pendel gemessen werden. Da die Ergebnisse dieser Messungen jedoch nicht beweisbar oder wiederholbar sind, wird die Radiästhesie in den Bereich der Parawissenschaften eingeordnet.
"Im Sternzeichen des Löwen" gliedert sich in sechs Kapitel zuzüglich eines zum Thema hinführenden Prologs, eines Epilogs mit dem Titel "Eine radiästhetische Legende über die Himmelsscheibe von Nebra", sowie Glossar, Literaturnachweise und Danksagung. Insgesamt umfasst das Buch 146 Seiten, der Fließtext wird immer wieder mit halbseitigen, teils farbigen Fotografien megalithischer Bauten aufgelockert.
Walter-Paul Brunner hat sich nun die Mittel der Radiästhesie zu Hilfe genommen, um genauere Aufschlüsse über den zeitlichen Zusammenhang verschiedener Ereignisse und megalithischer Bauten zu erhalten.
Im Rahmen des ersten Kapitels erläutert Brunner das Prinzip der Radiästhesie und legt dabei auch seine Sichtweise über die Unzulänglichkeit der C14-Methode und die Irrungen der Archäologie dar. Das zweite Kapitel ist der Frage gewidmet, wann die biblische Sintflut stattgefunden hat. Brunner gibt offen zu, dass wir es nicht wissen, liefert allerdings dank der Radiästhesie eine mögliche Vorlage für dieses biblische Ereignis, nämlich der Flutung des ehemals trockenen Beckens, welches heut das Mittelmeer darstellt. Diesen Faden aufgreifend, konzentriert sich der Autor in dem dritten Kapitel auf die Insel Malta, welches seiner Theorie nach das letzte Überbleibsel des sagenhaften Kontinents Atlantis darstellt. Kapitel 4 dringt nun zum Kern des Buches vor, nämlich dem Zeitalter des Löwen, welches von etwa 10.500 bis 9.000 v. Chr. Andauerte. Brunners radiästhetische Messungen haben ergeben, dass die Sphinx und die angrenzenden drei Pyramiden unmöglich in den Zeiträumen erbaut worden sein können, welche die klassische Archäologie angibt, sondern schon wesentlich älter sein müssen - mit wesentlich längerer Bauzeit. Da sie somit unmöglich als Grabbauten gedacht gewesen sein können, muss es andere Gründe für ihren Bau gegeben haben. Hier greift Brunner die Theorie der höheren Intelligenzen auf, die möglicherweise von anderen Sternen gekommen sind und für die Errichtung dieser Bauwerke verantwortlich sind. Im fünften Kapitel begibt sich Brunner auf Spurensuche für seine Theorie im gesamten südlichen Mittelmeerraum, wie etwa bei dem Nimrodberg in der heutigen Türkei oder dem Volk der Hethiter. Das abschließende sechste Kapitel widmet sich zum einen dem Thema des Verfalls – der Grund, warum bislang keine Hinterlassenschaften von diesen höheren Intelligenzen gefunden wurden, sowie einigen Hypothesen, die der Autor als Denkanstoß für den Leser verstanden haben will.
Zu Beginn des Buches schreibt Brunner, dass er es sich zu Beginn seiner Beschäftigung mit der Radiästhesie nie hätte träumen lassen, einmal ein Buch über die Zusammenhänge der Menschheitsgeschichte zu schreiben. Nun, er hätte es nicht tun müssen, denn aus verschiedenen Gründen ist die Lektüre des Bandes nicht zu empfehlen.
Die Grundlage des Buches sind seine radiästhetischen Ergebnisse. Aber wie hat er seine Experimente durchgeführt? Welches Werkzeug hat er dabei verwendet? Wie häufig hat er seine Untersuchungen durchgeführt, um eventuelle Fehler auszuschließen? Die Dokumentation seines Vorgehens ist äußerst dürftig und unzufriedenstellend gehalten.
Die Verteufelung von Christentum und Islam als Zerstörer des Wissens gehört ja fast schon zum Standardrepertoire von nicht-wissenschaftlichen Altertumsforschern. Dass die Zerstörung der Bibliothek von Alexandria jedoch keiner Glaubensgemeinschaft eindeutig nachgewiesen werden kann, wird geflissentlich ignoriert, ebenso wie die Bewahrung antiken Wissens in christlichen Klöstern während des Mittelalters.
Interessant ist desweiteren der Umstand, dass Brunner selbst zugibt, sich lieber auf Fakten berufen und sich nicht in Traumwelten begeben zu wollen (S. 37). Dies tut er allerdings erst, nachdem er ein ganzes Kapitel lang verschiedene faktenarme Theorien zur Sintflut durchgekaut hat. Auch der teils fiktive Epilog über die Himmelsscheibe von Nebra widerspricht damit dem von Brunner so hoch gehaltenen Credo.
Insgesamt ist es immer wieder fraglich, wo der Autor die Grenze zwischen seinen "harten" Fakten und Mythen und Legenden zieht. Auch die mittlerweile akzeptierte Fiktivität von Platons Atlantis-Dialogen wird nicht untersucht, sondern für bare Münze genommen.
Ein weiterer sehr negativ auffallender Aspekt sind die ständigen Schuldzuweisungen an die Ignoranz der klassischen Archäologie. Deren Vertreter machen Stimmung gegen die Radiästhesie, bezeichnen sie als pseudo-wissenschaftlich, unterdrücken Grabungsergebnisse, welche die Richtigkeit der Radiästhesie belegen würden und gehen ihrer Arbeit prinzipiell einer Heimlichkeit nach, sodass man mit Sicherheit annehmen kann, dass sie etwas zu verbergen haben. Dem Rezensenten war zuvor nicht klar, wie mächtig diese "Gilde" (O-Ton Brunner) der klassischen Archäologen in Wirklichkeit ist. Gut, dass ihm dieses Buch die Augen geöffnet hat.
"Im Sternzeichen des Löwen" von Walter-Paul Brunner ist ein sehr wirres, größtenteils zusammenhangloses Buch, das der Sache der Radiästhesie keinen Gefallen tut. Dass sich der Autor über die Methoden seiner Ergebnissicherung ausschweigt, verstärkt den Eindruck planloser Schreiberei. Zwar wird der Inhalt schön als Hypothese verpackt, zu der sich der Leser seine Meinung bilden soll, doch widerspricht diese Darstellung der angeblichen Faktenversessenheit des Autors. Unterm Strich bleibt "Im Sternzeichen des Löwen" damit nicht mehr als ein schlecht geschriebenes Fantasy-Werk über die Menschheitsgeschichte.