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Adi Winkler, auch "der Schränker" genannt, hat nur noch wenige Tage seiner Haftstrafe in Moabit zu verbüßen, als ein neuer Mithäftling ihn in einem günstigen Augenblick zu töten versucht. Ein mutiger Wärter rettet Winkler das Leben.
Winkler ist der Chef eines einflussreichen Berliner Ringervereins, der "Berolina", mit Kontakten ins Rotlichtmilieu und zur Unterwelt ganz allgemein, doch seine Ideen vom Geschäft und von der Ehre passen manchem anderen Berolina-Mitglied wohl nicht mehr so ganz ins Konzept. Unter diesen Umständen scheint es nicht verwunderlich, dass Winklers Versuche, herauszufinden, wer hinter dem Angriff auf ihn steckt, ins Leere laufen.
Bald wird sich zeigen, dass der Auftraggeber nach dem Fehlschlag keineswegs aufgegeben hat.
Mit seiner Krimiserie um Gereon Rath, die im Berlin der ausklingenden Weimarer Republik und des aufziehenden Dritten Reiches spielt, hat Volker Kutscher ein großes und begeistertes Publikum erhalten. "Moabit" stellt eine Art "Prequel" dar; es ist noch vor dem ersten
Gereon-Rath-Band angesiedelt und zeigt auf, wie Charly, die große Liebe von Gereon Rath, zur Polizeiarbeit fand.
Primär geht es um einen Mordversuch im Bandenmilieu im Gefängnis Moabit, wo Charlys Vater als Wärter arbeitet. Die einzige Tochter soll es zu etwas bringen. Tatsächlich hat sie das Abitur abgelegt, sich Kenntnisse im Maschinenschreiben und Steno angeeignet und sucht nun einen Job, mit dem sie ihr Studium wird finanzieren können.
Als ihr Vater in einen großen Gewissenskonflikt gerät, führt dies indirekt dazu, dass sie eine Teilzeitstelle als Stenotypistin in der Mordkommission erhält. Doch noch ehe sie diese antritt, stirbt ihr Vater bei einem Attentat, das primär jenem ehemaligen Strafgefangenen gilt, dem er kürzlich erst das Leben gerettet hat.
Drei Perspektiven bestimmen die kleine Geschichte – jene des Schränkers, des Vorsitzenden eines Ringervereins mit mafiösen Strukturen, den der Gefängniswärter Christian Ritter vor dem Tod durch die Hand eines Mitgefangenen rettet; Ritters Perspektive ist die zweite, die seiner Tochter Lotte, die im Lauf der Story zu der den Kutscher-Fans bekannten Charly reift, die dritte.
Dies mag der Leser oder nicht. Auch dass sich der Schränker in seinen Kapiteln als "du" bezeichnet – "Du lässt ihn eine Weile zappeln. Schaust ihn bloß an. Und dann sagst du ihm, …", könnte gewöhnungsbedürftig sein. Zumindest aber unterscheidet schon der Stil die jeweils einem der drei Protagonisten zugeeigneten Abschnitte.
So ganz kommt Kutscher hiermit nicht an seine Romane heran, offensichtlich liegt ihm die kurze, knappe Form weniger. Immerhin lernt der Leser Charlys geheimnisvolle Vorgeschichte kennen. Diese fügt sich schlüssig in die Gereon-Rath-Romane ein. Der Wendepunkt gegen Ende macht die Verwandlung der jungen Lotte in die erwachsene Charly glaubwürdig, wenn nicht folgerichtig.
Kat Menschik, die im Verlag eine komplette Reihe mit ihren Illustrationen gestaltet hat, liefert auch für "Moabit" die Bilder und macht den Band zu einem wahren Schmankerl fürs Auge. Im Stil der Plakate der späten Weimarer Republik bringt sie Elemente der Handlung oder typische Accessoires der Handelnden ein und trägt damit immer wieder zur Dynamik der Geschichte bei: Ihre Werke gehen weit über eine übliche Illustration hinaus. Sie besitzen Charme, jedoch ebenso eine überraschende Tiefe. Auch insgesamt begeistert die Aufmachung dieses Schmuckstücks.
Kurz: Kutscher- beziehungsweise Gereon-Rath- und vor allem Charly-Fans sollten sich dieses kleine, liebevoll gestaltete Schmankerl nicht entgehen lassen, selbst wenn der Inhalt womöglich nicht jedermanns Geschmack voll trifft.
Eine Leseprobe gibt es auf der Verlagsseite.