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Auch wenn bereits 19 Jahre seit dem Massaker von Lawrence vergangen sind, Elijah Stern kann die Bilder dieses düsteren Tages nicht vergessen. Er war selbst noch ein kleiner Junge gewesen, und doch hatte er die grausamen Morde mitansehen müssen, hatte zugesehen, wie die Mutter eines anderen Jungen direkt vor dessen Augen niedergeschossen wurde. Jetzt, 1882, arbeitet er als Leichenbestatter in dem kleinen Städtchen Morrison ein Stück entfernt. Es ist ein freudloser und recht einsamer Beruf. Als eines Tages die Witwe eines just verstorbenen stadtbekannten Trinkers um eine Obduktion der Leiche ihres Mannes bittet, stellt Stern überraschend fest, dass der Mann keines natürlichen Todes starb. Er wurde im Hurenhaus ermordet. Der Sheriff gibt sich allerdings mit dem erstbesten Verdächtigen zufrieden: ein Mädchen des Hauses mit einem fadenscheinigen Geständnis. Stern hat Zweifel und nachdem noch ein weiterer Mord geschieht, will er sich nicht mit den unzureichenden Ermittlungen des Sheriffs zufriedengeben, sondern beginnt selbst genauer hinzusehen.
Nach
Undertaker steht nun erneut ein Totengräber im Zentrum einer Westernserie im Splitter Verlag. Und auch wenn beide Figuren sicherlich als Antihelden bezeichnet werden können, so könnten sie doch unterschiedlicher kaum sein. Im Gegensatz zum draufgängerischen und gewitzten Jonas Crow aus Undertaker ist Elijah Stern ein ruhiger introvertierter junger Mann. Er interessiert sich für Bücher, liest etwa Moby Dick oder spricht gern über Shakespeare. Dass er ein Außenseiter der Gesellschaft ist, obwohl üblich in seinem Beruf, liegt wie ein dunkler Schatten über ihm.
Stern ist eine tiefgründige Figur, die zum Nachdenken anregt und berührt, so wie der gesamte Band viel einfühlsamer erscheint als von Comicalben gewohnt. Es geht nicht. um Action, tolle Sprüche oder coole Helden, sondern um ein anrührendes Porträt einer Außenseiterfigur in einer kargen und schwierigen Zeit der amerikanischen Geschichte. Gerade der amerikanische Bürgerkrieg wird gern als Hintergrund für Heldenepen genommen, "Der Totengräber, der Tramp und der Mörder" zeichnet stattdessen ein einfühlsames Bild einer harten Zeit für die einfachen Menschen. Mit dem Massaker von Lawrence wird eines der düstersten Kapitel des Sezessionskrieges thematisiert. Nord- und Südstaaten unterhielten beide inoffizielle Truppenteile, die an der Grenze einen Guerillakrieg führten. Dementsprechend sind alle Figuren des Comics vom Verlust gezeichnet und bleiben auch letztlich auf der Verliererseite. Trotzdem ist das Album keinesfalls depressiv. Der Detektivplot um die Leichen hält die Spannung eines guten Krimis, die ungewöhnlichen Figuren faszinieren und unterhalten gleichermaßen.
Hinzu kommt ein sehr eigener Zeichenstil. Eckige, harte Kanten formen die Figuren, der gesamte Hintergrund ist in gedeckten, erdigen Tönen gehalten. Stern sticht mit seiner schwarzen Kleidung heraus, und ist doch nicht grell, wirkt trotzdem unauffällig, so wie auch der Totengräber selbst ein Außenseiter ist, aber eben kaum Beachtung erhält. Ebenso gelungen transportiert die Farbgebung die staubige Landschaft, die Ödnis und Eintönigkeit des Lebens in der Kleinstadt irgendwo im Nirgendwo.
"Der Totengräber, der Tramp und der Mörder" ist ein ungewöhnlicher Western. Die klassischen Elemente des Genres sind einerseits enthalten und der Western als solcher deutlich spürbar, doch sind die Figuren und Perspektiven - anders als üblich - tiefgründig und feinsinnig. Ein nicht nur unterhaltsamer, sondern auch berührender Comicband, mit einem besonderen und sehr ansprechenden Zeichenstil.
Eine Leseprobe gibt es auf der Website des Splitter Verlags.