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Wie alle Helden war auch Lucky Luke, der bekanntlich schneller schießt als sein Schatten, irgendwann ein Kind. Allerdings erhalten Fans eher selten einen Einblick in die Kindheit ihrer Comic- oder auch Romanhelden. Anders ist das bei Lucky Luke: Band 94 präsentiert, wie auch schon zwei vorangegangene Teile der Serie, "Lucky Kid" als jungen Lucky Luke.
Dieser wird von seiner Tante Martha erzogen – die, so viel darf verraten werden, nur mittels der Badeverweigerung ihres Mündels und der Dämlichkeit mancher Mitbürger gemartert wird - und erlebt mit seinen Freunden eine Reihe von Abenteuern. Text und Zeichnungen stammen von Achdé, dem Nachfolger des legendären Lucky-Luke-Cartoonisten Morris. Im Anschluss an die letzte Story im Album findet sich ein kurzer Abriss der Geschichte von Morris und seinem Lucky Luke sowie der Fortsetzung durch Achdé.
Anders als vom erwachsenen Lucky Luke gewohnt, präsentiert sich dieser Band als eine Reihe von One-Pagern, also kleinen Episoden im Umfang einer einzelnen Seite, mit Ausnahme der letzten, etwas ausführlicheren Geschichte. Kinderstreiche, -abenteuer und –träumereien lassen sich eben nicht auf ein ganzes Album ausdehnen, und es ist gut, dass der Versuch dazu gar nicht erst unternommen wurde. Denn in der griffigen Kürze liegt hier die Würze: Die Geschichtchen haben Biss, wirken in sich geschlossen und rund. Achdé ist seinem stark an Morris angelehnten Stil treu geblieben, sodass sich ein hoher Wiedererkennungswert ergibt.
Bereits die erste kleine Szene lässt den Leser direkt in die Gefühlswelt des kleinen Lucky Kid eintauchen, der sich verzweifelt überlegt, wie in aller Welt er eine geeignete Einladung zum Valentinstag für seine heimliche Liebe Joanne formulieren kann - und er findet eine ausgesprochen wild-west-kompatible Form … Wenn freilich Lucky Kid und sein Freund Dopey einen Saloon eröffnen, kann das selbst für hartgesottene Cowboys gefährlich werden. Nebenbei erfindet Lucky Kid während eines Hochwassers das Surfen, er steht auch rassistischen Cowboys gegenüber fest zu seinem Indianerfreund Kleiner Kaktus, von dem er eine Menge lernt, und rund ums Thema Schießen und Jagd ergeben sich natürlich auch einige Geschichten, die ahnen lassen, was aus Lucky Kid einmal werden wird. Folgerichtig taucht auch der erwachsene Lucky Luke in der einen oder anderen Vorausschau auf – oder eine der Lucky-Kid-Szenen erscheint als Rückblende aus Sicht des Cowboys.
Für Kinder als Leser dürften die mit "Hättest du das gewusst?" eingeleiteten Kurzinfos unter jeder Geschichte durchaus interessant sein. Sie befassen sich mit einzelnen Aspekten, die mit dem jeweiligen One-Pager zu tun haben; meist greifen sie Wildwest-Themen auf. Auch insgesamt wendet sich der Band eher an Lucky Kids Altersgenossen als an Erwachsene. Allerdings sind die Geschichten so rührend, drollig konzipiert und umgesetzt, dass auch mancher mit Lucky Luke groß Gewordene daran eine Menge Spaß haben dürfte.
So ist Lucky Luke nun also siebzig Jahre alt geworden, ohne allzu viel Patina anzusetzen. Die Frischzellenkur Lucky Kid schadet ihm auf keinen Fall!
Link zur Verlagsseite zum Band (ohne Leseprobe)