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Die Wilde Jagd ist ein weit verbreitetes Motiv in den verschiedenen Brauchtümern und Glaubenswelten Europas. Manchen mag die Vorstellung, dass eine Jagdgesellschaft übernatürlicher Wesenheiten mit lautem Getöse über den Himmel braust, an andere Himmelserscheinungen erinnern, die noch weniger irdischer Natur sein sollen, nämlich die angeblichen UFOs außerirdischer Besucher. Dass nun Berichte über das Erscheinen der Wilden Jagd – zumindest laut diverser Aussagen – immer wieder in Verbindung mit rätselhaften Fällen von Viehverstümmelung auftreten, hat Sylvia Lapp zur Anlass genommen, sich in ihrem Buch "Sie kamen um zu jagen" intensiver mit diesen drei Phänomenen auseinanderzusetzen und Querverbindungen zu untersuchen.
Sylvia Lapp ist eine begeisterte und hochmotivierte Hobby-Forscherin auf dem Gebiet der UFO-Sichtungen, wie man am Schreibstil ihres Buches erkennen kann. Leider entwickelt sich dies zum Nachteil an ihrer Sache, denn nur allzu oft scheinen im Text ihre persönlichen Meinungen durch, was den Anspruch des Bandes als Sachbuch deutlich schmälert. Dies allein wäre noch nicht allzu tragisch, doch wirkt auch ihre Arbeitsweise sehr unstrukturiert und willkürlich. So zieht sie beispielsweise Parallelen zwischen einer deutschen Legende um einen Fischer an der Saale, dem angeblich ein halbes Pferd aus großer Höhe ins Boot fiel, und der unbestätigten Meldung einer britischen Lokalzeitung über einen Fischer im Ochotskischen Meer, dem dasselbe mit einer Kuh passierte. Abgesehen davon, dass die beiden Regionen über 12.000 Kilometer voneinander entfernt liegen, stützt sich Sylvia Lapp auf den Informationsgehalt einer Legende und einer unbestätigten Zeitungsmeldung, ohne genauere Nachforschungen anzustellen. Leider dienen der Autorin im Rahmen ihres Buches nur allzu häufig Legenden und Jahrhunderte alte Aufzeichnungen, deren eigentlicher Wahrheitsgehalt heutzutage nicht mehr festgestellt werden kann.
Vollends unverständlich wird es allerdings, wenn sie zur Bestätigung der europäischen Sichtungen im Internet veröffentlichte Akten des amerikanischen FBI heranzieht, ungeachtet dessen, dass nun grob 8.000 Kilometer Entfernung in westliche Richtung bestehen. Auch stützt sich die Autorin stark auf diese Akten, welche sie als lange Zeit geheim gehaltene X-Akten bezeichnet, da sie anscheinend ein großer Fan besagter TV-Serie ist. Der Umstand, dass die Akten bereits seit Jahrzehnten öffentlich zugänglich sind und bisher - trotz ihres "brisanten" Inhaltes - wenig Aufsehen erregt haben, scheint die Autorin nicht weiter zu stören.
Zusammenfassend handelt es sich bei "Sie kamen um zu jagen" um das veröffentlichte Manuskript einer Hobby-UFO-Forscherin, die auf Biegen und Brechen die Legenden der Wilden Jagd mit UFO-Sichtungen in Verbindung bringen will. Eine ernsthafte Auseinandersetzung mit den zitierten Sagen, Legenden und Akten findet jedoch nicht statt, Sylvia Lapp bedient sich ihrer stattdessen als Ideensteinbruch, um anschließend Parallelen herzustellen, die sich bei näherer Betrachtung als leicht widerlegbar herausstellen. Es hat den Anschein, als ob sie unbedingt auf der Suche nach einer großen Erkenntnis ist, für deren Erreichen sie gründliche Recherche und logisches Nachdenken aufgegeben hat. So glaubt sie beispielsweise auch in Horrorgeschichten des Autors H.P. Lovecraft Hinweise auf reale Tierverstümmelungen zu entdeckten. Gerade bei diesem Buch zeigt sich eine große Schwäche des Ancient Mail Verlags, nämlich das fehlende oder ungenügend arbeitende Lektorat. Ein ordentlicher Lektor hätte zumindest die gröbsten Schnitzer bemängeln und den stellenweise äußerst naiv wirkenden Stil entschärfen müssen. "Sie kamen um zu jagen" ist somit weder eine ernst zu nehmenden Arbeit zu einem (grenz-)wissenschaftlichen Thema noch eine unterhaltsame Lektüre für zwischendurch.