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Jules Moreau ist gerade mal elf Jahre alt, als seine Eltern bei einem Autounfall ums Leben kommen. Daraufhin kommt der bis dahin zusammen mit seinen beiden älteren Geschwistern Marty und Liz behütet aufgewachsene Jules in ein Internat in der Nähe von München und muss von nun an versuchen, sein Leben alleine zu meistern. Seine älteren Geschwister kümmern sich auch nicht wirklich um ihn – doch kurz darauf lernt Jules die gleichaltrige Alva kennen, die ebenfalls mit Problemen und Sorgen zu kämpfen hat. Sie werden Freunde und verbringen ihre Jugend weitestgehend zusammen – sie hören Musik, reden über Bücher und versuchen so ihrer Einsamkeit zu entkommen.
Nach dem Schulabschluss verlieren sie sich jedoch aus den Augen und sehen einander erst mal jahrelang nicht wieder. Währenddessen versuchen beide herauszufinden, wie sie leben wollen. Über Umwege trifft Jules Alva mit dreißig Jahren doch noch wieder – sie ist jedoch verheiratet. Nachdem ihr wesentlich älterer Mann jedoch stirbt, besteht für Jules doch noch die Hoffnung, mit seiner Jugendliebe und besten Freundin zusammen zu sein und die verlorene Zeit wieder nachzuholen, wie er es sich oft gewünscht und den Gedanken daran nie aufgegeben hat.
Als der Protagonist Jules mit vierzig Jahren einen Motorradunfall hat und während seines Krankenhausaufenthaltes in Gedanken schwelgt, begleitet der Leser ihn durch einige Episoden seiner Kindheit, Jugend und Adoleszenz und dabei durch Höhen und Tiefen, an die er sich zurückerinnert. Diese haben ihn schließlich dorthin gebracht, wo er ist und zu der Person gemacht, die er nun ist. Der Leser wird dabei von den verschiedenen Erzählsträngen, sowohl über Jules' Geschwister Liz und Marty, als auch über seine Eltern, förmlich mitgerissen.
Während der eher zurückhaltende und lieber beobachtende Jules erzählt, wie er und auch seine Geschwister auf unterschiedliche Weise versuchen, der plötzlichen Einsamkeit nach dem Tod der Eltern zu entkommen, entwickeln sich Liz und Marty in völlig unterschiedliche Richtungen als er selbst. Jules muss ebenfalls herausfinden, wer er sein will und was er mit seinem Leben anfangen soll. Dabei erzählt er, wie Liz, Marty und er immer mal wieder Treffen arrangieren und jeder am Ende mehr oder weniger seinen eigenen Weg dafür gefunden hat.
Wells' vierter Roman ist mehr als nur irgendeine Familien- und Liebesgeschichte. Er regt zum Nachdenken an und der Leser kann sich sehr gut mit den Figuren identifizieren, sodass er sich die gleichen Fragen stellt wie die Protagonisten – zum Beispiel "Was ist das Unveränderliche in einem selbst?". Die sehr unterschiedlich gezeichneten Charaktere und ihre Lebensentwürfe mit allen Höhen und Tiefen sorgen für eine gewisse Spannung, die einen dazu bringt, das Buch nicht mehr aus der Hand zu legen. Während die erzählte Zeit mehrere Jahrzehnte umfasst, liest sich der Roman sehr kurzweilig und doch geht er immer wieder in die Tiefe, sodass der Leser das Gefühl hat, die Figuren zu kennen.
Nicht nur die Handlung und die Figuren, sondern auch die gefühlvolle Sprache machen diesen Roman zu einem besonderen, der deutlich aus anderen Familien- oder Liebesgeschichten heraussticht. Wells' Roman ist eine vielschichtige, kluge und mitfühlende Geschichte über Familie, Freundschaft, Liebe und das Überwinden von Einsamkeit. Der Roman wird jedem gefallen, der eine zeitgenössische und intelligente Geschichte zu schätzen weiß, die nicht die üblichen Klischees behandelt.
Eine Leseprobe bietet die Verlagsseite.