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Kei ist introvertiert, ruhig und in seiner Schulklasse beinahe unsichtbar. Im realen Leben fällt es ihm nicht leicht, mit anderen Menschen zu reden, besonders mit Mädchen. Nur in der Anonymität des Internets kann er aus sich hinausgehen und unter dem Nickname "A,W" mit gesichtslosen Chatpartnern ungezwungen kommunizieren – darunter mit "Eve", die sich in "A,W" verliebt zu haben scheint, obwohl sich die beiden im realen Leben noch nie begegnet sind. Zumindest nicht bewusst: Einem Verdacht folgend, entdeckt Kei eines Tages, dass sich hinter "Eve" niemand Geringerer als seine Klassenkameradin Midori verbirgt – wie er eine schüchterne Außenseiterin, der es schwer fällt, im realen Leben Beziehungen zu knüpfen. In der virtuellen Welt der Chatrooms fällt es Kei nicht schwer, Midori aufzumuntern und ihr mit hilfreichen Ratschlägen zur Seite zu stehen, während er sich in der Realität nicht traut, auf Midori zuzugehen. Und dann findet er heraus, dass Midoris beste Freundin Miki in ihn verliebt zu sein scheint ...
Kritik zum Film:Egal, ob nun Fantasy-Helden mehr als nur ihre Schwerter schwingen, freizügige
Sailor-Moon-Look-alikes gegen die versauten Mächte des Bösen ankämpfen oder ein Volleyball-Trainer seine gut geformten Schützlinge zur intimen Mannschaftsbesprechung einlädt – eines zeichnet das Gros der Hentais aus: Die Handlung ist zweit-, wenn nicht gar drittrangig und in der Regel ungefähr so anspruchsvoll wie ein Michael-Bay-Streifen. Schließlich lenkt eine Story, die dicker als ein Blatt Papier ist, ja doch nur vom Wesentlichen ab, womit die Sichtung eines solchen Filmes ungefähr so viel Sinn hätte wie die Eröffnung eines Kühlschrankgeschäfts am Nordpol.
Gerade in dieser Hinsicht überrascht "E-Mail für Eve" (oder zumindest die erste Episode der zweiteiligen OVA): Entgegen allen Erwartungen, mit welchen der Hentai-Freund an solche filmische Kost herangeht, zimmert die OVA nicht bloß ein Size-Zero-Handlungsgerüst zusammen, an dem sich der Protagonist fröhlich von einem Liebesspiel zum nächsten hangelt, sondern serviert eine Exposition, die einen glauben machen lässt, man habe sich im Anime-Laden seines Vertrauens beim Regal geirrt und anstelle herzhafter Hentai-Kost ein
Romantic Drama erwischt. Statt mit notgeilen Jungs und brünstigen Highschool-Girls wird der Zuschauer mit schüchternen Außenseiterinnen und schweigsamen Schülern mit Kindheitstraumen konfrontiert. Außerdem werden (zumindest am Rande) häusliche Gewalt, die Anonymität im Chatroom als Kompensationsbereich für introvertierte Menschen sowie ungeschützter Sex thematisiert – wer anspruchsloses Etchi-Fastfood sucht, den stößt "E-Mail für Eve" schnell vor den Kopf.
Gerade darin liegt das Problem dieser OVA, an deren Charakterdesigns unter anderem Takuji Yoshimoto ("Gilgamesh", "Ghost in the Shell: S.A.C. Solid State Society") mitgewirkt hat: "E-Mail für Eve" erfüllt die Erwartungshaltung des potenziellen Publikums nicht. Die Exposition, die Chatdialoge, banale Gespräche und die Flashbacks in Keis Kindheit nehmen einen gewichtigen Anteil der mit 27 Minuten ohnehin knapp bemessenen Laufzeit ein, so dass für genrerelevante Inhalte nur wenig Zeit bleibt. Bilanz der ersten der beiden OVA-Episoden sind ein kurzer Liebesakt, der durch mehrere Stellungswechsel ein wenig gehetzt wirkt, sowie ein Beinahe-Beischlaf, bei dem eine unbedeckte Oberweite das Stimulierendste ist. Auch ist die Darstellung des Koitus nicht gerade als explizit zu bezeichnen – ganze zwei Mal blitzt Keis erigiertes Gemächt für Sekunden auf, ansonsten muss der Zuschauer mit unverhüllten Brüsten, behutsam zensiertem Beischlaf und dem Gestöhne der Intimverkehrenden vorliebnehmen.
Stichwort Gestöhne: Das größte Defizit ist nicht der OVA selbst, sondern der deutschen Synchronfassung anzukreiden. Wie so oft bei Hentais präsentiert sich diese als Totalausfall vor dem Herrn, für den dem Zuschauer im Grunde Schmerzensgeld zusteht. Besonders die Kommentare während der Liebesspiele klingen dermaßen monoton und unengagiert, dass man die Tonwiedergabe gleich abstellen und im Hintergrund TomTom-Anweisungen in Dauerschleife abspielen kann. Da auf die deutsche DVD-Veröffentlichung die japanische Synchro leider nicht draufgepackt worden ist, gelangt man schnell in Versuchung, diese Idee in die Praxis umzusetzen ...
Zumindest in der ersten Folge zäumt "E-Mail für Eve" das Hentai-Pferd von der völlig falschen Seite auf: Statt sich auf genrerelevante Inhalte zu konzentrieren, versucht der Anime, sich selbst und seinen Figuren mehr Tiefe zu verleihen – womit er dem Publikum stimulierende Szenen überwiegend vorenthält und der Hentai-Fan als potentieller Zuschauer vergrault wird. Tatsächlich hätten Handlung und Figurenzeichnungen durchaus zu funktionieren gewusst, wenn sie nicht gerade in einem Hentai eingefügt worden wären. Herausgekommen ist ein Highschool-Liebesdrama mit Fleischbeschau – und diese hält sich ebenso in Grenzen wie die Liebesspiele.
Kritik zur DVD:Wie die meisten DVDs, die im Erotik-Label "Pink Lemon" von Anime House erscheinen, kann auch der Silberling zur ersten Episode von "E-Mail für Eve" auf technischer Ebene nicht überzeugen: Aufgrund durchgehender Unschärfe wirkt das Bild ziemlich weich, und auch die Farbwiedergabe ist nicht optimal. Außerdem ruckelt das Bild sichtbar bei schnelleren Bewegungen und weist stellenweise horizontale Schlieren auf, die das Bild eher an eine (bessere) VHS-Aufnahme erinnern lassen. Der deutsche Ton liegt in Linear PCM 2.0 vor und bietet eine ordentliche Dialogwiedergabe, hätte aber mehr Dynamik vertragen können. Eine japanische Tonspur sucht man bedauerlicherweise ebenso vergeblich wie deutsche Untertitel oder Bonusmaterial – lediglich ein Wendecover liegt der DVD bei.