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 Caritas

Nächstenliebe von den frühen Christen bis zur Gegenwart


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Preis - Leistungs - Verhältnis
Mit den Christen trat ein neues Menschenbild in die Welt, das auf der Idee der Gotteskundschaft gründete. Dahinter steht der Glaube an die umfassende Liebe Gottes, der seinen eigenen Sohn opfert, um die Welt zu erlösen: das Urbild karitativen Handelns.


Die Nächstenliebe gehört wohl zu den Kernbotschaften des Christentums. Keineswegs ist sie jedoch eine Erfindung desselbigen. Denn bereits im alten Ägypten gibt es Belege sozialer Wohltätigkeit. Der Unterschied lag jedoch darin, dass sich diese Frühformen durch eine Reziprozität auszeichneten, was nichts anderes bedeutet, als dass sich die Menschen durch ihr Handeln einen Gegenwert, beispielsweise vor dem Gottesgericht, erhofften. Erst durch das neue Selbstverständnis von Jesu Christi wandelte sich dieses vom Geben und Nehmen geprägte Tun hin zu einer selbstlosen "sozialen Pflicht". Jene Uneigennützigkeit war schließlich die "Geburt der christlichen Caritas", die im Mittelpunkt dieses Ausstellungsbandes steht.

Ungefähr zu gleichen Teilen setzt sich der Band aus einem Essay- und einem Katalogteil zusammen. Beiden gemein ist, dass sie an das Thema äußerst vielfältig herangehen, so dass interreligiöse und weltliche Aspekte, regionale und epochale Besonderheiten genauso behandelt werden wie speziellere Fragestellungen, beispielsweise zur "Darstellung der Armenhilfe von Juan Luis Vives bis Jean-Jacques Rousseau". Im Grundsatz folgen beide Teile einer chronologischen Anordnung, so dass der Band von den Grundlagen der christlichen Caritas über die Institutionalisierung bis hin zu deren Entwicklung im 19. und 20. Jahrhundert reicht.

War bereits der Ausstellungsband zu "Credo", der sich mit "der Christianisierung Europas im Mittelalter" befasste, ein voller Erfolg, so steht auch der Band der Nachfolgeausstellung diesem in nichts nach. Erneut gelingt es dem erzbischöflichen Diözesanmuseum Paderborn ein ungewöhnliches Thema sehr umfassend und perspektivenreich in einem nicht nur von der Masse her außergewöhnlichen Band zu bündeln. Beeindruckend ist dabei vor allem die Vielfalt des Themas, welches neben der religiösen Komponente viele weltliche Aspekte zu bieten hat. Denn anhand von Themen wie "Hospitäler und Leprosorien mitteleuropäischer Städte im Mittelalter" lässt sich eben nicht nur die christliche Caritas studieren, sondern auch der Alltag der Menschen im Mittelalter. Obwohl der Band das Thema sehr tiefgehend behandelt, behält der Leser die großen Linien im Auge, da sich einige überblicksartig angelegte Beiträge finden lassen, welche die Wandlungsprozesse wie die Entwicklung der "Caritas und staatliche[n] Armenfürsorge in der Frühen Neuzeit" in den Blick nehmen. Und auch für Kunstinteressierte hat der Band so einiges zu bieten, weil die Idee der Caritas nicht selten auch Ausdruck künstlerischer Schöpfungen wurde. Stellvertretend sei hier auf den Beitrag "Die Kunst der praktizierten Caritas – Bilder der Werke der Barmherzigkeit" verwiesen.


Die Idee der Ausstellung, sich damit auseinanderzusetzen, wie sich die praktizierte Nächstenliebe in der Kunst unterschiedlicher Epochen niedergeschlagen hat, halte ich für sehr aktuell, da sie mehr mit uns als Betrachter zu tun hat, als dies zunächst den Anschein hat.
(aus dem Grußwort des Präsidenten des Deutschen Caritasverbandes)


Die Ausstattung des Bandes kann ebenfalls vollends überzeugen. Am auffälligsten sind hier - ganz im Sinne eines guten Ausstellungskatalogs - die zahlreichen farbigen Hochglanzabbildungen in bester Qualität. Egal ob Gemälde, Skulpturen oder kostbar gestaltete Handschriften - allesamt erzeugen sie eine beeindruckende visuelle Detailfülle, durch die sich auch durch die Größe der Abbildungen gut entfalten kann. Sämtliche Exponate werden zudem sehr detailliert umschrieben und umfassend erläutert beziehungsweise interpretiert. Da es sich bei einer Vielzahl der abgebildeten Ausstellungsstücke um künstlerische Ausarbeitungen der Caritas-Idee handelt, rückt hierbei immer wieder die Ikonographie in den Mittelpunkt, so zum Beispiel bei einem 1502 im Schwäbischen entstandenen Gemälde zur Mantelteilung des heiligen Martin. Wie im vorliegenden Fall spielen natürlich auch - wie kann es bei dem Thema und Initiator der Ausstellung (Diözesanmuseum Paderborn) anders sein - Heilige eine Rolle. Allerdings und dies muss noch einmal ausdrücklich betont werden, erschöpft sich der Band eben nicht allein in dieser religiösen Perspektive, sondern lässt gerade im ersten Teil (Essays) auch Rückschlüsse auf die Zeitumstände zu. Denn über viele Jahrhunderte war die Kirche eine, vielleicht sogar die zentrale Einrichtung im Leben sozial bedürftiger Menschen.

FAZIT: Ein ganz und gar außergewöhnlicher Ausstellungsband, der seinem "Vorgänger" in nichts nachsteht. Beeindruckend in Umfang und Inhalt!

Weitere Informationen sowie ein Blick ins Buch finden sich auf der Webseite des Verlags.

Matthias Jakob Schmid



Hardcover | Erschienen: 23. Juli 2015 | ISBN: 9783731901426 | Preis: 49,95 Euro | 720 Seiten | Sprache: Deutsch

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