Gesamt |
|
Aufmachung | |
Brutalität | |
Humor | |
Preis - Leistungs - Verhältnis | |
Spannung | |
Frau Schute hat es satt, dass ihr Sohn, der Ritter Kunibert, den ganzen Tag nur faul in der zugigen Burg Scharfenstein herumlungert. Andere junge Ritter wären schon längst losgezogen, um Abenteuer zu bestehen, hält sie ihm vor - Kuniberts Vater etwa hatte, als er in Kuniberts Alter war, schon den legendären Riesen Ladislaus erschlagen. Damit Kunibert ihr nicht länger auf der Tasche liegt, setzt Frau Schute ihn kurzerhand vor die Tür, mitten hinein in die stürmische Nacht. Mit seinem treuen Knappen Schorse und seinem Ross zieht Kunibert los, fest entschlossen, Abenteuer zu erleben, die eines Ritters würdig sind. Und tatsächlich lassen vielerlei erstaunliche, gefährliche und exotische Ereignisse nicht lange auf sich warten
Vor allem die bildschöne Prinzessin Sonja, von der allerorts geredet wird, hat es Kunibert angetan. Doch damit er um ihre Hand anhalten kann, muss Kunibert zunächst eine schwierige Probe bestehen und unter den zahlreichen Damen des Hofes von Marsilia auf Anhieb die richtige herausfinden - ein scheinbar unlösbares Problem, denn niemand weiß, wie Prinzessin Sonja aussieht. Doch dem schlauen Ritter gelingt die Prüfung. Bevor die Hochzeit stattfinden kann, gilt es aber noch zwei weitere Aufgaben zu meistern, die König Kasimir dem Ritter Kunibert als Bedingung stellt. Vor allem soll er das verwunschene Rasierzeug, das die Fee Süffisande einst ihrem Liebhaber schenkte, an den Hof bringen. Die verzauberten Rasier-Utensilien sind unauffindbar in alle Welt verstreut und der König muss sich seit dem Tod seines Hofbarbiers notgedrungen einen Vollbart wachsen lassen. So zieht Kunibert los und gelangt unter anderem in das Kaiserreich Lappalien, in das prächtige Rosenquarzschloss der Fee Süffisande und in die unheimliche versinkende Stadt.
Man merkt es schon: Dieses Märchen wird mit einem ganz großen Augenzwinkern erzählt. 1937 erschien die Geschichte erstmalig unter dem Titel "Das Märchen vom Rasierzeug". Der Autor mit dem klangvollen Namen Wolfheinrich von der Mülbe erschuf auf 440 Seiten eine bunte Welt voller Abenteuer, nimmt dabei Ritterromane und Märchen der damaligen Zeit aufs Korn und erzählt alles mit viel Ironie und Wortwitz, ohne dass die Geschichte zur Parodie verkommt. Wo sonst gilt es ein verzaubertes Rasierzeug zu finden, wo sonst findet man einen Drachen, der gerne Apfelkuchen isst, oder einen grün angemalten Grasaffen? "Die Zauberlaterne" ist überaus reich bevölkert - kopflose Riesen, gefährliche Piraten, zur Hälfte versteinerte Könige, orientalische Zauberer, bildschöne Elfen, Schneekönige, Berggeister, blutrünstige Katzen und viele mehr.
Die altmodische Sprache indes ist durchaus gewöhnungsbedürftig; die Erzählweise, der man sehr deutlich die 1930er Jahre anmerkt, dürfte nicht jedermanns Sache sein. Vergleiche mit "Harry Potter", die von Kritikern gezogen wurden, könnten bei Kindern und Jugendlichen für Enttäuschung sorgen, denn die Zauberlaterne ist doch deutlich anders als die heutige, moderne Literatur und dürfte deshalb vor allem Erwachsenen und kleinen Kindern im "Märchenalter" gefallen. In insgesamt 22 eher kurzen Kapiteln werden Kuniberts Abenteuer erzählt; durch diese klare Kapiteleinteilung lädt das Buch auch sehr zum Vorlesen ein. Es gibt keinen durchgehenden Spannungsbogen, sondern der tapfere Kunibert und sein Diener und Freund Schorse hangeln sich von einem skurrilen Abenteuer zum nächsten.
Fazit: Ein buntes, amüsantes Märchen voller Ironie, oft überaus komisch und drollig, aber auch voller spannender Abenteuer. Durch seine aus heutiger Sicht sehr altmodische Art ist der Roman einerseits sehr charmant, andererseits auch gewöhnungsbedürftig. Die Zielgruppe für den Roman ist schwer zu umreißen, er eignet sich sowohl für kleinere Kinder zum Vorlesen - auch wenn sie nicht alle Feinheiten und Anspielungen verstehen dürften - als auch für Erwachsene, die sich über die feine Ironie amüsieren werden. In jedem Fall ist es wunderbar, dass der Roman aus dem Jahr 1937 auch heute noch viel Beachtung findet und in unterschiedlichen Fassungen - teils mit, teils ohne Illustrationen - neu aufgelegt wurde, damit er nicht in Vergessenheit gerät.