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 Der lange Mars


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Gesamt ++++-
Anspruch
Aufmachung
Gefühl
Humor
Preis - Leistungs - Verhältnis
Spannung
Die USA sehen sich der größten Krise in ihrer Geschichte gegenüber. Der Yellowstone im Herzen der Staaten ist ausgebrochen und hunderttausende Menschen sind auf der Flucht vor der Katastrophe. Doch fliehen sie nicht in umliegende Länder, sondern in die Nachbarwelten der sogenannten langen Erde. Mit einem Gerät, das sich Wechsler nennt, können Menschen in parallele Erden reisen, nur einen Schritt entfernt, manchmal kaum zu unterscheiden von unserer Erde, der Datum-Erde, manchmal gänzlich anders. Seit der Wissenschaftler Willis Linsay im Jahr 2015 den Wechsler erfand, erforschen und kolonialisieren die Menschen die lange Erde, doch nun sind auf einmal große Menschenmassen auf das Exil angewiesen. Die Pioniere Joshua Valienté und Sally Linsay helfen, wo sie können. Beide besitzen die Fähigkeit des "natürlichen Wechsels"; sie können auch ohne die Technologie, die Sallys Vater erfand, zwischen den Welten wandeln. Doch bald schon begeben sich beide auf sehr unterschiedliche Missionen. Sally Vater hat sich überraschend gemeldet und möchte seine Tochter mitnehmen auf eine Reise zum Mars, genauer gesagt: zu einem parallelen Mars. Joshua begibt sich derweilen mit der künstlichen Intelligenz Lobsang zusammen auf die Suche nach einer neuen Spezies von Menschen, einer intelligenteren Spezies, die der nächste Schritt in der Evolution sein könnte. Unterdessen versucht die amerikanische Regierung mit wechselfähigen Flugschiffen, die Tiefe der langen Erde zu ergründen. Drei Missionen in drei unterschiedliche Teile einer aufregenden und noch immer neuen Welt beginnen ...

"Der lange Mars" ist der dritte Band einer Romanreihe, die aus der Zusammenarbeit der beiden bekannten Autoren Terry Pratchett und Stephen Baxter entstand. Basierend auf einer Kurzgeschichte von Pratchett erschien 2012 der erste Band, Die lange Erde, die den Beginn der Wechseltechnologie und den Aufbruch in die Parallelwelten erzählt. Insgesamt wurden mindestens fünf gemeinsame Bücher geplant, doch im Mai letzten Jahres starb Pratchett an den Folgen einer Alzheimer ähnlichen Erkrankung, sodass der letzte Band allein von Stephen Baxter geschrieben wird. (Der vierte Band, "das lange Utopia", erschien im Englischen bereits kurz nach Pratchetts Tod.)

Auch ohne die beiden vorherigen Teile zu kennen, kann der Leser problemlos der Erzählung hier folgen. Relevante Ereignisse aus den vorangegangenen Büchern werden ganz nebenbei in Anspielungen und Erinnerungen aufgearbeitet. Selbst das System der unzähligen Parallelwelten wird unaufdringlich vermittelt. Das eingangs gestellte Problem der massenhaften Flucht von Menschen aus ihrer Heimat könnte aktueller nicht sein. Doch schließen sich hier noch weitere tief greifende Fragen an, wie etwa, was bringt es eigentlich mit sich, wenn die Menschen unbegrenzte Ressourcen haben in den parallelen Erden, oder unbegrenzt Platz, um sich auszubreiten. Ist die Erde eigentlich in jeder Entwicklung für den Menschen bewohnbar, und sind andere Planeten immer noch so interessant, wenn die Erde selbst unendlich Raum zur Erforschung bietet? Im Hintergrund steht jedoch stets eine viel größere Frage: Was ist Evolution und wie können wir mit ihr umgehen, wenn sie droht, uns zu überholen?

Parallelwelten sind eine Spezialität der mehrfach preisgekrönten Science-Fiction-Koryphäe Stephen Baxter. Und auch die Grundlagen der Geschichte, die Fragen und technischen Hintergründe, tragen seine Handschrift. Die schrägen Figuren, ebenso wie die sehr szenische Handlung des Buches dagegen, atmen Pratchett. Wie etwa die künstliche Intelligenz Lobsang, die überzeugt ist, dass sie in einem früheren Leben ein buddhistischer Motorradmechaniker war. Die Spezialitäten beider Autoren fließen nahtlos ineinander und erschaffen eine gleichermaßen skurrile und doch glaubwürdige, logische Welt. Leider erscheint die Handlung in weiten Teilen bloß eine Bühne für diese Welt darzustellen. Die tatsächliche Storyline ist dünn und es mangelt an einem spannenden Handlungsbogen, der sich bis zur Lösung eines Problems zuspitzt. Der Leser wandert mehr durch die Welt der langen Erde, trifft Charaktere und erlebt einzelne Szenen, anstatt einem Plot zu folgen. Wären die Figuren nicht so außergewöhnlich und die Welt nicht so faszinierend, könnte das schnell langweilig werden.

Doch "Der lange Mars" ist nicht nur unterhaltsam, sondern regt auch zum Nachdenken an. Eine Erzählung, die einerseits staunen lässt mit ihren außergewöhnlichen und schönen Ideen, andererseits traurig stimmt, in dem Wissen, dass es mit das Letzte ist, was einer der bekanntesten Autoren des Fantasiegenres geschaffen hat. Trotz Lücken in der Story ein besonderes Buch, sowohl für Liebhaber der absurden Welten des Terry Pratchett, als auch für Fans der harten Science Fiction von Stephen Baxter.

Wer einen Blick ins Buch werfen möchte, kann dies auf der Website des Manhattan Verlags tun.

Claudia Heinzelmann



Softcover | Erschienen: 5. Oktober 2015 | ISBN: 9783442547616 | Originaltitel: The Long Mars | Preis: 17,99 Euro | 446 Seiten | Sprache: Deutsch

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