Gesamt |
|
Aufmachung | |
Preis - Leistungs - Verhältnis | |
Zeitgleich zur Neuauflage vom Spielleiterhandbuch ist auch die Revised Edition des Spielerhandbuchs veröffentlicht worden. Das Spielerhandbuch beinhaltet alle Regeln, und der Leser erfährt auch alles über Berufe, Charaktererstellung, geistige Stabilität, Ausrüstung, Fahrzeug, Waffen und natürlich über die "Goldenen Zwanziger" des letzten Jahrhunderts. Das Spielerhandbuch ist also eine unumgängliche Anschaffung, wenn man Cthulhu spielen möchte. Der Vorteil der Trennung in zwei Bücher ist, dass der Spielleiter nicht befürchten muss, dass die Spieler zuviel über den Mythos erfahren, da der Spielhintergrund im Spielerhandbuch nur sehr allgemein und kurz abgehandelt wird. Damit der Leser direkt spielen kann, auch ohne Spielleiter, ist mit "Schatten über Arkham" ein Soloabenteuer enthalten. Es transportiert sehr gut den cthuloiden Flair und macht Spaß, hat aber die üblichen Probleme eines Soloabenteuers. Sehr anfängerfreundlich, aber schädlich für die Atmosphäre ist der Umstand, dass die Charakterwerte erst im Abenteuer erläutert und ausgewürfelt werden; und zwar in den Situationen, in denen sie das erste Mal benötigt werden. Neu im Band ist der Überblick über die deutschsprachige Cthulhu-Szene, -Stammtische und -Webauftritte. Etwas viel Eigenlob gibt es bei der Vorstellung der deutschen Cthulhu-Publikationen, wenn es auch sicherlich berechtigt ist.
Inhaltlich hat sich zur Vorgänger-Version nicht viel geändert, außer dass alle Errata der ersten Auflage berücksichtigt wurden. Dafür gibt es ein neues Cover und Layout, wobei ersteres bunter und auffälliger ist, was sicher nicht unbeabsichtlich war, kann der Band so im Laden doch mehr Aufmerksamkeit erregen als der doch etwas blasse Vorgänger. Innendrin ist alles lesefreundlicher gestaltet, es gibt weniger Zeichnungen hinter dem Text und die Überschriften haben keinen Schatten mehr. Insgesamt gesehen ist das Layout ansehnlich, wie vom Pegasus-Cthulhu her gewöhnt, und beherbergt auch diverse kleine Zeichnungen, die einen sogar manchmal einen kleinen Moment in die Irre führen können. Ist da wirklich ein Käfer? Hat man beim Lesen schon geistige Stabilität eingebüßt?
Für wenig Geld erhält man ein stabiles Hardcover mit integriertem Lesezeichen und ordentlicher Papier- und Druckqualität.
Nach kurzem Vorgeplänkel mit Vorwort und Angabe der Änderungen erhält der Leser erst einmal einen groben Überblick darüber, worum es beim Cthulhu-Rollenspiel überhaupt geht. Die spieltechnischen Begriffe sind sehr gut und einsteigerfreundlich erklärt, auch ein Rollenspielanfänger sollte leicht in das Thema einsteigen können. Es folgt ein leider arg knapp gehaltener Überblick über die 1920er, wobei hauptsächlich die USA betrachtet werden, aber auch Deutschland wird beschrieben. Ein guter erster Einblick in Mode, Sitten und ähnliches der Epoche, aber wie gesagt arg kurz.
Dafür ist das Kapitel mit der Charaktererschaffung um so länger; was aber auch daran liegt, dass zu jedem Beruf ein paar Sätze verloren werden, wie sie in der Epoche in Deutschland und USA gestaltet waren. Sehr hilfreich sind die eingestreuten Kurzbiografien von historischen Persönlichkeiten, die als Inspiration für den Berufshintergrund dienen, aber auch die 1920er mit Leben füllen und als potentielle Nicht-Spieler-Charaktere dienen können. Bei den Berufen gibt es eine wirklich große Auswahl (Charakterklassen im klassischen Sinne gibt es ja bei Cthulhu nicht), wobei die typischen und sinnvollen Berufe extra markiert sind. Die große Auswahl ist zwar nett, andererseits sind manche Berufe einfach wirklich sinnvoller als andere. Aber gut, dass muss der Spieler mit dem Spielleiter abklären.
Dass das Kapitel "Regeln und Fertigkeiten" kürzer als das der Berufe ist, sagt schon viel über Cthulhu aus. Dieses Rollenspiel hat ein wirklich kurzes und einfaches Regelwerk, welches auch für Rollenspielanfänger sehr gut geeignet ist. So einfach Charaktererstellung und Spielablauf sind, so einfach sind auch Steigerungen von Fertigkeitswerten oder die Handhabung der geistigen Stabilität. Hinzu kommt, dass viele Regeln als optional gekennzeichnet sind, so kann jede Gruppe selbst entscheiden, wie viele und welche Regeln sie benutzt. Auch das Kampfkapitel ist eher kurz gehalten, ist Waffeneinsatz im Kampf gegen Mythoswesen meist ja eher wenig sinnvoll. Trotzdem gibt es ein einfaches und funktionierendes Kampfsystem, es gibt ja auch andere Gegner und die Waffenliste ist auch nicht gerade klein. Lange Feuergefechte und taktische Kämpfe sind augenscheinlich nicht unbedingt das, an was bei der Erschaffung des Regelwerkes gedacht wurde. Kein Wunder angesichts der Tatsache, dass Charaktere bei Cthulhu sehr schnell sterben und nicht gerade viele Kugeln einstecken können.
Das nächste Kapitel behandelt dann den Wahnsinn, ein Problem, dass sich den Charakteren meist ebenso häufig stellt wie der Tod. Aus Platzgründen wird das Thema hier nicht so ausführlich behandelt wie im Spielleiterhandbuch, der Umfang ist für Spieler aber vollkommen ausreichend. Zu lang geraten ist das Kapitel zum Thema Verfolgungsfahrten per Auto, dafür fehlen leider Angaben zum Thema Stand der Spurensicherung und Gerichtsmedizin der damaligen Zeit. Hier hätte sich die zweite Edition von der ersten abheben und auch Besitzern von letzterer noch mehr Anreiz geben können, sich die neue zu kaufen. Außerdem wäre das hilfreich gewesen für den Fall, dass man mal zwischendurch reine Kriminalabenteuer spielen oder bei manchen Horrorabenteuern den Ermittlungsanteil erhöhen möchte.
Eigentlich eine gute Idee ist die Beschreibung einer Spielrunde, leider gibt sie in keiner Weise wieder, wie eine atmosphärische Runde funktioniert. Man mag sagen, dass sich die Beschreibung an absolute Rollenspielanfänger richtet, aber warum nicht direkt so anfangen, wie in den Cthulhu-Regelwerken beschrieben? Hier wäre eine Veränderung zur ersten Version sehr sinnvoll gewesen.
Abschließend gibt es noch eine diverse Anhänge, zum Beispiel eine sehr praktische Übersicht über Reiseentfernungen und wirklich gelungene Ausrüstungslisten zu den drei Hauptepochen, verziert mit alten Fotos und zeitgenössischen Werbeanzeigen.
Wie schon erwähnt: Wer Cthulhu spielen möchte, kommt am Spielerhandbuch nicht vorbei, da es alle relevanten Regeln enthält. Optisch ist es ebenso wie das Spielleiterhandbuch ein wirklich schönes Produkt und für den Preis ein guter Einstieg in das Cthulhu-Rollenspiel. Inhaltlich gibt es aber schon Mängel, zum Beispiel hätte der Abschnitt über die 1920er länger sein können, und wer sie gerne hätte, wird die fehlenden Informationen zur Spurensicherung und Rechtsmedizin schmerzlich vermissen. Das Solo-Abenteuer ist zwar gelungen (mit den für die Art Abenteuer üblichen Einschränkungen), aber nach Durchspielen aller Varianten natürlich nicht mehr nützlich. Aber nicht jeder Käufer eines Spielerhandbuches hat direkt einen Spielleiter parat, daher ist es schon nicht verkehrt, ein Solo-Abenteuer für den Soforteinstieg im Band zu haben. Fans der Epochen 1890 und Jetztzeit werden stark vernachlässigt, aber für die letztere Epoche gibt es ja mittlerweile "Cthulhu Now", und auch zu 1890 ist einiges an Material vorhanden.
Auf alle Fälle handelt es sich um ein einsteigerfreundliches Regelwerk in einer gelungenen optischen Umsetzung, und das für relativ wenig Geld. Wer die erste Edition schon hat, benötigt die zweite eigentlich nicht, da der Kern, die Regeln, identisch geblieben sind. Es gibt nur eine andere Optik und eingebaute Errata. Wer den besonderen Reiz cthuloiden Horrors kennenlernen möchte, sollte sich das Spielerhandbuch zulegen, das Solo-Abenteuer spielen und sich dann eine Spielrunde suchen. Es lohnt sich wirklich!