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Der Erste Weltkrieg war nicht nur ein Krieg, der durch völlig neue technische Möglichkeiten die Kriegsführung massiv veränderte. Mit dem Film stand nun zudem erstmals ein Medium zur Verfügung, welches den Menschen die Kriegsereignisse in Bewegtbildern nahebrachte. Der vorliegende 2. Teil aus der Reihe "Erster Weltkrieg Archiv Edition" versammelt insgesamt elf Filme, welche rund um den "Aufmarsch der Armeen" kreisen. Herausgeber ist das Deutsche Filminstitut.
Im Mittelpunkt der ersten beiden Filme steht dabei zunächst das Attentat auf den österreichischen Thronfolger Franz Ferdinand. Während der erste Film Archivaufnahmen einer habsburgischen Hochzeitsgesellschaft mit Franz Ferdinand zeigt, richtet der zweite Film explizit den Blick auf das Attentat, indem Bilder vor und nach dem Ereignis zusammengestellt sind. Die beiden darauffolgenden französischen Filme rücken dagegen die unmittelbaren Kriegsvorbereitungen in den Mittelpunkt. Beim ersten Film handelt es sich um einen Nachrichtenfilm, der verschiedenste Aufnahmen aus Großbritannien, Deutschland und Frankreich kompiliert, welche vom Wettrüsten zeugen. Der zweite Film zeigt hingegen die britischen Rekrutierungsbemühungen. Mit "Sur la route de Cernay" erfolgt nun die Hinwendung zur Front. In diesem Fall handelt es sich um Aufnahmen vor der französischen Stadt Reims, welche das System der Schützengräben dokumentieren. Ähnlich wie bei dem nachfolgenden Film – dieser widmet sich den deutschen Truppenvormärschen – sind hier keine Kampfhandlungen zu sehen. Von den Folgen der ersten Kriegshandlungen an der West- und Ostfront berichten dagegen die beiden nächsten Filme. Handelte es sich bis dahin um Nachrichtenfilme beziehungsweise Dokumentarfilmaufnahmen, wechselt mit den drei letzten Filmen das Genre. Denn dort findet der Betrachter drei Spielfilme aus Italien, Dänemark und Deutschland, welche Einblicke in die fiktionale Verarbeitung der ersten Kriegsmonate geben.
Es ist ein ungemein spannendes und ambitioniertes Projekt, das hier verwirklicht wird: eine DVD-Edition, welche die Filmschätze rund um den Ersten Weltkrieg in Form von vierzehn thematisch gefassten Teilen erschließt. Im vorliegenden Fall ist das eben der "Aufmarsch der Armeen".
Auf den heutigen Betrachter wirken die Bilder der Filme auf den ersten Blick erstaunlich gemächlich, was nicht nur daran liegt, dass der Filmrhythmus ein gänzlich anderer ist als heutzutage. Es liegt zudem wohl maßgeblich auch daran, dass ihnen die akustische Begleitung fehlt, da es sich ausschließlich um Stummfilme handelt. Auch wenn die Präsentation als Stummfilm der ursprünglichen Verwendung entspricht, werden die meisten Käufer dieser DVD erst glücklich werden, wenn sie auch den informativen Audiokommentar hinzuschalten, für den neben der Filmrestauratorin Anke Mebold und Christoph Cornelißen gewonnen wurde, der als Professor für Neueste Geschichte in Frankfurt lehrt. Erst dadurch gewinnen die Bilder Leben und was noch wichtiger erscheint, der Betrachter erfährt so viel Wissenswertes zum historischen Kontext, aber auch zu den technischen und distributiven Umständen sowie zu filmästhetischen Aspekten.
Leider muss der Betrachter immer wieder auch Leerstellen im Kommentar aushalten, da dieser nicht durchgängig erfolgt, was etwas schade ist, da sicherlich noch manche interessante Information hinzugefügt hätte werden können. So muss der Zuseher beispielsweise das Herumtragen des Sarges von Franz Ferdinand gut zwei Minuten lang kommentarlos mitverfolgen. Auf der anderen Seite wird dieser aber in anderen Fällen auch für seine Geduld belohnt und erfährt immer wieder aufschlussreiche Details, die so nicht in einem geschichtswissenschaftlichen Fachbuch stehen würden, da sie schlicht und ergreifend erst aufgrund der entsprechenden Filmbilder relevant sind.
Einen ganz eigenen Blick auf die damalige Mentalität ermöglichen vor allem die drei Spielfilme am Ende, wobei hinzugefügt werden muss, dass Spielfilm damals eine Länge zwischen 9 und 35 Minuten bedeutete. Besonders gelungen ist dabei, dass diese drei Filme aus drei unterschiedlichen Ländern stammen, so dass der Betrachter eine perspektivenreichen Einblick in fiktionale Verarbeitungen aus der frühen Kriegsphase erhält.
Abschließend ist noch lobend hervorzuheben, dass der DVD ein zwanzigseitiges Booklet mit einem einführenden Text sowie kurzen Informationen zu den einzelnen Filmen beigegeben ist.
Fazit: Stummfilmliebhaber und Geschichtsinteressierte werden sicherlich schon sehnsüchtig die nächsten DVDs der Reihe erwarten, die weitere interessante Filmschätze erwarten lassen. Gerne auch noch mit einem etwas ausgebauteren Audiokommentar.
Weitere Informationen wie eine Inhaltsübersicht oder einen Trailer finden sich auf der Webseite des Verlags.