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Der Doktor - Zeitreisender, Außerirdischer, Time Lord. Seit fünfzig Jahren bereist der Doktor auf den britischen Fernsehbildschirmen Raum und Zeit. Fünfzig Jahre sind eine enorme Lebensdauer für eine TV-Serie, und ein maßgeblicher Grund für den Erfolg von "Doctor Who" ist, dass sich die Serie alle paar Jahre neu erfinden kann. Will ein Hauptdarsteller die Rolle des Doktors abgeben, so regeneriert der Time Lord kurzerhand in einen neuen Körper mit neuer Persönlichkeit. Im Laufe dieser fünfzig Jahre hat es elf kanonische Doktoren gegeben. Zur Würdigung dieses Jubiläums hat die BBC elf Kurzgeschichten bei namhaften Autoren in Auftrag gegeben, von denen sich jede mit einer anderen Inkarnation des Doktors auseinandersetzt. Cross Cult hat alle diese Geschichten übersetzen lassen und zu einer Anthologie zusammengefügt: "11 Doktoren 11 Geschichten". Im Folgenden sollen drei ausgewählte Geschichten stellvertretend für die enthaltenen elf näher beleuchtet und an ihnen Stärken und Schwächen des Buches verdeutlicht werden.
Die einzelnen Geschichten sind chronologisch in der Reihenfolge ihrer Doktoren angeordnet, begonnen bei Eoin Colfers "Der Doktor schafft's mit links" mit dem ersten, bis hin zu Neil Gaimans "Kein Uhr" mit dem elften Doktor. Leider hat diese an sich logische Reihung den großen Nachteil, dass die Anthologie mit ihrer schwächsten Geschichte startet. Eoin Colfer ist schon aufgrund seiner teilweise recht düsteren "Artemis Fowl"-Reihe schon lange kein unbekannter Schreiberling mehr, was beim Leser eine gewisse Erwartungshaltung hervorruft. Gerade für den ersten Doktor, den griesgrämigen alten Großvater, in der TV-Serie von William Hartnell verkörpert, scheint Colfer als Autor daher ideal. Leider greift er trotz passender Versatzstücke wie der Kulisse des viktorianischen London bei der Konzeption seiner Geschichte völlig daneben. Weder gelingt es ihm, den Charakter des ersten Doktors korrekt zu erfassen und darzustellen, noch wirkt die Hommage an den Kinderbuchklassiker "Peter Pan" überzeugend. Zudem unterläuft Colfer der schwere Fehler, dem ersten Doktor zwei Herzen zu verpassen, obwohl dieser nur eine Pumpe hat. Die zweite wurde erst in der Ära des dritten Doktors hinzugefügt.
Die zweite Geschichte von Michael Scott, Autor der "Nicholas Flamel"-Reihe, konfrontiert den zweiten Doktor und seinen schottischen Begleiter Jamie mit dem gefürchteten Buch "Necronomicon", was zu einer sehr interessanten Kombination von Doctor Who und Lovecrafts Cthulhu-Mythos führt. Einzig negativer Aspekt der Geschichte ist ihr schneller Rhythmus, der den Leser teilweise zum Straucheln bringt. Zudem muss man auch Collin vorwerfen, dass es ihm nicht gelingt, die Eigenarten seines Doktors prominent herauszuarbeiten.
Als letztes Beispiel soll noch kurz "Kein Uhr" von Neil Gaiman angesprochen werden, da dieser der wohl zugkräftigste Autorenname auf dem Cover sein dürfte. Gaiman ist für seinen Beitrag voll in seinem Element, denn der elfte Doktor ist ihm bereits durch zwei Drehbücher für die TV-Serie bestens vertraut, wie man an der Charakterisierung des Time Lords merkt. Der Handlung von "Kein Uhr" liegt sein typischer schriftstellereischer Kniff zu Grunde, eine quasi alltägliche Situation mit völlig skurrilen Ereignissen anzureichern, die aber ebenfalls vertraute Elemente unserer Kultur widerspiegeln, in diesem Fall den britischen Kinderreim "Wie spät ist es, Herr Wolf?" (Im Deutschen etwa mit "Wer hat Angst vorm Schwarzen Mann?" zu vergleichen).
Das Buch kommt als Softcover mit silbern glänzendem Einband daher, auf dem die Namen der Autoren in die Silhouette der TARDIS eingeprägt sind. Das Design ist schlicht, aber äußerst stilvoll. Eine weitere schöne Idee ist es, die einzelnen Geschichten mit der jeweiligen Silhouette ihres Doktors zu versehen, was gut zum Gesamtbild des Buches passt.
"Dr. Who - 11 Doktoren 11 Geschichten" ist eine kurzweilige Sammlung von Geschichten aller kanonischen Doktoren der ersten fünfzig Jahre. Wie bei Kurzgeschichtensammlungen typisch, finden sich sowohl wahre Perlen als auch die eine oder andere bittere Enttäuschung. Im Großen und Ganzen leisten alle elf Autoren - erfahrene Vertreter ihres Fachs – eine grundsolide Leistung, wobei sich oftmals zeigt, dass die Persönlichkeit einer Inkarnation des Doktors im Rahmen einer Kurzgeschichte oftmals keine Möglichkeit hat, angemessen dargestellt zu werden. Leider fehlt in dieser Anthologie auch der so genannte Kriegsdoktor, die Inkarnation zwischen dem achten und neunten, der im Jubiläumsspecial "Der Tag des Doktors" seinen großen Auftritt hatte. Eine Kurzgeschichte mit ihm aus dem Zeitkrieg wäre ein besonderes Highlight dieser Sammlung geworden. So bietet "11 Doktoren 11 Geschichten" eine nette Zusammenstellung für Fans, die sich vor allem wegen der Beiträge vom Scott, Blackman und Gaiman lohnt.