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Von 1964 bis 1983 erschien Creepy, von 1966 bis 1983 Eerie, beide waren Horror-Comicmagazine und wurden vom amerikanischen Verlag Warren Publishing verlegt. Comickünstler wie Wally Wood, Al Williamson, Steve Ditko, Bruce Jones, Bernie Wrightson, Frank Frazetta, Jack Davis oder Neal Adams haben hier ihre gruseligen Kurzgeschichten präsentiert.
Einer der bekanntesten und visionärsten Zeichner dieser Comics ist Richard Corben. Der vorliegende Band "Creepy präsentiert Richard Corben" ist eine Gesamtausgabe seiner sämtlichen Werke aus Creepy und Eerie. Den Hauptteil machen natürlich die Comics aus, Fans dürfen sich aber ebenfalls über eine Cover-Galerie und einige Skizzen freuen.
Gerade für Leser, denen Corbens Werke noch nicht so vertraut sind, ist das ausführliche Vorwort von José Villarrubia extrem interessant. Hier werden Richard Corben selbst, die beiden Comicmagazine und jede einzelne der vorliegenden Geschichten kurz vorgestellt. Der Leser bekommt Informationen zur Entstehung oder wie Corben gearbeitet hat. Manchmal wird etwas über die Einflüsse gesagt, die zu dem Comic beigetragen haben oder auch zu seinen Stärken und Schwächen. Es lohnt sich, die Einführung nach der Lektüre nochmals zu lesen und besondere Stellen, auf die hingewiesen wird, nachzublättern. Einige Details können vorher noch nicht zugeordnet werden und erschließen sich besser, wenn das Werk bereits vertraut ist.
Diesen voluminösen Band mit seinen monströsen 356 Seiten als Gesamtwerk zu bewerten ist nicht ganz einfach zu bewerkstelligen, da es sich schließlich um vierzig Einzelcomics handelt (darunter nur wenige Fortsetzungsgeschichten), die sich sowohl in ihrer zeichnerischen als auch in der erzählerischen Qualität voneinander unterscheiden. Einige bedienen typische Klischees des Genres (Weihnachts-Splatter, den Schlächter, "berühmte" Monster), andere sind gesellschaftskritisch, originell und ungewöhnlich. Diese Vielfalt ist durch die große Anzahl an unterschiedlichen Autoren entstanden, mit denen Richard Corben zusammengearbeitet hat. Seine eigenen Geschichten stechen meist durch einen nicht unerheblichen Anteil an Humor hervor. Im Kontext gesehen heben sich aber auch die eher durchschnittlichen Werke immer noch stark von der großen Masse ab.
Der Band bietet schon für das ganz normale Schmökern viele Stunden Lesespaß, ein ganz besonderes Vergnügen dürften aber die Leser haben, die nach ungewöhnlichen Panelaufteilungen, einzigartigen Zeichnungen und interessanten Stilmitteln bei der Präsentation der Geschichten Ausschau halten. Auf einige wird im Vorwort hingewiesen, viele können selbst entdeckt werden. Als Beispiel sei hier "Bless us, Father ..." genannt, eine eigentlich eher mäßige Geschichte, die Corben auf ungewöhnliche Art in Szene setzt. Die Handlung wird aus zwei verschiedenen Sichten gezeigt, die parallel gelesen werden müssen. Durch im Hintergrund geführte Gespräche zwischen Personen, die nur ganz kurz zu Anfang gezeigt werden, bekommt die Handlung ihren morbiden Rahmen.
Viele seiner Zeichnungen sind zwar schwarz-weiß, allerdings wurde in den Magazinen nach und nach immer mehr mit Farben gearbeitet und da liegen Corbens besondere Fähigkeiten. Beim Betrachten seiner Bilder muss man sich immer wieder ins Gedächtnis rufen, dass es damals eben noch kein Photoshop und keine Grafiktabletts gab. Alles wurde in Handarbeit hergestellt. Corben hat die Arbeit mit Farben revolutioniert und sie mit einer Perfektion zu Papier gebracht, die ihresgleichen sucht.
Ebenfalls spektakulär ist die dreidimensionale Optik, die er seinen Bildern verleiht. Egal ob mit Grauschattierungen oder in Bunt, es gelingt ihm, seine Zeichnungen verblüffend plastisch erscheinen zu lassen. Sein weicher Strich und das Spiel mit Licht und Schatten leisten ihm dabei gute Dienste.
Typisch für Corben sind seine Zeichnungen von vollbusigen, nackten Frauen. Es ist kaum zu glauben, wie gut es ihm oft gelingt, erstaunlich schlüssig zu erklären, warum die holde Weiblichkeit mal wieder ihre Kleidung abgelegt hat. Es ist immer klar, dass hier die Darstellung vorgeht, umso mehr verblüfft es, wenn dazu noch eine gute Geschichte existiert.
Diese Gesamtausgabe dürfte mit der größte und schwerste Comic sein, der aktuell auf dem Markt erhältlich ist. Besonders komfortabel zu lesen macht ihn das leider nicht, aber das ist eine kleine Kritik auf sehr hohem Niveau, schließlich sind Druck und Papierqualität brillant.
Fazit:
Richard Corben ist einer der ganz großen Comickünstler unserer Zeit. Selbst Leser, die mit Horror-Comics nicht viel anfangen können, werden von seinen perfekten Zeichnungen hingerissen sein.
Die Gesamtausgabe seiner Werke aus Creepy und Eerie ist rundum gelungen. Schön, dass es Verlage gibt, die solche ungewöhnlichen Projekte realisieren.
Auf der Webseite des Splitterverlags kann man in den Comic reinlesen, die erste Geschichte "Frozen Beauty" liegt sogar komplett vor.