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Er ist berühmt und berüchtigt zugleich - Nostradamus. Neben seiner Tätigkeit als Leibarzt des Königs machen ihn vor allem seine Prophezeiungen, niedergeschrieben in Bänden von je hundert Vierzeilern, prominent. Doch längst haben das Alter und die Gicht ihn eingeholt. Gebrechlich und überlastet von den Visionen, die ihn heimsuchen, verbringt er seine Tage in seinem Haus in Salon-de-Crau (Frankreich) und schafft es nur schwerlich aus dem Bett aufzustehen. Seine Frau Anne und seine sechs Kinder kümmern sich um ihn. Doch Nostradamus hat drei Lehrlinge, Arthus Trivium, Angulus Dante und Angélique Obscura. Während die ersten beiden unterwegs sind, um den Missbrauch durch einen Bischof aufzudecken, verfolgt die Dame des Gespanns hinterhältige Betrüger: drei Männer, welche die um sich greifende Pest ausnutzen, um Geschäfte zu machen. Doch während die "Engel von Nostradamus" in seinem Namen für das Recht in Frankreich kämpfen, wird ihr Meister von seiner Vergangenheit eingeholt. Der alternde Apotheker muss seiner Frau ein dunkles Geheimnis enthüllen, und auch seine Schüler werden hineingezogen in ein düsteres Abenteuer, dessen Ziel allein die Rache einer Verstorbenen scheint.
"Die Engel von Nostradamus" ist der erste Band der neuen Reihe "Arthus Trivium" aus dem Splitter Verlag, die sich um den weltbekannten französischen Propheten dreht. Geboren 1503 in der Provence gilt Michel de Nostredame, der einfache Sohn eines Notars, heute als eine der umstrittensten Figuren der Frühen Neuzeit. Endlos scheint die Literatur über sein Leben, vor allem zu seinen Prophezeiungen, den sogenannten Centurien. Immer wieder interpretieren Esoteriker die Vorhersagen, meinen Übereinstimmungen zwischen den Vierzeilern und historischen Ereignissen zu finden, die sich hunderte Jahre nach dem Ableben des Propheten ereignet haben. Und immer wieder zweifeln Forscher die Interpretationen an, legen Widersprüche im Werk und im Leben des Nostradamus offen. Das Comicalbum geht hier eine recht eindeutige Richtung. Wer eine historische Annäherung an das Thema erwartet, wird enttäuscht. Arthus Trivium ist eine Fantasiegeschichte, gespickt mit historischen Elementen, jedoch weit entfernt von den Fakten der Geschichtsschreibung. Die Darstellung des Nostradamus und seiner Visionen folgt den immer wieder kolportierten Bildern, so etwa die Voraussage Hitlers durch den Vers:
"Im tiefsten Westen Europas wird in Armut ein kleines Kind geboren, das mit seinen Worten gewaltige Truppen begeistern wird. Sein Schrei wird über das östliche Reich hinwegfegen."
In der grafischen Umsetzung des Albums zeigen sich die Schatten des Nationalssozialismus schon an den Wänden des Studierzimmers. Auch wird im Album die berühmteste Voraussage und angeblich der erste Beweis für die tatsächliche Zukunftsschau des Nostradamus angesprochen, der Tod Heinrichs II. Dieser starb durch den Holzsplitter einer Turnierlanze, der durch sein Visier in seinen Helm und oberhalb des Auges in seines Schädel eindrang. Der Vierzeiler folgende Vorezieler soll dies vorausgesagt haben:
"Der junge Löwe wird den alten besiegen auf dem Schlachtfeld bei einem Zweikampf. Im goldenen Käfig wird er ihm die Augen ausstechen. Zwei Stände geeint. Dann stirbt er einen grausamen Tod."
Die Unstimmigkeiten, welche die Forschung dabei anführt, werden jedoch gänzlich ausgeblendet und auch hier unterstützt vor allem die Bildsprache die Glaubwürdigkeit der Prophezeiung. So wird etwa der Helm Heinrichs II. golden dargestellt, die Leiche hat ein ausgestochenes Auge und die Schilde beider Kontrahenten im Lanzengang zeigen Löwen. Nichts davon ist historisch belegt, manches eindeutig widerlegt.
Doch wie bereits gesagt, in "Die Engel von Nostradamus" geht es nicht um eine historische Erzählung, sondern um eine Geschichte voller Magie, Unerklärlichem und Übermenschlichem. So ist Angélique Obscura etwa kein einfacher Lehrling der Astronomie oder Medizin, sondern wie sie selbst sagt, eine Schülerin der Magie. Die Figur scheint in diesem ersten Band auch deutlich präsenter als der namensgebende Lehrling Arthus Trivium. Dieser hebt sich zunächst nur durch einen Zweifel an den Fähigkeiten seines Meisters von seinen Gefährten ab. Er hält die Prophezeiungen für Unsinn, wird jedoch durch die bildlichen Darstellungen des Comics ad absurdum geführt. In gewisser Weise gibt die Diskussion der beiden Lehrlinge zwischen Arthus Trivium, der die Prophezeiungen als solche bestreitet und Angelus Dante, der sie für bare Münze erachtet, jedoch auf charmante Weise den seit Jahrzehnten andauernden Streit zwischen Esoterikern und Wissenschaftlern in der realen Welt wieder. So wecken letztlich alle drei Figuren das Interesse des Lesers.
Auch die Geschichte, als Fantasy-Erzählung, versteht es zu fesseln, bildlich ebenso wie erzählerisch. "Arthus Trivium" ist spannend erzählt und hat interessante starke Charaktere. Es ist kein historischer Comic, doch wer die geschichtswissenschaftlichen Unstimmigkeiten ausblenden kann, wird hervorragend unterhalten. Eine fantastische und mystische Geschichte entfaltet sich, die Lust auf eine Fortsetzung macht.
Eine Leseprobe gibt es auf der Webseite des Splitter Verlags.