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 I don't like Mondays

Die 66 größten Songmissverständnisse


Cover
Gesamt ++++-
Anspruch
Aufmachung
Preis - Leistungs - Verhältnis
Popmusik ist allgegenwärtig, und jeder von uns kennt zahllose Titel. Was indes "kennen" für jeden Einzelnen bedeutet, dürfte sich stark unterscheiden: Kennen wir ein Lied wirklich, von dem sich uns lediglich die Melodie und der Text des Refrains - oder Ausschnitte davon - eingeprägt haben? Mitnichten. Schon der Untertitel des hier rezensierten Buchs weist darauf hin, dass viele Lieder missverstanden werden. Und so greift der Autor 66 markante Songtexte heraus, die falsch interpretiert, auf Schlagworte reduziert, aus Unkenntnis der Sprache nicht richtig verstanden oder manchmal einfach auf dämliche Weise missbraucht wurden.

Im Kapitel "Unter falscher Flagge" haben Songs einen Auftritt, die gegen die Intention der Verfasser für (Parteien- und sonstige) Werbung verwendet wurden, "Selektive Wahrnehmung" zeigt auf, wie Textbruchteile im Hörer ein Bild erzeugen, das den gesamten Kontext ausblendet, in "Modern Stalking" geht es um scheinbare Liebeslieder, die aber eher eine psychopathische Neigung thematisieren. Das Kapitel "Grenzwertiges Autobiografieverständnis" entlarvt die häufig sinnfreie Suche nach Bezügen zum Leben des jeweiligen Sängers in den von ihm präsentierten Liedtexten, "Songs unter Generalverdacht" entlarvt die ebenfalls sinnlose Unterdrückung von politisch zur jeweiligen Zeit als unpassend interpretierten Songs, und in "Falsch gehört" werden witzige Verhörer auf die Schippe genommen. "Falscher Kontext" passt ein wenig zum ersten Teil, nur geht es hier um Reklame. Und "Gespenster sehen" befasst sich mit einer Art Verschwörungstheorien, deren Anhänger Hinweise auf unterdrückte Informationen in den Songs sehen wollen, so "Paul ist tot" aus der Beatles-Zeit. In einem weiteren Kapitel geht es um fehlende Kontext-Kenntnisse des Hörers, "Moderne Mythen" greift einmal mehr scheinbare verschlüsselte Hinweise in den Texten auf, und das sich daran anschließende Kapitel geht noch einen Schritt weiter hin zum ideologischen Wahn. Scheinbarer Sexismus und unterstellte andere Formen der Diskriminierung gehören zu den Inhalten der letzten Abschnitte.

Dass "I Don't Like Mondays" von den Boomtown Rats nicht einfach eine Art Hymne des Montagshassers "wie ich und du" ist, sondern den mittlerweile historischen Amoklauf einer minderjährigen Schülerin aufarbeitet, dürfte mittlerweile recht bekannt sein. Andere Missverständnisse oder auch Debakel bei der Interpretation von Popsong-Texten sind nicht so augenfällig beziehungsweise bekannt geworden. Ein paar Vereinnahmungen, so komisch wie respektlos, schafften es in die Medien, etwa die "Angie" der Rolling Stones - ein Lied, das sich bei näherem Hinhören nicht wirklich für den Wahlkampf der gleichnamigen Kanzlerin empfahl, aber sowohl die "Macher" der Kampagne als auch die Zielgruppe übergingen dies dezent. "Born in the U.S.A" zeigt im Übrigen auch nicht die Glorie der Großmacht auf - ganz im Gegenteil! -, wurde aber entsprechend instrumentalisiert. Und Michael Behrendt präsentiert in seinem Buch eine Fülle von willkürlich oder unwissentlich missverstandenen Songtexten.

Fehlendes Verständnis für die Sprache, kulturelle und soziale Hintergründe, aber auch ein Hang zu Verklärung, Verschwörungstheorien und der Unterstellung von Diskriminierung führen zu manchmal verstörenden und vor allem absurden Fehlinterpretationen: Der pathologische Stalker (zum Beispiel: "Every Breath You Take" von Police, "Ich lass dich nicht los" von Fettes Brot) wird zum romantischen Liebhaber, und die willkürlich völlig überzeichnete Atomkraft-Kritik der Ersten Allgemeinen Verunsicherung in "Burli" bringt Behindertenverbände auf den Plan. Die Liste ließe sich lange fortführen, zumindest aber über die 66 im Buch präsentierten Songs hinweg.

Mit Witz und Pep stellt der Autor in einem klug gegliederten Buch die missbrauchten Lieder vor, er erzeugt ein Schmunzeln, Gelächter oder Bestürzung, ganz nach der Natur des Songs und des Missverständnisses. Nicht alle Inhalte sind dem Musikfan neu, doch auf einige interessante Entdeckungen darf sich jeder freuen.

Einen Blick ins Buch bietet die Verlagsseite.

Regina Károlyi



Hardcover | Erschienen: 13. März 2017 | ISBN: 9783806234855 | Preis: 19,95 Euro | 224 Seiten | Sprache: Deutsch

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