Nach dem Abschied von Clara Oswald reist der Doctor alleine durch Zeit und Raum und trifft auf einen alten Bekannten: Nardole. Dieser ist fortan an der Seite des Doctors, der sich augenscheinlich auf der Erde niedergelassen hat, um an der Universität Cambridge über sein Wissen und seine Ansichten vor Studenten zu philosophieren.
Nebenbei verbringt der Doctor viel Zeit im Keller des Gebäudes und bewacht eine große Box mit unbekanntem Inhalt. Stunde um Stunde wacht er an deren Seite, bis die junge Küchenhilfe Bill sein Interesse weckt, da sie seine Vorlesungen besucht. Ihre mitunter freche, aber aufgeweckte Art und Weise begeistert den Doctor und verleitet ihn Bill auf eine Reise in die TARDIS einzuladen, was einen erneuten Anfang eines Abenteuers bedeutet.
Peter Capaldis letzte Staffel als Doctor ist eine intensive Aneinanderreihung von Abenteuern für die Fans der Serie, welche von seiner neuen Begleitung Bill und dem nicht unbekannten Nardole getragen wird. Das liegt maßgeblich an zwei Komponenten. Zum einen sind die neuen Begleiter gut kreierte Kompagnons, die ihre eigenen Charakterzüge hervorragend in die Rahmenhandlung einfließen lassen und den einzelnen Handlungen neue Wendungen geben. Bill beispielsweise sorgt für frischen Wind, da sie die Entscheidungen und Aussagen des Doctors von Beginn an hartnäckig hinterfragt. Sie ist eine der wenigen Begleiterinnen, die nicht nur aufgrund ihrer Homosexualität den Doctor in einem anderen Licht erscheinen lässt und ihn für andere Dinge wertschätzt. Sie bestärkt ihn weiter an sich zu arbeiten, und so erlebt der Zuschauer weiterhin eine Wandlung vom alten, "grimmigen" Doktor zu einer neuen Variante, die sich wahrscheinlich in seiner neuen Regeneration erst völlig zeigen wird.
Die Erde sollte schon oft erobert werden, hab aufgehört zu zählen. Kein Versuch war erfolgreich. Nicht ein Einziger. Keiner. Alle haben verloren, gebrannt und sind geflohen. Jetzt wisst ihr, wer ich bin.
Der Doctor
Schauspieler Matt Lucas ("Little Britain") übernimmt in der Rolle von Nardole derweil den Part, die Handlung mit noch mehr Humor zu versehen. Seine trockenen Einwürfe sind bisweilen urkomisch, lockern viele der dramatischen Szenen angenehm auf, ohne, dass die Handlung an der Stelle ins Lächerliche gezogen wird. Gleichwohl erweist er sich als hilfreicher, verlässlicher Freund des Doctors, der dem Zuschauer die bittersüße Erinnerung um River Song zurückbringt. Immer bereit den Doctor an seine Aufgaben und Versprechen zu erinnern. Wenn es sein muss mit zutiefst wahren Aussagen, mit denen er den Finger in eine der vielen Wunden des Doctors legt.
Zum anderen ist diese zehnte Staffel als Neuanfang konzipiert. Neueinsteigern in das Doctor Who Universum wird alles Relevante kurz und knapp präsentiert und so haben Whovians erneut die Möglichkeit, sich an Begegnungen mit Daleks, Cyberman oder sogar Missy zu erfreuen. Dafür zieht das Tempo rasant an. Die Entwicklungen in der Beziehung zwischen dem Doctor und Bill sind so kompakt erzählt, dass dem Zuschauer kaum Luft zum Atmen bleibt. Schlag auf Schlag geht es in dieser Staffel von einer unbetrübten Reise in das fantastische Universum hinaus, bis zu den ersten schockierenden Momenten und endet in einem herzzerreißenden Finale, welches in früheren Staffeln in deutlich längerer Zeit aufgebaut wurde. In der kurzen Zeit - diese Staffel besteht aus zwölf Folgen - vermag es Bill die typischen "Vorbehalte" gegen einen neuen Gefährten so schnell abzubauen, dass ihre Freude und ihr Leid zügig und intensiv miterlebt werden. Das liegt ohne Frage nicht nur an den tollen, absurden und packenden Abenteuern, die die beiden erleben, sondern ebenfalls an der großartigen schauspielerischen Leistung von Pearl Mackie ("Svengali"), die sich bei Capaldi unterhakt und die so von der ersten Minute ein großartiges Duo bilden.
Produzent und Drehbuchautor Steven Moffat hat in seiner letzten Staffel, denn auch er verlässt das Doctor Who-Team, noch einmal gezeigt, warum viele seiner Geschichten bei den Zuschauern so beliebt sind. Eine Achterbahnfahrt der Gefühle, ein Potpourri von allen möglichen alten und neuen Gegnern, die dem Doctor und der Erde mit Vernichtung drohen. Etwas über zehn Stunden pure Spannung nutzt er, um einen versöhnlichen Abschluss zu bilden, der es in sich hat. Gerade die letzten beiden Episoden zeugen von der weit gesponnenen Rahmenhandlung, die am Ende nicht nur zu einer Regeneration, sondern auch zu einem großen Knall führt.
Durch ihre Ausstattung setzt sich die Box der zehnten Staffel positiv von anderen Produkten ab - und bleibt damit dem Stil der Veröffentlichungen bei Polyband erfreulicherweise treu - denn hier ist die Mühe zu erkennen, die sich die Verantwortlichen machen, um den Fans wirklich etwas zu bieten. Neben einem kleinen Booklet mit Episodenbeschreibungen, kurzen Frage- und Antwortsektionen und Trivia, ist die Box mit zusätzlichem Videomaterial gefüllt, das sich lohnt. Neben Audiokommentaren und entfallenen Szenen gibt es Einblicke hinter die Kulissen und vertiefende Informationen, die diese Box noch einmal aufwerten, wenngleich der Inhalt an sich schon attraktiv ausfällt. Von vorne bis hinten ist diese Box für Fans gestaltet, die nicht "nur" die zwölf neuen Folgen sehen möchten.
Kurzum: Alles wieder auf Anfang. Mit seiner letzten Staffel hat Steven Moffat den sprichwörtlichen Stab übergeben und hinterlässt seinen Nachfolgern ein aufgeräumtes Universum, das einen neuen Doctor, neue Mitreisende und neue Abenteuer benötigen wird. Bessere Bedingungen für eine elfte Staffel dürften schwierig zu erreichen sein. Der Weg dahin besteht aus zwölf höchst unterhaltsamen, stark inszenierten und rückblickend clever konkatenierten Folgen.