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 Die Feuerreiter Seiner Majestät, Band 1: Drachenbrut

Die Feuerreiter Seiner Majestät


Cover
Gesamt ++++-
Anspruch
Aufmachung
Brutalität
Gefühl
Humor
Preis - Leistungs - Verhältnis
Spannung


Als Kapitan William Laurence im Jahre 1805 wahrend der napoleonischen Kriege von einer besiegten französischen Fregatte ein ausgeärtetes Drachenei bergen kann, ist die Freude über diesen Sieg gegen die Franzosen zunächst groß. Jedoch schlüpft der junge Drache zu früh direkt an Bord des Schiffes und wählt den völlig unvorbereiteten und überforderten Laurence als seinen menschlichen Partner aus. Der Drache wird auf den außergewöhnlichen Namen Temeraire getauft und krempelt Laurences Leben fortan von vorne bis hinten um. Da er nun einen Drachen an sich gebunden hat, darf Laurence nicht länger Kapitän der Marine sein, sondern muss sich dem berühmt-berüchtigten Luftkorps der Briten anschließen und dafür seine Karriere, Privatleben und sozialen Status für den Drachen aufgeben. Aber Temeraire ist nicht irgendein Drache. Temeraire gehört der extrem seltenen Rasse der chinesischen Kaiserdrachen an und ist mit großer Intelligenz und so manch anderen Überraschungen gesegnet, die England im Kampf gegen Napoleon sehr nützlich sein können ...

Zunächst gilt es für Laurence und Temeraire jedoch, sich in die fremde Welt und die merkwürdigen Sitten des britischen Luftkorps einzufinden, die noch die eine oder andere Ãœberraschung für den Gentleman Laurence bieten.


Schon bevor Markus Heitz in Die Mächte des Feuers riesige Drachen auf das Europa des anbrechenden 20. Jahrhunderts losließ, gab es den Debütroman His MajestyÂ’s Dragon, zu Deutsch grauenhaft Drachenbrut, der Autorin Naomi Novik. Auch hier ist die am Anfang des 19. Jahrhunderts angesiedelte Welt weitestgehend parallel zu der unseren: Napoleon schickt sich an, ganz Europa und vielleicht noch mehr unter französischer Flagge zu vereinen, Großbritannien,
Österreich, Preußen und Russland halten tapfer dagegen. Der einzige Twist, der in die bekannten Fakten reingebracht wird, sind Drachen als riesige, bemannte Luftschiffe. Das alleine ist schon mal cool genug, aber obendrein auch noch mit so viel Talent und so viel Gespür für das Richtige umgesetzt, dass ein wirklich hinreißender Roman dabei entstanden ist.

Novik baut das Element der Drachen lückenlos in die Welt um 1800 herum ein. Es gibt Dutzende verschiedener Rassen, die sich in Größe und Fertigkeiten unterscheiden und dementsprechend in den Luftkorps der verschiedenen Nationen als Späher, Boten, Jäger oder Bomber eingesetzt werden. Das Korps selbst ist eine durchdachte militärische Institution mit seinen eigenen Riten und Rängen. Vieles, was die Autorin in ihrem Roman beschreibt, lässt ein gutes Maß an Recherche und Konzeption erkennen. Die Drachen, die Rahmenbedingungen, die Strukturen dieser Welt, alles wirkt stimmig und damit auch der ganze Roman. Noviks sehr lebendiger Stil vermag es meisterlich, dies alles zum Leben zu erwecken. Schnell entsteht vor einem das Bild eines gigantischen Drachen, der durch die Luft fliegt, während seine Crew sich an einer Art Geschirr befestigt an ihm langhangelt und ihren Aufgaben nachgeht. Kein Wunder, dass sich ein Herr Peter Jackson bereits jetzt die Filmrechte gesichert hat.

Aber die Welt wäre seelenlos ohne eine gute Geschichte und vor allem interessante Charaktere. Und genau hier landet Naomi Novik ihren größten Coup. Hauptfigur Captain William Laurence wird von Anfang an als britischer Gentleman beschrieben, wie er im Buche steht. Jahrelang bei der Navy gedient, stets mit guten Manieren, fair und gerecht, aber unerbittlich, wenn es hart auf hart kommt, und vor allem unendlich loyal zu Krone und Vaterland. Very British, vor allem in Verbindung mit der im Original außerst geschwungenen zeitgenössischen Sprache. So einem Vorzeigebriten kommt die monumentale Veränderung seines Lebens in Form des Drachen Temeraire natürlich überhaupt nicht recht. Umso mehr Spaß macht es, Laurence beim allmählichen Auftauen und der Entwicklung tiefster Emotionen für seinen Drachen zu beobachten. Dieser ist Übrigens, abgesehen von seinen Tischmanieren, ebenfalls sehr englisch, höflich, zurückhaltend und dennoch offener, als sein Captain es wahrscheinlich jemals hoffen könnte zu sein. So entwickelt sich zwischen den beiden eine faszinierende Beziehung, bei der man sich nie sicher ist, ob es sich um eine tiefe Freundschaft, ein Vater-Sohn-Verhältnis - bei dem nicht ganz klar ist, wer Vater und wer Sohn ist - oder gar um eine romantische Beziehung handelt, weil die meisten der Emotionen hinter Schichten und Schichten von Gentleman-Fassade versteckt sind. Nichtsdestotrotz schafft es Novik, den Leser spüren zu lassen, dass ihre Figuren eben jene Emotionen füreinander haben. Und umso schöner ist es dann, wenn diese dann mal offen zur Schau gestellt werden.

Der Großteil des Romans beschreibt die Beziehung zwischen Laurence und Temeraire sowie ihrem allmählichen Einfinden in die fremde Welt des britischen Luftcorps. Action gibt es da nur im dritten Akt gelegentlich, das Buch ist ansonsten voll und ganz auf die Öffnung der eigenen Welt und der eigenen Charaktere für den Leser konzentriert. Das kann man nur begrüßen, schließlich scheitern viele Fantasybücher mit dem Versuch, den Leser mit haufenweise Kämpfen, Schlachten und sonstigen Eskapaden schnell zu unterhalten. Drachenbrut nimmt sich Zeit, und das ist auch gut so. Dennoch hätte man sich vielleicht einen graduellen Spannungsaufbau oder eine immanente Bedrohung am Horizont gewünscht, denn so steuert die Geschichte des Buchs, so gut sie sich auch lesen lässt, eher ziellos voran. Der letztendliche Showdown kommt dann viel zu schnell und ist noch viel schneller wieder vorbei - der Roman endet schon fast mit einer Art Filmriss und spielt die Beziehungen, die man zu den verschiedenen Charakteren aufgebaut hat, nicht voll aus. Darum ist’s schade, aber auch nicht unverzeihlich schlimm, schließlich konnte man dafür die ganze Zeit in die wild-romantische Welt des britischen Luftkorps zur Zeit der napoleonischen Kriege tauchen.

Julius Kündiger



Softcover | Erschienen: 1. Juni 2007 | ISBN: 9783442244430 | Originaltitel: His Majesty?s Dragon | Preis: 8,95 Euro | 480 Seiten | Sprache: Deutsch

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