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 Christmasland

Autoren: Joe Hill
Übersetzer: Hannes Riffel, Sara Riffel
Verlag: Heyne

Cover
Gesamt +++++
Anspruch
Aufmachung
Brutalität
Gefühl
Preis - Leistungs - Verhältnis
Spannung
Jeder liebt Weihnachten - ganz besonders der bösartige Charles Manx, der Dutzende von Kindern in seinem Rolls Royce Wraith entführt und sie in sein ganz persönliches "Christmasland" verschleppt, wo das ganze Jahr über Weihnachten herrscht. Doch statt ewiger Glückseligkeit erwartet die Entführten dort der blanke Horror, ein Zurück aus dem pervertierten Wunderland gibt es nicht.
Während Charlie Manx sein Unwesen treibt und quer durch die Vereinigten Staaten hindurch immer mehr Kinder spurlos verschwinden, wächst Vicky, von allen nur "das Gör" genannt, auf. Das Mädchen hat eine besondere Gabe, von der sie niemandem erzählt: Wenn sie auf ihrem Fahrrad schnell genug über eine baufällige, schon seit Langem gesperrte Holzbrücke fährt, kann sie an weit entfernte Orte gelangen und dort verschwundene Sachen wiederfinden - zum Beispiel verlorene Armbänder, verlegte Fotos oder Antworten auf wichtige Fragen. Bei einem dieser seltsamen Ausflüge gelangt Vicky in die Fänge von Charlie Manx und erhascht einen Blick auf die schlimmen Dinge, die er treibt. Zwar kann sie Manx entkommen, doch dieser vergisst sie niemals.
Viele Jahre später, Vicky ist längst erwachsen, kehrt er unvermittelt in ihr Leben zurück und nimmt ihr das Liebste, das sie besitzt: ihren Sohn Wayne. Wird es Vicky gelingen, den Zauber aus ihrer Kindheit erneut zu beschwören und einen Weg ins Christmasland zu finden, um Wayne zu retten und Manx zu vernichten?

Nach "Blind" und "Teufelszeug" serviert Joe Hill, der als Autor von Romanen und Comics erfolgreiche Sohn von Stephen King, seinen dritten Horrorroman - und diesmal wird es so richtig unheimlich und schräg.
"Christmasland" ist im Original auf den ersten Blick eher kryptisch mit "NOS4A2" betitelt, was nichts anderes bedeutet als "Nosferatu". Die unheilvolle Buchstabenkombination findet sich auf dem Nummernschild von Charles Manx' Auto, dem schlachtschiffartigen Rolls Royce Wraith mit gruseligem Eigenleben, mit dem Manx' haufenweise Kinder entführt und sie ins Christmasland bringt. Von dort gibt es kein Entrinnen mehr - zumindest ist es bisher niemandem gelungen. Nicht nur Charlie Manx' ist ein echtes Ekel und eine Romanfigur, bei der dem Leser kalte Schauer über den Rücken laufen. Auch sein Gehilfe, der widerwärtige Bing Patridge alias der "Gasmaskenmann", der sich nicht für die Kinder, sondern für deren Mütter interessiert, ist eine Ausgeburt des Bösen.

Ihr wurde ganz schwindelig, so als befände sie sich in einem gläsernen Aufzug, der rasend schnell in den Himmel schoss und die Welt unter sich zurückließ.
'Lassen Sie mich los', flüsterte sie.
'Für Josiah John Thornton gibt es einen Platz im Christmasland und für Sie einen im Haus des Schlafes', sagte Charlie Manx. 'Der Gasmaskenmann wüsste, was mit Ihnen zu tun ist. Er würde Sie in Lebkuchenrauch hüllen und Sie dazu bringen, ihn zu lieben. Ins Christmasland kann ich Sie nicht mitnehmen. Nun, ich könnte schon, aber der Gasmaskenmann ist besser. Der Gasmaskenmann ist eine Gnade.'
'Hilfe', schrie Ellen, nur dass es kein Schrei war, sondern lediglich ein Flüstern. 'Hilfe!' Sie konnte ihre Stimme nicht wiederfinden.


Zusammen ist das unheilvolle Gespann Charlie Manx/Bing Patridge ein absoluter Garant dafür, dass der Leser geradezu an den Seiten klebt und atemlos mitfiebert, während Vicky, die toughe, aber auch angeschlagene (Anti-)Heldin des Romans, gegen die beiden und für das Leben ihres Sohnes kämpft.

Der Apfel fällt offenbar nicht weit vom Stamm: Zwar ist es eher müßig, Vergleiche zwischen Vater und Sohn zu ziehen, dennoch fallen gerade bei "Christmasland" sehr deutliche Parallelen zu den Werken von Stephen King auf, was Stil und Handlung angeht, und das steht dem Roman sehr gut. Hill zeigt eine erzählerische Reife und eine scheinbar mühelose Verwendung von Sprache, die gleichermaßen fesseln und die die Handlung wie im Flug vergehen lassen, obwohl das Buch mit 800 Seiten ein richtig dicker Wälzer geworden ist.
"Christmasland" liest sich unglaublich spannend und durchgehend sehr flüssig, die Beschreibungen von Manx' und seiner verqueren Gedankenwelt haben eine albtraumhafte Qualität, die schlaflose Nächte fast schon garantiert. Ähnlich wie in vielen Romanen von Stephen King spielen auch hier Talismane (etwa Vickys Fahrrad), besondere Fähigkeiten, magische Kindheitsmomente und Portale in andere Welten eine entscheidende Rolle, sehr zum Entzücken des Lesers. Geschickt verwendet der Autor mehrere Zeitebenen und enthüllt so erst nach und nach, was es mit Manx, Vicky und dem Christmasland auf sich hat. Am Ende, nach einem so spektakulären wie gewalttätigen Finale, erwacht der Leser wie aus einem (bösen) Traum.

"Christmasland" ist ein wirklich fesselnder und unheimlicher Roman, der sich besonders gut unter dem Weihnachtsbaum machen dürfte.

Christina Liebeck

Probe


Hardcover | Erschienen: 23. September 2013 | ISBN: 978-3453268821 | Originaltitel: NOS4A2 | Preis: 24,99 Euro | 800 Seiten | Sprache: Deutsch

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