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Mit seiner Komödie "The Importance of Being Earnest" gelang dem irischen Schriftsteller Oscar Wilde ein Kunstgriff, denn nicht umsonst ist dieses Theaterstück eines der meistaufgeführten aus der Feder Wildes. In Deutschland ist "The Importance of Being Earnest" seit seiner Erstübersetzung aus dem Jahre 1903 unter dem schlichten und nichts sagenden Titel "Bunbury" bekannt, der in der vorliegenden Ausgabe passenderweise jedoch um die Alternative "Ernst sein ist wichtig" ergänzt wurde.
Als Ernst Worthing wieder einmal zu Besuch bei seinem Bekannten Algernon Moncrieff in London ist, um Gwendolen, die Cousine Algernons, in die er verliebt ist, wiederzusehen, stellt Algernon seinen Freund zur Rede. Denn bei seinem letzten Besuch hat Ernst sein Zigarettenetui bei Algernon vergessen und als dieser - neugierig, wie er ist - hineingesehen hat, hat er dort die Widmung "für den lieben Onkel Jack" entdeckt. Nach einigem hin und her gesteht Ernst Algernon schließlich, dass er in Wirklichkeit John heiße, aber einen Bruder namens Ernst erfunden habe, um dem ländlichen Leben zeitweise zu entfliehen. Die Zigarettendose habe er von seinem jugendlichen Mündel Cecily geschenkt bekommen. Aufgeregt erzählt auch Algernon, dass er ähnlich vorgegangen sei, um ab und an dem Stadtleben - und seiner Tante Augusta - zu entfliehen, und einen kranken Freund namens Bunbury erfunden habe. Als Algernons Tante kurz darauf mit ihrer Tochter Gwendolen eintrifft, gesteht Jack ihr seine Liebe, bringt es jedoch nicht übers Herz, sie über seine wahre Identität aufzuklären, da sie allzu sehr an dem Namen Ernst zu hängen scheint und ihm erzählt, dass sie schon immer einen Mann mit diesem Namen heiraten wollte.
Dennoch beschließt Jack Worthing, sich seines imaginären Bruders zu entledigen - doch nachdem Jack auf seinem Landgut die Botschaft über den tragischen Tod seines Bruders verkündet hat, taucht Algernon dort überraschend auf und gibt sich als eben jener aus. Sofort verliebt er sich in die junge Cecily, doch auch diese scheint einen unabdingbaren Hang zum Namen Ernst zu haben. So stehen nun sowohl Jack als auch Algernon vor dem Problem, ihrer Liebe von ihrer wahren Identität erzählen zu müssen ...
Oscar Wilde, der nach William Shakespeare der wohl meistzitierte englische Theater-Schriftsteller ist, ist ein Künstler des spitzzüngigen Wortwitzes. Vor allem "The Importance of Being Earnest ist ein Paradebeispiel für seinen doppelbödigen, gesellschaftskritischen Humor und glänzt durch spritzige Dialoge und eine intelligent gestaltete Verwechslungskomödie. Doch nicht von Beginn an erschien Oscar Wildes Theaterstück in seiner heutigen, abgerundeten Gestalt. Im Gegenteil: Bis zur Vollendung des Werks, das während des Jahres 1894 entstand, nahm Wilde verschiedene Überarbeitungen vor, aus denen vier Fassungen resultierten. Den ersten Entwurf seines Schauspiels fertigte Oscar Wilde nach einem dreiwöchigen Familienurlaub in Worthing im Auftrag von Sir George Alexander, dem Manager des Londoner St.-James-Theaters, an und griff dabei auf die gängige Form in vier Akten zurück. Diese erste Fassung von "The Importance of Being Earnest" überarbeitete Oscar Wilde jedoch handschriftlich noch einmal gründlich, bevor er eine maschinenschriftliche Fassung seines Stückes herstellen ließ. Auch diese wurde von Wilde nochmals verändert und verbessert, bevor er diese nunmehr dritte Version Sir Alexander übergab. Dieser konnte den britischen Schriftsteller allerdings davon überzeugen, dass das Stück noch gestrafft werden müsse, um ihm mehr Tempo zu verleihen, und so wurden für die vierte und schließlich endgültige Fassung des Werks der zweite und dritte Akt zusammengezogen, zwei Charaktere gestrichen und einige Längen gekürzt. Als "The Importance of Being Earnest" dann im Februar 1895 uraufgeführt wurde, waren Publikum und Kritiker gleichermaßen begeistert.
Die vorliegende Neuübersetzung von Rainer Kohlmeyer von 1981 versucht, Oscar Wildes Sprache detailgetreu und humorvoll zugleich wiederzugeben. Wie der Übersetzer in seinem 2004 hinzugefügten Nachwort schreibt, habe er dabei nicht nur großen Wert darauf gelegt, "die Dialoge auch im Deutschen mit geschliffenem Wortwitz und dramatischem Leben zu erfüllen" und versucht, "auf die
Sprechbarkeit des Textes" zu achten, sondern auch, "möglichst genau den Satzrhythmus des Originals" wiederzugeben. Und tatsächlich: Die vorliegende Übersetzung liest sich nicht nur sehr flüssig, sondern schafft es auch, viele Pointen des englischen Originals aufzugreifen und ins Deutsche zu übertragen. Dennoch: Wer die englischsprachige Ausgabe von Oscar Wildes Theaterstück bereits gelesen hat, der wird feststellen, dass trotz großer Mühe und sorgfältiger Übersetzungsarbeit viel von Wildes feinem Wortwitz sowie seinem spitzen Humor verloren gegangen ist.
Neben des bereits angesprochenen Absatzes über die Neuübersetzung von "The Importance of Being Earnest" enthält das interessant geschriebene Nachwort des Übersetzers Rainer Kohlmeyer - der sich, wie es scheint, sehr intensiv mit der Arbeit des englischen Dichters auseinandergesetzt hat - zudem eine kurzbiografische Übersicht über Oscar Wildes Leben und Schaffen sowie Abschnitte über die Textgeschichte des Stückes (welche sich selbstverständlich ausführlicher präsentiert als weiter oben in dieser Rezension beschrieben) und die deutsche Theatergeschichte von "Bunbury".
Fazit:
"The Importance of Being Earnest" ist zu Recht das meistgespielte Stück aus der Feder Oscar Wildes. Die vorliegende deutsche Übersetzung verliert jedoch trotz sorgfältiger und mühevoller Übertragung einiges an spitzzüngigem, doppelbödigem und feinem Wortwitz, lässt sich aber dennoch flüssig und humorvoll lesen. Denjenigen, die des Englischen mächtig sind, sei jedoch das englische Original ans Herz gelegt.