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Cécile, eine erfolgreiche Geschäftsfrau aus Paris, hat ein anstrengendes und ziemlich sinnlos erscheinendes Wochenende bei ihren Eltern hinter sich, die auf dem Land leben. Sie nimmt den Frühzug um 6 Uhr 41, um beizeiten im Büro einzutreffen. Nun hat sie zwei Stunden vor sich, in denen sie ihren Gedanken nachhängen kann.
Aber da setzt sich jemand neben sie – nicht irgendwer, sondern Philippe Leduc, mit dem sie vor 27 Jahren kurz liiert war und den sie nach einem sehr hässlichen Zerwürfnis nicht mehr gesehen hat. Beide erkennen einander auf Anhieb, wissen jedoch nicht, wie sie einander begegnen sollen: ignorieren?, die üblichen Floskeln abspulen? Zunächst tun beide so, als ob sie einander nicht erkennten, aber in ihren Köpfen rattert es, und es kommen längst vergessen geglaubte Details in ihnen hoch, jeweils aus der individuellen Warte. Es erweist sich, dass der Bruch in der Beziehung zu einem Wendepunkt in beider Leben wurde.
Cécile schaut zurück im Zorn, lässt neuerlich Revue passieren, wie schändlich Philippe sie seinerzeit behandelt und abserviert hat, während in Philippe unbewältigte Schuldgefühle und Scham hochkochen. Zwischenzeitlich legt der Zug Kilometer um Kilometer zurück, und erst, als beide fast schon an ihrer Station angelangt sind, kommt es zum seit so langer Zeit ausstehenden Gespräch. Zu spät?
Mehr als ein Vierteljahrhundert liegen die Ereignisse zurück, die Cécile und, wenngleich auf den ersten Blick weniger, auch Philippe geprägt haben. Beide waren jung und sehr verschieden: Philippe gut aussehend, ein Frauenheld, voller Charme und mit besten Aussichten für die Zukunft. Cécile hingegen eher eine graue Maus, doch mit messerscharfem Verstand und Schlagfertigkeit. Ein Zufall bringt die beiden zusammen, es kann nicht gut gehen, doch es hätte länger währen und weniger hässliche enden können.
Nun haben sich die Verhältnisse ins Gegenteil verkehrt. Philippe ist einsam, nicht mehr sonderlich attraktiv und beruflich alles andere als erfolgreich. Cécile als Inhaberin einer prosperierenden, in einer Marktlücke angesiedelten Firma hingegen ist auch äußerlich sehr viel ansprechender geworden und kann den Ärger mit ihrer heranwachsenden Tochter, ihren nervtötenden Eltern und dem ihr zunehmend gleichgültigen Ehemann gut kompensieren.
Das Buch ist in Bezug auf seine Handlung nicht sonderlich spannend. Es werden immer wieder dieselben Probleme gewälzt, Rückblenden liefern lediglich Andeutungen. Doch allmählich arbeiten sich die zwei Protagonisten voran in Richtung des Kerns ihres Problems, und mit ihnen erkennt der Hörer, welch einschneidende Wirkung ihre verkorkste, unter keinem guten Stern stehende und entsprechend unschön beendete Beziehung auf die beiden hatte.
Dass sie dennoch bis zum Ende hilflos bleiben und daher der Schluss unbefriedigend wirkt, passt letztlich gut zum Gesamtkonzept des Romans.
Da im Wechsel aus den beiden Perspektiven erzählt wird, scheint es nur konsequent, dass eine Sprecherin und ein Sprecher im Wechsel lesen. Und sie passen großartig zu den Rollen. Andrea Sawatzki findet sich perfekt in die Rolle der nicht sonderlich glücklichen, aber zumindest erfolgreichen Unternehmerin mit oft schnoddrig vorgetragenen Ansichten, Christian Berkel macht sich sehr gut als letztlich farbloser, gescheiterter Schönling Philippe Leduc. Der alternierende Vortrag bringt viel Spannung in das Hörbuch.
Die drei CDs und ein Booklet finden sich in einer transparenten Kunststoffbox mit Halterungen und einem sehr ansprechend aufgemachten Cover.
Insgesamt ein Roman mit wenig "Action", der aber anhand unterschiedlicher Zeitebenen und zweier wechselnder Erzählperspektiven dennoch Spannung und eine beachtliche Entwicklung aufweist und mit hervorragenden Sprechern zusätzlich punkten kann.
Eine Hörprobe wird auf der Verlagsseite zum Buch angeboten.