Gesamt |
|
Anspruch | |
Aufmachung | |
Brutalität | |
Gefühl | |
Humor | |
Preis - Leistungs - Verhältnis | |
Spannung | |
Ton | |
Ein Mann nimmt mit Plastiksprengstoff am Körper und einer Schusswaffe eines Morgens an einer Führung durch den Berliner Radiosender 105.1 teil. Im Studio nimmt er den Moderator einer beliebten morgendlichen Radioshow, einen Techniker und die übrige Besuchergruppe als Geiseln. Einer der im Studiobereich eingeschlossenen Personen gelingt es sich vor dem Geiselnehmer zu verstecken und den Kontakt nach draußen herzustellen.
Doch der Geiselnehmer ist nicht auf Zurückhaltung bedacht. Er macht die Geiselnahme über den Rundfunk in alle Welt kund, zunächst jedoch ohne weitere Forderungen zu stellen. Die Show soll einfach weitergehen. Wahrscheinlich würde es gar keinem draußen auffallen, wäre da nicht eine kleine Abänderung: Der Geiselnehmer wandelt er das übliche Anrufspiel, bei dem die Zuschauer sich mit einer bestimmten Parole melden müssen, um Geld zu gewinnen, kurzerhand um. Statt um Geld soll Berlin um das Leben der Geiseln spielen.
Innerhalb der Polizei sind die Verantwortlichen unsicher, wie man mit dem Geiselnehmer umgehen soll. Hat er wirklich genug Sprengstoff, um das Gebäude am Potsdamer Platz zu zerstören?
Während der Einsatzleiter eigentlich lieber gestern als heute stürmen möchte, hat sein Gruppenleiter eine andere Idee. Er holt die alkoholkranke Kriminalpsychologin Ira hinzu. Sie hatte an dem Tag eigentlich nur noch vor sich eine "Coca Cola Lemon" für die Giftkapseln zu kaufen, um ihr Leben endlich zu beenden, muss nun aber die Verhandlungen leiten.
Ihr gelingt es herauszufinden, was der Geiselnehmer will. Seine Verlobte soll zu ihm ins Studio. Nichts leichter als das, wäre da nicht ein total ausgebranntes Auto, in dem die Verlobte Monate zuvor umgekommen ist. Der Geiselnehmer will sich jedoch mit dem Tod nicht abfinden, ein Amokspiel beginnt...
Der Aufbau der Geschichte lässt den Hörer stets in Spannung. Dem Autor gelingt es sehr gut, den Hörer immer wieder zu verwirren und auf falsche Fährten und in Sackgassen zu locken. Was einmal klar scheint, ist fünf Minuten später wieder totaler Unsinn, nur um dann doch wieder die sichere Lösung sein zu müssen.
Zunächst gelingt es dem Autor vorzüglich durch die realitätsnahe Beschreibung der Handlungen und die interessante Darstellung von Charakteren den Hörer zu fesseln. Zu Beginn wird der Hörer überrascht von ungewöhnlichen, wechselhaften Charaktereigenschaften. Eigentlich alle "Guten" haben auch eine böse Seite und umgekehrt. Man hat wirklich schnell das Gefühl, da ist überall etwas faul. Fast jeder hat was zu verbergen. Es stellt sich eine Art Paranoia gegen jeden Charakter ein; jede seiner/ihrer Handlungen wird hinterfragt. Trotz aller Wendungen wirkt die Szenerie zunächst, als ob so etwas real vorkommen könnte. Besonders die Beschreibungen des Radiosenders und der dort handelnden Personen wirken authentisch, innovativ und nicht stereotyp. Dies mag auch daran liegen, dass dies das Metier des Autors bildet, ist er von Hauptberuf doch in der Geschäftsführung eines der meistgehörten Berliner Radiosender.
Leider gelingt es dem Autor nicht diesen besonderen Reiz durchzuhalten. Die Vielzahl der Wendungen führt irgendwann zu dem Punkt, dass die Handlung immer unrealistischer wird und damit an Reiz verliert. Nach einem Drittel bis spätestens der Hälfte hat man immer mehr das Gefühl gewonnen, dass der Autor eigentlich eine Geschichte erzählen wollte, die sich zwar nicht in die Gegebenheiten in Deutschland einfügt, aber dennoch so tun will, als wäre alles im alltäglichen Leben genau so möglich. Gerade zum Schluss hin fragt man sich, ob es nicht genügt hätte, einige Dinge dem Zufall zuzuschreiben statt fast krampfhaft zu versuchen, sie als die Folge von tief greifend ausgeklügelten Plänen der Strippenzieher darzustellen. Liebhaber von weit hergeholten Verschwörungstheorien dürften ihre Freude haben. Leider werden zudem mit Lauf der Erzählung die meisten Charaktere, vor allem die, die erst später hinzukommen oder näher beleuchtet werden, immer stereotyper.
Dennoch bleibt die Geschichte bis zum Schluss spannend und voller überraschender Wendungen.
Leider wirken viele, auch im Originaltext überraschende Wendungen in der bearbeiten Hörbuch-Version besonders unerwartet und unerklärlich und tragen nicht gerade zum besseren Verständnis bei. Die Charaktere wirken weitaus flacher und einige der unerwarteten Seiten werden nicht beleuchtet. Dieses Manko einer Hörbuchversion ist aber bei einem Buch, das von der Vielzahl der Wendungen lebt, zu erwarten.
Käufer der bei Lübbe Audio erschienenen Version - gekürzt, Spielzeit circa fünf Stunden - erhalten jedoch einen Gutschein zum kostenlosen Download der ungekürzten Fassung. Diese ist etwa elf Stunden lang.
Beide Versionen werden von Simon Jäger gelesen, dessen angenehme Erzähler-Stimme einen Pluspunkt darstellt.
Fazit:
Ein von Anfang bis Ende spannender Thriller, der den Hörer fesseln und unterhalten kann. Die Geschichte beginnt sehr authentisch und realitätsnah, entwickelt sich aber zunehmend in eine immer unrealistischer werdende Verschwörungsgeschichte.
Durch die Umsetzung für das Hörbuch wird etwas Tiefe aus den Charakteren genommen und die Wendungen wirken noch abrupter als in der Originalversion.