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Trent ist sechzehn Jahre alt und er ist ein Videopirat. Er schneidet alte Filmschnipsel zu neuen Filmen zusammen und das wirklich gut. Erst als er auffällt, wird ihm klar, dass er durch sein illegales Hobby seine Familie in die Bredouille bringt. Prompt reißt er aus und taucht in London unter. Dort ist er bald wieder aktiv und lernt einige Künstler und Aktivisten kennen. Als die Regierung ein neues Gesetz plant, welches das Urheberrecht drastisch verschärft und Trent klar wird, dass hinter diesem Gesetz mächtige Medienkonzerne stecken, entschließt er sich, Widerstand zu leisten. Sein neuster Film soll die Menschen aufrütteln und den Triumph der Konzerne verhindern.
Cory Doctorow ist es ernst mit den Themen Urheberrecht und Freiheit, das ist ihm anzumerken. Nicht nur, dass er der Mitbegründer der Open Rights Group in England und ein Co-Autor des
Boing-Boing-Blogs ist; auch seine Bücher
"Little Brother" und
For the Win"wurden alle unter der Creative Common Lizenz veröffentlicht. Das ist konsequent und verleiht den Romanen zusätzliche Glaubwürdigkeit.
Auch in "Pirate Cinema" geht es um einen Jugendlichen, der durch Zufall in die Rolle des Netzaktivisten schlüpft. Trent ist so unpolitisch, wie ein Mensch es nur sein kann. Ihn interessiert vor allem sein Hobby, dem er um jeden Preis nachgehen möchte. Aus seiner gewohnten Umgebung gerissen, lernt er dabei Menschen kennen, die ihm helfen und ihm die Augen öffnen, nicht nur was Gesetze angeht, sondern auch den Umgang miteinander, die Fürsorge für Schwächere und Respekt.
Diese Werte werden locker verpackt und Doctorow vermeidet es geschickt, den Zeigefinger zu heben und Moral zu predigen. Er bedient sich allerdings einer gewissen Redundanz um die Dinge zu betonen, die ihm wichtig sind. Obdachlosigkeit hat einen gewissen Charme und immer wieder erklärt Trent, wie prima er doch in seinem Leben zurechtkommt. Probleme gibt es zuhauf, der Coolnessfaktor überwiegt jedoch bei weitem. Auch Anarchie ist eine prima Sache, Stromklau und Hausbesetzungen eine charmante Möglichkeit, über die Runden zu kommen. Da wird die Botschaft ein bisschen mit dem Holzhammer vermittelt. Weniger wäre mehr, zumal sich dadurch gewisse Längen einschleichen.
Großartig ist Cory Doctorow, wenn er auf sein Kernthema kommt – die Bedrohung der Freiheit durch übermächtige Konzerne. Nur ein klein wenig weicht er von der Realität ab, so unmerklich, dass seine Leser sich fragen müssen, ob es die von ihm erwähnten Gesetze vielleicht schon gibt, oder ob er sie erfunden hat.
Wer beim Lesen stutzt, weil ihm angesichts der gesetzlichen Kontrolle der Menschen ein leichter Schauer über den Rücken läuft, der merkt; der Autor hat alles richtig gemacht.
Kein Wunder, dass "Pirate Cinema" 2013 mit dem Prometheus Award ausgezeichnet wurde. Doctorows Buch ist Utopie vom Feinsten und unterhaltsame Kritik an der Obrigkeit .
Seine Botschaft kommt an und macht nachdenklich. Das sie auch noch zu unterhalten weiß, ist ein kleiner Geniestreich. Gut gemacht!