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Ein Gerichtsprozess ist eine komplexe Angelegenheit. Er unterliegt strengen Regeln und dient dazu, die Wahrheit zu finden sowie Gerechtigkeit und Rechtsfrieden herzustellen. Wie aber funktioniert das? Können Laien die Vorgaben und Abläufe überhaupt verstehen?
Klaus Volk, emeritierter Rechtsprofessor an der Universität München und renommierter Rechtsanwalt, stellt in seinem Buch die Wege und Möglichkeiten vor, mittels derer Strafprozesse erfolgreich durchgeführt und abgeschlossen werden. In den ersten Kapiteln geht es um den Begriff der Wahrheit und die Methoden, sie zu finden - jene aus früheren Jahrhunderten und die auf aktuellem Recht basierenden. Auch die unterschiedlichen Arten von Beweisen und ihre Gültigkeit werden untersucht. Weitere Kapitel befassen sich mit den Personen, die zu einem Prozess gehören, und ihren Rollen, sowie unterschiedlichen Wegen, sich der Wahrheit anzunähern - "was alles geht" und was nicht.
"Was ist Wahrheit?", fragt Pontius Pilatus Jesus im Johannes-Evangelium. Für ihn ist das eine rhetorische Frage. Demgegenüber haben deutsche Gerichte den Auftrag, die Wahrheit tatsächlich zu finden. Der Prozess gegen Jesus wäre dementsprechend vor einem modernen deutschen Gericht deutlich anders geführt worden. Das freilich nur nebenbei und mit einem Augenzwinkern. Doch - das bleibt unstrittig - handelt es sich bei der Wahrheit um einen schwierigen Begriff, ebenso bei der gleichfalls von den Gerichten herzustellenden Gerechtigkeit sowie dem Rechtsfrieden; ein Terminus, mit dem die meisten bis dato nicht betroffenen Bürger vermutlich gar nichts anzufangen wissen.
Vom Anfang des Buches an widerlegt der Autor das verbreitete Vorurteil, Recht, Rechtswissenschaft und Juristen seien alle miteinander staubtrocken. Er versteht es, temperamentvoll, pointiert und mit einem wohldosierten Schuss Humor scheinbar und tatsächlich komplizierte Begriffe zu erklären, Zusammenhänge aufzuzeigen und zu erläutern, die Historie und ihre Bedeutung für unsere Zeit darzustellen und zwischen Notwendigkeiten und verstaubten, aber fest verankerten Gesetzen und sonstigen Vorgaben zu differenzieren - kurz: Recht und Strafprozess für den unbedarften Laien transparent zu machen, einschließlich der Unterscheidung zwischen Licht und Schatten. Mit etlichen anschaulichen Fallbeispielen "illustriert" Volk seine Ausführungen.
Trotz einer unbestreitbaren unterhaltenden Komponente bleibt der Autor stets sachlich und wartet mit einer ausgesprochen "kompakten" Schreibe auf, die dem Leser ein hohes Maß an Aufmerksamkeit abnötigt, welche die meisten jedoch vermutlich gern investieren. Denn sowohl die spannenden Einblicke in Details als auch die sich erschließenden größeren Zusammenhänge faszinieren und nehmen dem Strafprozess und dem dahinter stehenden Recht viel von dem ihnen aus der Sicht des Laien anhaftenden Mysterium. Insbesondere wird ersichtlich, wie die Wahrheit "gefunden und geschunden, erkämpft und erkauft wird", wie es der Untertitel bereits ankündigt. Und immer wieder stellt Volk - teils bewusst suggestive - Fragen, die den Lesenden einladen, etwas länger zu verweilen und nachzudenken.
Potenzielle Leser sollten also nicht vor der Aussicht zurückschrecken, ein Werk über Recht, Gerechtigkeit, Gerichte und vor allem Wahrheit zu lesen. Sie würden ein wirklich gelungenes Buch verpassen.
Einen Blick ins Buch ermöglicht die Verlagsseite.