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An einem Tag ist Lydia verschwunden. An einem anderen Tag wird sie tot aus dem Wasser des Sees gefischt. Niemand kann sich erklären, was mit der sechszehnjährigen Tochter eines Universitätsprofessors und einer liebenden Hausfrau und Mutter geschehen ist. War es ein Unfall, war es Mord oder hat sich die Schülerin gar selbst umgebracht? Noch während die Eltern im Dunkeln tappen und versuchen mit der Trauer umzugehen, ist sich Lydia Bruder Nathan sicher, dass ein Nachbarsjunge hinter allem steckt. Doch die Wahrheit ist eine völlig andere und nur der Leser wird jemals erfahren, was wirklich in der verhängnisvollen Nacht an einem See in Middlewood geschehen ist.
"Was ich euch nicht erzählte" ist das Debüt der amerikanischen Autorin Celeste Ng, die in einfühlsamer Weise erzählt, warum ein junges Mädchen die Erwartungen ihrer Mutter nicht erfüllte und welche Probleme Familien mit Migrationshintergrund haben. Denn Lydias Vater James stammt aus einer chinesischen Familie, die nach Ohio ausgewandert ist und obwohl er bereits in Amerika geboren wurde, wird er wegen seines Aussehens regelmäßig ausgegrenzt. Aber nicht nur er setzt alle seine Hoffnungen in die erstgeborene Tochter. Auch Lydias Mutter, eine waschechte Amerikanerin, die ihr Medizinstudium aufgrund mehrerer Schwangerschaften nicht beenden konnte, glaubt, dass Lydia später einmal in ihre Fußstapfen tritt. Von den Wünschen ihrer Eltern regelrecht erdrückt, hat Lydia keine Chance, ein ganz normales junges Mädchen zu sein.
Gelesen wird der ergreifende Roman über das Leben einer amerikanischen Familie und den unfassbaren Tod eines ihrer Kinder von Britta Steffenhagen, die allen Figuren eine zu ihnen passende Stimme verleiht, dabei allerdings nur geringfügig differenziert. Angefangen von Lydia, die sie mit viel Einfühlungsvermögen und einer weichen Stimme spricht, über ihren Vater James, bei dessen Passagen sie die Stimmlage senkt und die Wörter betont, bis hin zu Lydias Bruder Nathan, den sie mit schnellem Tempo und einer unsauberer Aussprache interpretiert, gibt sie jedem einen eigenen Ausdruck und sorgt dafür, dass ihre Gefühle und Gedanken nachvollziehbar zum Tragen kommen. Eine gelungene Lesung, bei der der Hörer beizeiten merkt, wo in der Vorzeigefamilie etwas nicht stimmt und dadurch die Entwicklung bis hin zum Tod von Lydia gut verfolgen kann.
Fazit:
"Was ich euch nicht erzählte" ist die beklemmende Geschichte einer Familie, die einer Lebenslüge erlegen ist und nun mit den Folgen ihrer illusionären Vorstellungen klarkommen muss. Ein eindringlich und vielschichtig erzähltes Debüt der amerikanischen Autorin Celeste Ng, auf deren weitere Romane die Leser gespannt sein können.
Eine Hörprobe gibt es auf der Website des Verlages.