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Giuseppe Arcimboldo, zu seiner Zeit ein anerkannter und beliebter Maler und später vergessen, bis ihn die Expressionisten wieder entdeckten, steht mit seiner Kunst unter seinen Zeitgenossen recht allein. Die "wunderlichen Gesichter", die er hauptsächlich aus pflanzlichen und tierischen Elementen oder mit der porträtierten Person zu assoziierenden Gegenständen schuf, lassen sich nicht einmal in den Manierismus wirklich treffend einordnen.
Dem Rätsel Arcimboldo geht Norbert Wolf in seinem Buch nach. Einleitend charakterisiert er den Maler aus der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts als "virtuosen Grenzgänger" und untersucht, in wieweit die frühere und heutige Rezeption des Künstlers der Wirklichkeit entspricht.
Es folgt eine ausführliche Biografie Giuseppe Arcimboldos, die immer auch den politischen und gesellschaftlichen Kontext angemessen mit einbezieht, vor allem die drei Habsburger Kaiser, für die Arcimboldo arbeitete: Ferdinand I., Maximilian II. und Rudolf II. Zuvor hatte er die Nachfolge seines Vaters bei der Ausgestaltung des Mailänder Doms angetreten.
Der Leser erfährt, welche Vielfalt an Aufgaben Arcimboldo an den Höfen in Wien und Prag erfüllte: Er malte nicht nur, sondern betätigte sich unter anderem auch als Erfinder und skizzierte Kostüme für die Festivitäten der Kaiser. Als Hofporträtist fertigte er Bildnisse der kaiserlichen Familie an, die ganz konventionell wirken, ebenso aber jene skurrilen Zyklen, in denen Obst, Gemüse, Tiere und Gegenstände unterschiedlichster Art zu Büsten angeordnet sind, die regelrechte Charakterköpfe darstellen.
Bekannt ist in diesem Zusammenhang der Jahreszeiten-Zyklus, in dessen "Sommer" Arcimboldo aus Pfirsichen für die Wangen, einer Gurke als Nase, kleinen Birnen und einer Kirsche als Augen, einer geöffneten Erbsenschote und Kirschen als Mund und einem Birnenkinn sowie einem Maiskolben als Ohren und einer aufgeplatzten Melone als Hinterkopf ein Mannesporträt erstellt; Getreideähren und Stroh bilden Haare und Uniformjacke.
Aus anderen saisonalen Agrarprodukten und Pflanzen sind die weiteren Jahreszeiten aufgebaut. Ein anderer Zyklus stellt in ähnlicher Weise die vier Elemente vor. Wahrlich als Geniestreiche muss man auch Arcimboldos Umkehrbilder (die, um 180° gedreht, ein "neues" Bild ergeben) und seine Bilder eines Bibliothekars und eines Juristen bezeichnen, nicht zu vergessen das Bildnis Rudolfs II. als Vertumnus, ebenfalls aus Obst und Gemüse zusammengesetzt, aber eindeutig als der Habsburger zu erkennen.
Arcimboldo bleibt auch nach der Lektüre ein wenig rätselhaft - kein Wunder, sind doch nur rund dreißig seiner Ölgemälde erhalten, und die Urheberschaft mancher ihm zugeschriebener Werke bleibt umstritten. Der Autor versteht es jedoch, Arcimboldos Sonderstellung innerhalb des Manierismus herauszustellen und zu begründen. Er präsentiert den Maler als einen von den Habsburgern, insbesondere vom großen Mäzen Rudolf II. geförderten Künstler, und zeigt auf, welche Verpflichtungen und Freiheiten sich für Arcimboldo am Hof der Habsburger Kaiser ergaben. Norbert Wolf hebt hervor, dass Rudolf II. keineswegs während seiner gesamten Amtszeit der Schizophrenie und psychischen Instabilität verfallen war, und dass an seinem Hof lange Zeit ein durchaus anregendes Klima bestand, von dem Arcimboldo sicherlich profitierte.
Es kristallisiert sich also heraus, dass Arcimboldo mit seinen kühnen Ansätzen bei Hofe willkommen war und seine Rückblenden zu den Monstern und Grotesken des Mittelalters ein positives Echo fanden. Vergleiche mit dem Werk anderer Künstler, die Arcimboldo inspiriert haben könnten oder umgekehrt, sind eingeflochten.
Das Buch ist hochwertig und ansprechend aufgemacht. Zahlreiche, zumeist ganzseitige und qualitativ ausgezeichnete Abbildungen von Werken Arcimboldos, ebenso einiger anderer Künstler, zum Teil auch Ausschnitte von Bildern, ergänzen den Text. Am Ende des Buchs findet man neben einer Auswahlbibliographie eine kurze Zusammenfassung von Arcimboldos Vita.
Ein rundum gelungenes Werk, das interessante Erkenntnisse zu einem nicht gerade leicht zugänglichen Künstler auf gut verständliche Weise und in angenehmem Stil präsentiert, mit vorzüglicher Bildqualität aufwartet und zu einem sehr fairen Preis erhältlich ist!