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Es ist ein Tag wie so viele zuvor. Maro wacht schweißgebadet auf, es ist heiß. Er erledigt, was zu erledigen ist, eigentlich überrascht ihn nichts. Arbeit, Essen, Waschen, Freunde treffen, die Katze füttern. Er lebt mit Kassandra, Fiona, Ben, der alten Lina und vielen anderen in einem alten Hotel am Strand. Alles ist heruntergekommen, fließendes Wasser gibt es schon lange nicht mehr und am Strand liegen die angespülten Ölfässer. Es kommt noch Schlimmer als Quallen den Strand überfluten und ein Schiffswrack auftaucht. Und ein Fremder, Sal, nistet sich in ihrer Gruppe ein. Maro mag ihn nicht, aber Kassandra scheint sich gerne in seiner Nähe aufzuhalten, das macht ihn eifersüchtig. Doch dann kommt der Tag, an dem Maro sich beweisen kann. Er bekommt von Lina den Auftrag dem alten Weg zu folgen. Doch er weiß nicht, wohin er führt.
In der kurzen Geschichte von Frank Hebben spielt das Meer eine eher kleine Rolle. Es passiert nur alles am Meer und neue Dinge scheinen immer aus dem Wasser zu kommen. Somit stellt es eher eine Art Ursprungsort dar. Das Cover ist fantastisch, es zeigt eine Collage aus alten Zeichnungen von Meerestieren, Technik, Menschen, trotzdem vermittelt es nicht unbedingt, was für eine Geschichte den Leser zwischen den Buchdeckeln erwartet.
Eben so kurz und knapp wie der Schreibstil, zeig sich die Handlung auf ihren knapp hundert Seiten. Hebben setzt auf extrem kurze Sätze, teilweise sogar nur Satzfragmente. Beschreibungen von Details, dem Aussehen der Umgebung oder der Charaktere sind quasi nicht vorhanden, alles wird nur bruchstückhaft in wenigen Worten abgehandelt. Dadurch zeigt sich dem Leser ein sehr ungenaues Bild, dass er sich nach und nach erarbeiten muss. Es ist, als wäre die Szenerie von einer großen Käseglocke umgeben, durch die nur ein verschwommener Blick möglich ist. Dabei hätte es von der Handlung her gerne "etwas mehr" sein dürfen, und zwar von allem. Mehr Hintergrundbeschreibungen, besser ausgearbeitete Umgebungen, tiefer ausgelotete Figuren, denn durch die kurze Zeit, in der der Roman gelesen ist und seine "Grobheit" prasselt doch recht viel auf einmal auf den Leser ein. Das ist schade, denn die Handlung ist nicht schlecht, wenn auch nicht unbedingt neu. Aber vielleicht hatte Hebben genau das im Sinn, etwas schon Dagewesenes in einem eigenen Stil zu erzählen.
In einer kurzen Zusammenfassung ist es schwer einzubringen, aber es handelt sich bei "Der Algorithmus des Meeres" tatsächlich um eine Science-Fiction-Geschichte. Das dystopische Setting lässt durchaus auf eine interessante Auflösung schließen, sie zeigt sich aber deutlich futuristischer, als es am Anfang zu erahnen ist.
Am Ende des Buches ist ein recht ausführliches Nachwort von Karla Schmidt angefügt, in dem einige Lösungsansätze für nicht ganz aufgelöste Passagen angestoßen werden. Sie zeigt einige Schlüsselszenen auf und führt vor Augen, in welchen Kontext die Figuren gesetzt werden können. Das hilft dabei, die Geschichte aufzuarbeiten, denn dazu sollte der Leser in jedem Fall bereit sein. Es ist keine "Fertiggeschichte", die hier erschaffen wurde, sondern ein Buch, welches erst im Zusammenspiel mit dem Leser und seiner Interpretation zu einem vollwertigen Produkt wird. "Der Algorithmus des Meeres" ist nicht ganz einfach zu lesen und zu verstehen, aber genau dadurch entfaltet sich erst sein Reiz, falls gewünscht.
Wer eine schnelle SF-Geschichte mit allen Auflösungen, viel Action und Stereotypen will, wird auf jeden Fall enttäuscht. Anspruchsvollere Leser könnten Glück haben und von dem originellen Mini-Roman angesprochen werden, wenn sie sich auf dieses Schreibexperiment einlassen. Allerdings ist Hebbens Arbeit so speziell, dass sie garantiert nicht jedem gefällt.