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Wie schön waren doch die Zeiten, als sich das Paar bei Streitigkeiten richtig fiese Beleidigungen und Drohungen entgegenschreien konnte, ohne zu riskieren, ein Kind zu traumatisieren. Wie fühlt sich der neue Lover, wenn Mamis Lieblinge sich beim Vorstellungsabend übel aufführen - also wie immer, wohlgemerkt ...? Und wie deprimierend ist es, wenn der getrennt lebende Papa alles aufwendig für den Besuch des kleinen Lieblings vorbereitet hat und dieser dann doch bei Mama bleiben will, weil sie eine super DVD ausgeliehen hat.
Kinder haben's aber auch nicht leicht. Aus ihrer Warte ist der Kleiderkauf - zumindest bei Jungs - genauso gruselig wie für die Mama. Einmal monatlich werden sie zum Schnellrestaurant geschleppt, weil sie das als Kinder ja so toll finden, dass der gesundheitliche Aspekt beiseitegelassen wird (ob sie die Burger überhaupt mögen, spielt bei prinzipiellen Dingen keine Rolle). Und dann vergisst Papa nach einem Tag der Überbehütung beim Skifahren den Sohn draußen.
Zep, Schweizer Zeichner mit Fans vor allem im französischsprachigen Raum, hat eine Reihe von Comics zum täglichen Leben herausgebracht, darunter bereits einen zum Thema Elternschaft und Familie. Der zweite steht diesem in nichts nach. Wieder enthält er Szenen, die allen Eltern und vielen Kindern bekannt vorkommen dürften. Mit einer ziemlich überraschenden Mischung aus Erbarmungslosigkeit und Empathie zeigt er die Schwächen beider Seiten auf – oder sind es drei bis vier Seiten? Denn natürlich ziehen Papas und Mamas nicht unbedingt an einem Strang. Das wäre ja auch arg viel verlangt.
Zu den Klassikern gehört sicher "Papapädagogik"; Papa versucht, dem Sohn den Wert von Bildung und insbesondere der zu lernenden Grammatik nahe zu bringen, bis dieser ihm die hochkomplexe Aufgabe brav vorlegt … und Papa rasch meint: "Wichtig ist vor allem, dass du es SELBST schaffst." Welcher Elternteil kennt diese Situation eigentlich nicht?
Köstlich beschreibt Zep auch den Umgang von Eltern mit Heranwachsenden, die sich zum Lernen mit einem oder einer Angehörigen des anderen Geschlechts treffen, worauf die Eltern so tun, als fänden sie das ganz prima und seien offen für alle möglicherweise auftretenden Probleme … obwohl in der Realität dann doch (hauptsächlich!) gelernt wird.
Zeps Charaktere sind voller Charme, allein die Haltung der genervten Jugendlichen ist derart authentisch, ebenso sind es aber auch die Gesichtsausdrücke, dass der Leser sofort in den Sog der kleinen, zwei Seiten umfassenden Geschichten gerät. Dabei konzentriert sich der Verfasser aufs Wesentliche, sowohl zeichnerisch als auch in Bezug auf den Text. Genau diese Knappheit macht jedoch einen erheblichen Teil des Reizes der Comics aus.
Kurz, dieser Band ist nicht einfach ein Abklatsch des vorangegangenen, sondern bietet einen bunten Strauß an liebevoll-gehässigen Comics rund um die Familie, originell erdacht und perfekt ausgeführt.
Leseproben bietet die Verlagsseite.