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Es ist Sommer in Paris und die Clique um Strippe, Paolo und Manon genießt ihre Freiheit. Echte Straßenkinder, das sind sie. Gören, die durch die Straßen des Montmartre streunen und trotz aller Armut ihr Leben genießen. Da treffen sie auf Leon, den Sohn des Bauunternehmers Noblard, der seinen Vater zu einem Hügel begleitet, welcher bald bebaut werden soll. Das wollen die Gören nicht hinnehmen und in dem darauf folgenden Kampf, der mit Zwille und Steinen ausgetragen wird, bleibt Leon zurück und wird von den Kindern als Geisel genommen. Schnell merkt er jedoch, die Gegner sind eigentlich ganz in Ordnung und für zwei Tage erlebt Leon ein richtiges Abenteuer, an das er immer zurückdenken wird.
Pastell, das ist der erste Eindruck, den der Comic "Die Straßenkinder von Montmartre" hinterlässt. Laue Sommertage und sepiafarbene Erinnerungen prägen die Bilder, auch wenn die Lebensbedingungen der Kinder nicht immer gut sind. In jedem Fall sind frei, weil es niemanden kümmert, wo sie sich aufhalten und was sie gerade tun. Eine wilde Bande, die durch die Straßen des Künstlerviertels stromert und mit mehr oder weniger Wohlwollen betrachtet wird.
Jean Noblard geht es da ganz anders. Zwar fehlt es ihm materiell an nichts, aber wenn er zwei Tage nicht nach Hause kommt, so kümmert es seinen Vater kein bisschen. Von seinem Sohn erwartet er Leistung, dessen Wohlergehen ist ihm völlig egal. Daher weiß Jean auch sehr genau, dass er als Geisel keinen Wert hat. Niemand wird für ihn bezahlen. Es ist ein bisschen seine Rache an dem lieblosen Vater, dass er sich mit den Gossenkindern verbündet und bei ihnen mehr Freundschaft und Zugehörigkeit erfährt als es in seiner Familie der Fall ist.
Sowohl die Straßenkinder als auch ihre Umgebung werden von Patrick Prugne sehr liebevoll dargestellt. "Poulbots", so werden sie genannt, nach dem Maler Francisque Poulbot, der durch seine Zeichnungen der Kinder von Montmartre berühmt wurde. Das ist in der Gestaltung der Figuren auch durchaus zu erkennen, wenngleich Le Comte dem Still Poulbots nicht nacheifert. Nein, es ist etwas Eigenes, das er da auf die Beine stellt, wenn es auch an Hommagen in seinem Buch nur so wimmelt. So bekommen Poulbot und sein Freund Theophil Steinlein einen kurzen Auftritt und Picasso wird zumindest indirekt erwähnt. Der Autor und Texter weist auch auf reale Ereignisse hin und so schmiegt sich die Handlung passend in die Vorstellung des historischen Paris, die ein Leser heutzutage eben so haben mag.
Es passt einfach alles und doch, zum großen Auftritt fehlt etwas. Dabei gibt es eigentlich gar nichts zu meckern: Die Zeichnungen sind schön, die Dialoge passend, die Geschichte rund und trotzdem, mehr als nett ist es nicht. Die Geschichte um die Poulbots ist wie ein Nachmittag im Café, angenehm, beschwingt und amüsant, doch wird sie ebenso schnell vergessen, wenn sie vorbei ist. Es fehlt der große Auftritt, die Wendung in der Geschichte, die den Leser stutzen lässt und ihn überrascht
Nach fünfzig Seiten endet die Geschichte, es folgt ein kurzer Epilog und fünfundzwanzig Seiten Skizzen, die recht interessant die Entstehung des Comics dokumentieren.
"Die Straßenkinder von Montmartre" ist ein nostalgischer Ausflug in eine vergangene Welt, der unterhält und ein warmes Gefühl vermittelt. Dieses Gefühl wird zwar nicht andauern, aber so lange es anhält, darf der Leser eintauchen in eine freundliche Welt aus Kindererinnerungen, die es zu betrachten lohnt und bei denen es schade wäre, sie verpasst zu haben.
Eine Leseprobe findet sich auf der Verlagsseite.