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 Millenium, Band 3: Vergebung

Die Millenium-Trilogie, Buch 3

Serie: Millenium, Band 3
Autoren: Stieg Larson, Sylvain Runberg
Illustratoren: José Homs, Man, Sylvain Runberg
Übersetzer: Tanja Krämling
Verlag: Splitter Verlag

Cover
Gesamt +++++
Anspruch
Aufmachung
Bildqualität
Brutalität
Gefühl
Preis - Leistungs - Verhältnis
Spannung
Wer die ersten beiden Bände der Trilogie (oder Band 1-4 der klassischen Alben-Edition) nicht kennt, sollte diese Rezension vermeiden: Sie würde als Spoiler wirken, muss hier doch auch die Handlung aus den ersten Bänden einfließen.
Es ist Lisbeth Salander gelungen, schwer verletzt aus dem Haus zu fliehen, in dem ihr Vater, Teil eines schwedischen Menschenhändlerrings, sie gefangen hielt, weil sie zu viel über die Versklavung bulgarischer Mädchen als Sexobjekte wusste. Ein Massaker fand statt, und Lisbeths wenige Freunde wissen nicht, ob sie überhaupt noch lebt. Doch auch ihr Vater wurde verletzt und befindet sich im Krankenhaus, wo er weiter Strippen zieht – und damit anderen in die Quere gerät. Sie aber lebt und kämpft weiter, ohne sich Gefühle und Bindungen zuzugestehen. Und auch weiterhin begegnen ihr schreckliche Dinge, die aufzuklären sie sich genötigt fühlt.
Lisbeth, eine geniale Hackerin, die aufgrund ihrer grausamen Kindheitserlebnisse zurückgezogen lebt, gilt längst als Schwedens Staatsfeind Nummer eins. Und sie beschließt nun, sich zu stellen. Ihr bester Freund, der Journalist Mikael Blomkvist, selbst bedroht und nur durch einen Zufall in diesen Fall hinein gezogen, versucht, Lisbeth zu helfen. Überraschend ist Lisbeths Schwester trotz jahrelanger Feindschaft bereit, zu Lisbeths Gunsten auszusagen und die unbeschreibliche Kindheit ihrer Schwester öffentlich zu machen – Lisbeth, die sie stets uneigennützig schützte, zu rehabilitieren. Aber damit ist der Fall noch längst nicht abgeschlossen.

Auch der letzte Teil der Trilogie (oder Band fünf und sechs der Album-Reihe) wartet mit einigen überraschenden Wendungen auf. Meinte der Leser, längst alles über das Verhältnis von Lisbeth zu ihrem Vater und ihren Geschwistern zu wissen, so tun sich nun neue Abgründe auf, Abgründe von einer Tiefe, wie sie niemand erleben sollte, und die doch nicht unrealistisch sind. Lisbeths Vater ist längst als manipulativer Psychopath in Erscheinung getreten. Er hat jetzt noch einmal seinen finalen Auftritt, und sein Hass auf die eigenständige, sich seiner Repression widersetzende Tochter wirkt ungebrochen.
Lisbeth vereint Mut und Verzweiflung in sich, als sie in die Öffentlichkeit tritt – überraschend gestärkt von einer kühnen Anwältin und ihrer Schwester. Sie bleibt jedoch die alte Lisbeth, die sich auch optisch vor dem Gericht und dem Publikum schützt. Nur Mikaels Freundschaft zeigt sich als Lichtblick. Und Mikael hat weiß Gott genügend erlebt einschließlich eines hinterhältigen Anschlages auf seine Redaktion.
Der Showdown ist gewaltig. Und unvermeidlich. Noch einmal zeugt er von Lisbeths Integrität, die diese verzweifelt zu wahren versucht. Aber endlich findet sie ihren Frieden.
Eine Thriller-Trilogie als Comic darzustellen: ein mehr als mutiges Projekt. Doch schon die Vorgängerbände zeigten, dass es funktioniert. Trotz der gewaltigen Stauchung, die in Bezug auf den Inhalt nötig war, erscheint die Handlung durchgängig logisch und "rund", so auch in diesem Doppelband, der auf dem letzten Teil des Originals beruht. Es ist den Machern gelungen, die wesentlichen Inhalte herauszugreifen und gewaltig in Szene zu setzen.
"Gewaltig" trifft den Eindruck, denn wie im Original bleibt kein Auge trocken. Blut fließt, Skrupellosigkeit regiert, Notwehr erfordert Brutalität. Auch in diesem Band sind die Darstellungen aufs Wesentliche reduziert, insbesondere auf Mimik und Gestik, und natürlich gibt es sehr blutige Szenen, die aber nicht ausufern, sondern fast wie journalistische Fotografien, sachlich aufgenommen, wirken. Besonders sei auf einen Abschnitt hingewiesen, in denen die Kinder von Lisbeths Schwester eine brutale Szene miterleben – deren Gesichter sprechen Bände und können sensible Betrachter lange verfolgen. Die ganze Ausdruckskraft, die den Zeichnern zu Gebote steht, entlädt sich vor allem in den Dialogen. Es sind nicht nur die Worte, die hier die Dynamik und die Eindrücke bestimmen, sondern die von den Emotionen geprägten Gesichter und Gesten. Eine intensive Arbeit mit Farben – oder Farbarmut – gehört ebenso zu den Stilmitteln wie die Herausarbeitung oder Zurücknahme von Vorder- und Hintergrundelementen. Dies und die gewählte Perspektive wirken sich enorm auf die Dynamik der Handlung aus, eher mehr als in der Vorlage. Denn der Betrachter ist schlicht unmittelbar dabei, als Beobachter und beinahe Beteiligter.
Ein versöhnlicher Schluss? Man mag ihn so sehen. Jedenfalls hätten Lisbeth und Mikael ihn nach diesen drei fulminanten Bänden mehr als verdient. Wünschen wir ihnen viel Glück und empfehlen auch diesen Band gerne weiter!

Einen Blick ins Buch ermöglicht die Verlagsseite.

Regina Károlyi



Hardcover | Erschienen: 1. November 2015 | ISBN: 9783958392519 | Originaltitel: LA REINE DANS LE PALAIS DES COURANTS D'AIR, 1. ET 2. PARTIE | Preis: 19,80 Euro | 126 Seiten | Sprache: Deutsch

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