Dieser Gildenbrief ist die Jubiläumsausgabe, so dass man im Vorfeld bereits einiges von dieser Ausgabe erwartet. Im Vorwort wird dann auf die Geschichte des Gildenbriefes eingegangen. Es ist interessant zu sehen, dass fünfzig Ausgaben des Gildenbriefes in "nur" neunzehn Jahren zu Stande kamen. Man sieht also: Hier wird Wert auf die Qualität gelegt, die Quantität steht hintenan. Außerdem gibt es ein Versprechen im Vorwort: Für den gleichen Preis wie sonst, soll es in dieser Ausgabe mehr Inhalt geben. Und tatsächlich umfasst diese Ausgabe 66 Seiten. Das ist doch mal ein schönes Jubiläumsgeschenk.
Der erste Artikel stammt von Ulf Schatz und beschäftigt sich mit der "Dracontari-Schule". Diese Schule der Schwertmeister steht in Candranor und bietet somit etwas Hintergrundwissen zu Valian. Ausführlich wird die Geschichte der Schule, ihre Organisation, Finanzierung und Ausbildung erklärt. Dazu kommen Informationen zum Aussehen der Schule und zu den Personen, die dort tätig sind.
Ein umfassender und sehr interessanter Artikel, der einiges an Informationen beinhaltet, aber leider keine Karte der Schule. Jedenfalls ein netter Hintergrund, den man bestimmt einmal in ein Abenteuer einbauen kann.
Herd Hupperich hat ein Erainnabenteuer in diese Ausgabe eingefügt, welches für Charaktere von Grad 1 bis 3 geeignet sein soll. Das Abenteuer hat den Titel "Vier letzte Lieder" und spielt hauptsächlich an der Bardenschule von Teámhair. Die Beschreibung der Bardenschule, die sich in Ausgabe 46 des Gildenbriefs befindet, ist empfehlenswert für dieses Abenteuer. Es gibt in diesem Abenteuer zwar eine Karte der Schule und eine sehr kurze Beschreibung, doch ist die ausführliche Beschreibung aus dem älteren Gildenbrief eine sehr gute Quelle, um dieses Abenteuer besser zu gestalten. Im Anhang gibt es ein kleines Bestiarium und eine Beschreibung der vorkommenden Nichtspielercharaktere. Insgesamt umfasst das Abenteuer stolze achtzehn Seiten. Es ist auch ganz schön, dass auf älteres Quellenmaterial auf diese Weise Bezug genommen wird. Aber leider ist das für den Leser nur hilfreich, wenn man es besitzt.
Es folgt die Rubrik "Sangeskunst", ein Beitrag von Gerd Hupperich. Die "Gaffelskjegg Saga" ist dort zu lesen, eine Saga um den waelischen Eroberer Bjargi Gabelbart.
Diese Saga passt nur bedingt nach Erainn, aber da Bjargi Gabelbart sein Unwesen in Alba trieb, kann man diese Saga durchaus verwenden. Ansonsten kann man mit ihr einen Skalden für das nächste Abenteuer in Waeland ausstatten.
Rico Nielin ist für den nächsten Artikel verantwortlich, in dem wieder einmal etwas zu Palabrion zu finden ist. Thema sind dieses Mal die palabrische Mietshäuser. Wenn man in Palabrion spielt, ist dieser Artikel bestimmt sehr hilfreich, um die Stadt besser beschreiben zu können. Warum in einem typischen Wohnhaus jedoch ein schwarzer Hexer lebt, ist nicht nachvollziehbar. Ist etwa ein typischer Bewohner Palabrions ein schwarzer Hexer?
Alexander Reiterhoffer bescheibt schließlich das Handelshaus Nikomedes, welches in Palabrion ansässig ist. Die Beschreibung ist mit zwei Seiten recht knapp, aber eine nette Hintergrundinformation.
Der nächste Artikel behandelt die palabrische Politik. Der Artikel ist in Form eines Vortrags geschrieben, was ihn durchaus lesenswert macht, aber der dritte Artikel in Folge über Palabrion muss nicht sein.
Zum Glück kommt nun auch einmal ein anderes Thema: Rainer Nagel hat einen schönen Artikel mit dem Titel "Auf dem Sabil unterwegs - Eine Reise tausend Kilometer flussauf" geschrieben. Er liefert Gründe, warum man mit dem Schiff Eschar erkunden sollte, und hat diesen Artikel fast schon in Abenteuerform geschrieben. Man sollte vielleicht eher sagen, dass er das Grundgerüst für die Reise liefert, die der Spielleiter dann nur noch feiner ausgestalten muss. So findet man eine Karte des Reisegebietes, Hinweise für den Spielleiter und Angaben über die Entfernungen zwischen den einzelnen Streckenabschnitten. Dazu kommen Textausschnitte, die die Atmosphäre der Reise wiedergeben. Die einzelnen Reiseabschnitte werden noch einmal genauer beschrieben und mögliche Begegnungen werden eingebaut.
Ein wunderbarer Reiseführer durch Eschar, der problemlos als Abenteuer umgesetzt oder in ein Abenteuer integriert werden kann.
Die letzten beiden Artikel beschäftigen sich mit Aran. Holger Epp hat beide geschrieben und beschäftigt sich einmal mit der Sklaverei in Aran und zum anderen mit Zöllen und Steuern.
Im ersten Artikel geht er auf den Sklavenhandel sowie auf die Verwendung der Sklaven, ihre rechtliche Stellung und die Tempelsklaven ein. Im zweiten Artikel geht es dann um die aranische Währung, Steuern, Zölle und Strafen.
Beide Artikel geben etwas Hintergrundmaterial zu Aran, das eigentlich ein Schattendasein auf Midgard pflegt. Mit diesen Artikel hat man wenigstens etwas Material an der Hand und kann sich einen ersten, schönen Eindruck von diesem Land machen.
Inhaltlich ist der Gildenbrief größtenteils gut. Palabrion wird leider zu häufig thematisiert, aber ansonsten eine schöne Artikelauswahl. Qualitativ sind alle Artikel - auch die zu Palabrion - sehr gut und natürlich interessant. Besonders der Artikel von Rainer Hagel tritt positiv hervor.
Wäre Palabrion nicht dreimal das Thema gewesen, dann hätte man eine sehr schöne Mischung gehabt, aber so gibt es doch einen kleinen, fiesen Beigeschmack. Sicherlich werden sich Spieler und Spielleiter, die Chyrseia mögen, über die Artikel freuen, aber man sollte auch an andere Leser denken.
Fazit: Einige Artikel sind dem Jubiläum des Gildenbriefs durchaus würdig und auch die anderen Artikel sind okay. Eine qualitativ sehr gut gelungene Ausgabe, die es sich zu kaufen lohnt, wenn man Interesse an den oben aufgeführten Themen hat.