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Es war ein monumentaler Kampf, der die Nachkriegswelt von Grund auf verändern sollte. Höchste Zeit also, die Geschichte dieses bemerkenswerten Jahres lückenlos zu erzählen.
Als sich das Jahr 1956 zu Ende neigte, blickten die Zeitgenossen auf ein unruhiges Jahr zurück: In den USA und in Südafrika kämpften die Schwarzen gegen die Rassendiskriminierung und das Apartheid-System, die Franzosen in Algerien gegen die Nationale Befreiungsfront und die britischen Kolonien in Afrika für ihre Unabhängigkeit. Hinzu kam mit der Suez-Krise ein ernsthafter internationaler Konflikt mit mehreren Beteiligten. Aber auch im Ostblock tat sich 1956 so einiges: Nach einer Rede Chruschtschows, in der er mit der Herrschaft Stalins abrechnete, gingen die Menschen in Polen sowie in Ungarn auf die Straße. Hinzu kamen die ersten Vorboten der 1968er-Generation sowie der kubanischen Revolution um Fidel Castro. Allen Ereignissen gemeinsam ist, dass stets der Wunsch nach Freiheit als Triebfeder diente und so das Jahr 1956 zu einem Jahr der Revolutionen werden ließ - wenngleich nicht alle mit einem glücklichen Ende.
"Jetzt macht’ s euch nicht schwerer als nötig und gebt diese Sitze wieder frei!", sagte der Fahrer nachdrücklich, woraufhin der Mann neben Parks und die beiden schwarzen Frauen auf der anderen Seite des Ganges aufstanden. Paks rührte sich nicht.
Es ist ein Genuss, wie der britische Historiker Simon Hall das "Revolutionsjahr" 1956 mit diesem Buch wiederauferstehen lässt. In Form von 21 Kapiteln sucht er zusammen mit seinen Lesern die verschiedenen Schauplätze dieses Jahres auf und erzählt leichthändig, was die Zeitgenossen damals bewegte. Dem Kalenderjahr folgend thematisiert er dabei gleichermaßen bekannte Konflikte wie die Suez-Krise oder den Beginn der amerikanischen Bürgerrechtsbewegung sowie weniger präsente Ereignisse - so der teilweise im Schatten Ungarns stehende Aufstand in Polen oder die ghanaische Unabhängigkeitsbewegung. Die chronologische Anordnung der 21 Kapitel hat zur Folge, dass manche Schauplätze immer wieder ins Rampenlicht rücken. Daher widmen sich beispielsweise jeweils vier Kapitel der Situation in Ungarn beziehungsweise der schwarzen Menschenrechtsbewegung in den USA. Insgesamt schafft Hall so einen vielschichtigen Einblick in das "Jahr der Aufstände", wenngleich die am Ende der Einleitung erwähnte "lückenlose Darstellung" doch etwas übertrieben erscheint. Dennoch ist Hall da, wo es 1956 "brannte", dort, wo der Ruf nach Freiheit immer lauter wurde.
Gegen drei Uhr nachmittags setzten sich etwa 10 000 Studenten vom Hof der Technischen Universität aus in Marsch und zogen am Buda-Ufer entlang Richtung Norden zum Bem-Denkmal (...) Aus Büros und Wohnungen jubelten ihnen die Menschen zu (...)
Bemerkenswert ist vor allem, dass Hall auf allen Schauplätzen nicht nur als souveräner Sachkenner agiert, sondern die Ereignisse obendrein auf lebendige Art und Weise in Worte kleidet. So schildert er eindrucksvoll die aufgeladen-emotionale Stimmung während des Ungarn-Aufstandes im Oktober 1956 oder die explosive Atmosphäre nach einem Brandanschlag auf das Haus des bekannten schwarzen Predigers Martin Luther King. Nicht selten hat der Leser so das Gefühl, unmittelbar vor Ort zu sein, die Stimmung vor Ort förmlich greifbar. Neben diesen schildernden Momenten finden sich selbstverständlich auch Hintergrundinformationen, allerdings nie so, dass sich der Autor darin verliert und das eigentliche Ereignis aus dem Blick verliert. Denn Hall möchte erzählen, nicht analysieren. Aus diesem Grunde fallen auch Vergleiche oder Bezüge zu den verschiedenen Ereignissen vergleichsweise bescheiden aus. Jedoch werden Leser diese Bezüge immer wieder selbst herstellen - allerdings eher zur Gegenwart. Denn wenn von Zusammenstößen zwischen Weißen und Schwarzen oder von Bombenattentaten, welche von drei jungen, frustrierten und fehlgeleiteten Algerierinnen verübt wurden, die Rede ist, drängt sich unweigerlich ein Vergleich mit heute auf, ohne dass dies bedeuten würde, dass am Ende auch Unterschiede zu entdecken sind.
FAZIT: Hall erzählt in diesem Buch die Geschichte des Jahres 1956 so, dass der Leser das Gefühl hat, selbst vor Ort zu sein – und das, obwohl die Schauplätze um die ganze Welt verstreut waren. Ein Lesegenuss für jeden historisch interessierten Leser!
Weitere Informationen zum Buch sowie eine Leseprobe finden sich auf der Webseite des Verlags.