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Sehr wahrscheinlich sind Schmetterlinge, vor allem die Tagfalter, die beliebtesten Insekten. Wer sich als Laie jedoch intensiver mit ihnen beschäftigt, steht vor einer scheinbar unentwirrbaren Arten- und Formenvielfalt. Und wer über die Grenzen des eigenen Landes hinausschaut, sehnt sich noch mehr nach einem umfassenden Lexikon.
Dieses ist nun im Verlag Quelle & Meyer erschienen. 464 Artenporträts finden sich im Anschluss an die Einführung, die Themen wie Körperbau, Entwicklung vom Ei bis zur Imago, Nahrungsaufnahme und die Beziehung zu anderen Tieren - in der Rolle als Beute oder (das ist bei manchen Bläulingen in Bezug auf Ameisen der Fall) Schmarotzer aufgreift. Im Hauptteil werden die Arten innerhalb der Familien in alphabetischer Ordnung vorgestellt. Der Anhang umfasst ein Literaturverzeichnis, Internetadressen, die Anschriften mehrerer Naturschutzverbände, ein Glossar, den Bildquellennachweis sowie ein Register der deutschen und wissenschaftlichen Artnamen.
Knapp, dabei jedoch anschaulich und gut verständlich präsentiert die Einführung Grundkenntnisse zu Lebensweise und Verhalten der Schmetterlinge in allen ihren Entwicklungsstadien, begleitet von etlichen Fotos. Hier erschließen sich dem an den Insekten interessierten Laien bereits Fakten, die er bei der Beobachtung der Insekten einsetzen kann, abgesehen vom Basiswissen wie dem Körperaufbau: etwa wenn es um die Ernährung, die Paarung oder den Schmetterling als Teil des umgebenden Ökosystems geht.
Auch die Artenporträts sind knapp gehalten: wissenschaftlicher und, falls vorhanden, deutscher Name, Spannweite der Vorderflügel, Aussehen mit Betonung besonderer Erkennungsmerkmale und möglicher Verwechslungen, Futterpflanzen der Raupe, Generationenfolge (in welchem Stadium überwintert wird, wie viele Generationen gegebenenfalls pro Jahr erscheinen und so weiter), Habitate und geografisches Verbreitungsgebiet. Kalender geben zudem einen Überblick über die Flugzeit der Imagines sowie das Auftreten der Raupen, sofern sich dies über mehrere Monate erstreckt. Zu den meisten Arten werden auch Fotos gezeigt - teils vom Autor aufgenommen, teils aus anderen Quellen wie Wikipedia. In der Regel zeigen diese einzelne lebende Tiere, seltener Präparate, bisweilen aber auch paarende Tieren oder Raupen. Die Abbildungen enthalten im Allgemeinen die wichtigsten Merkmale der jeweiligen Art, können aber nicht unbedingt zu einer eindeutigen Bestimmung herangezogen werden - hierzu eignen sich die schriftlichen Ausführungen besser.
Grundsätzlich will das Buch allerdings gar kein klassischer Schmetterlingsführer sein, sondern einen Überblick über Europas Tagfalterarten geben, geordnet nach den Familien Dickkopffalter, Ritterfalter, Weißlinge und Gelblinge, Bläulinge sowie Edelfalter. Zu Beginn jedes Abschnitts über die Spezies einer Familie wird diese kurz porträtiert. Dann schließen sich die Arten in alphabetischer Reihenfolge an, was wohl der größte Kritikpunkt an diesem ansonsten sorgfältig und anschaulich aufgemachten Buch ist: In Bezug auf welche Anwendung soll diese Anordnung nützen? Wer sich über die Artenvorkommen in einer bestimmten Region Europas informieren will, wünscht doch eher eine Sortierung nach geografischen Gesichtspunkten. Abhilfe hätten zum Beispiel kleine Karten zum jeweiligen Verbreitungsgebiet schaffen können. Dass nicht zu allen Arten Fotos gesammelt werden konnten, geht indes angesichts der Seltenheit etlicher Spezies in Ordnung. Gern hätte der Interessierte aber gewusst, wie der Gefährdungsstatus jeder Art aussieht. Dies erfährt er jedoch nur in Einzelfällen. Auch wären statt des grünen Vierecks in den oberen Ecken des Buchs je nach Familie andersfarbige Markierungen pfiffig gewesen - etwa Blau für Bläulinge, Gelb für Weißlinge/Gelblinge, Orange für Edelfalter und so weiter.
Insgesamt lässt sich mit dem Buch jedoch gut arbeiten: dank der Porträts, die das beste Maß zwischen "knapp" und "gründlich" treffen, und der durchaus hilfreichen Fotos, aber auch mittels der umfassenden Artregister mit deutschen und wissenschaftlichen Namen. Eine so informative Übersicht über sämtliche Tagfalter Europas - wobei noch zu klären wäre, wie weit in den Osten sich "Europa" aus Sicht des Autors zieht, (wohl nicht bis zum Ural) - ist ein echter Gewinn für alle Laien, die ein Grundwissen über Schmetterlinge aufbauen oder vorhandene Kenntnisse vertiefen möchten. Gerade bei der der Betrachtung von sehr ähnlichen, dabei in unterschiedlichen Habitaten verwurzelten Arten kann sich das Buch als nützlich erweisen. Da passt dann im Allgemeinen auch die alphabetische Anordnung.
Schön, dass es dieses Werk gibt - dazu in einem für den Wanderrucksack des urlaubenden Schmetterlingsfreundes idealen Format, robust und nicht zu schwer.