Gesamt |
|
Anspruch | |
Aufmachung | |
Brutalität | |
Gefühl | |
Preis - Leistungs - Verhältnis | |
Spannung | |
Henrietta Hoffman, genannt Hattie, lebt für die Schauspielerei. Die siebzehnjährige Schülerin verkörpert jedoch nicht nur bedeutende Theaterfiguren wie Shakespeares Lady Macbeth, sondern sie schlüpft auch im Alltag in die unterschiedlichsten Rollen: eben jene, die ihre Gegenüber von ihr erwarten. Wer Hattie nun wirklich ist, weiß im Grunde niemand.
Als Hattie beschließt, sie selbst zu sein, und plant, nach New York abzuhauen und dort eine Karriere als Schauspielerin zu beginnen, nimmt das Schicksal seinen Lauf – ein Schicksal, das Hattie nicht gewogen scheint, denn kurz darauf wird ihre Leiche in einer verlassenen Scheune gefunden. Wer hat die allseits beliebte und bewunderte Hattie so sehr gehasst? Etwa ihr Freund, dem sie als Letztem nachweislich begegnet ist?
Ein hochbegabter weiblicher Teenager, gefangen in einem kleinen Ort auf dem Lande, ein Sheriff, dem das Mädchen fast wie eine Tochter ist und für den eine Welt zusammenbricht, als es ermordet aufgefunden wird, und ein junger Lehrer, der aus einer Großstadt stammt, seiner Frau in die Provinz folgte und die aufgeweckte, hübsche Schülerin zu seiner Favoritin an der Highschool erkoren hat: eine, wie sich im Nachhinein erweist, unheilvolle Konstellation.
Mindy Mejia lässt in ihrem Roman "Warum sie sterben musste" die Perspektive zwischen diesen drei Personen wechseln – Hattie, das getötete Mädchen, erzählt natürlich nur in Rückblenden, die beiden Männer teilweise in der Gegenwart, teilweise ebenfalls im Rückblick.
So entsteht eine vielschichtige Story, eine Art Mosaik aus zahllosen bunten Teilchen. Es gibt nicht viele Kandidaten für die Rolle des Mörders. Wie in etlichen weiteren Krimis erweist sich die naheliegende Lösung nicht als die wahre, und auch die wahre Lösung ist nicht so einfach wie die Ausführung des Mordes selbst.
Geschickt baut Mindy Mejia ihre Figuren auf, lässt sie nach und nach an Kontur, an Schärfe gewinnen, ein Sog zieht den Leser mit in ihre persönlichen, unaussprechlichen Abgründe, Konflikte, kleinen Höllen, die sich allmählich überschneiden, woraus ein fatales Gemenge entsteht. Die Autorin überzeichnet dabei sicher für den Geschmack mancher Leser etwas – es gäbe immer wieder Fluchtmöglichkeiten vor allem eines Charakters aus der absehbaren Misere.
Ein paar Längen sind vorhanden und wären vermeidbar. Im Großen und Ganzen funktionieren die Spannungsbögen jedoch. Letztlich entsteht ein umfangreiches Panorama aus Persönlichkeiten, denen von ihrer Umwelt ein Bild aufgedrückt wurde und deren Innerstes doch niemand kennt außer dem Leser; selbst das nur nach und nach. Diese Konstruktion hat ihren Reiz, auch wenn die Geschichte nicht immer völlig realistisch wirkt.
Insgesamt also ein gelungener Thriller, lesenswert, ungewöhnlich.
Eine Leseprobe wird auf der Verlagsseite angeboten.