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Der Sonnenkönig Ludwig XIV. ist jedermann bekannt, ebenso sein glückloser Nachkomme Ludwig XVI., das prominenteste Opfer der französischen Revolution. Größere Gegensätze kann man sich kaum vorstellen. Wie aber kam es zu den gewaltigen Veränderungen innerhalb eines Jahrhunderts, und warum blieb die Revolution auf Frankreich begrenzt, das doch während des Absolutismus Vorbild für ganz Europa war?
T.C.W. Blanning stellt sich mit seinem preisgekrönten Buch der Herausforderung, den Zusammenhang und das Wechselspiel zwischen Macht, Politik und Kultur zu verfolgen.
Dazu hat er das Buch in drei Abschnitte gegliedert:
- Die Kultur der Repräsentation
- Die Entstehung der Öffentlichkeit
- Die Revolution
Anschließend folgt eine kurze Zusammenfassung über die Macht der Kultur, gefolgt von einer sehr übersichtlich zusammengestellten Liste von Anmerkungen, einer ausführlichen Auswahlbibliografie und einem gründlichen Register.
Im ersten Abschnitt wird die Kultur der Repräsentation vorgestellt, wie sie im Versailles Ludwigs XIV. und im Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation unter den Habsburgern praktiziert wurde. Ein eigenes Kapitel befasst sich mit dem Status des Künstlers.
Der zweite Abschnitt beinhaltet die vielfältigen Faktoren, die zur Entwicklung der Öffentlichkeit in Mittel- und Westeuropa beitrugen. Beispielhaft seien hier die Urbanisierung, die zunehmende Alphabetisierung und Bildung und die wachsende Infrastruktur genannt, die das Interesse an Druckerzeugnissen und kulturellen Veranstaltungen förderten.
Der letzte Abschnitt erläutert das Entstehen von Nationen, den preußischen Weg und den im Zuge der Aufklärung aufkommenden deutschen Nationalismus, den britischen Weg in einer gesonderten Betrachtung und den kulturellen Hintergrund der Französischen Revolution.
Es gelingt Blanning, die Entwicklung in den einzelnen Reichen sehr differenziert und anhand vieler Einzelbeispiele nachzuzeichnen, wobei er sich nach Möglichkeit an den Fakten orientiert und schlüssig argumentiert. Nur selten lässt er sich zu einer subjektiven Interpretation hinreißen. Trotz der vielschichtigen Wechselwirkungen zwischen den dargestellten Herrscherfiguren, Nationen und kulturellen Strömungen kommt es nur selten zu inhaltlichen Überschneidungen. Das Buch zeigt vor allem die Bedeutung des Wechselspiels zwischen Kultur und Macht auf und seine Auswirkungen auf die Öffentlichkeit, die sich mehr und mehr ihren Platz in der Politik eroberte. Neben sorgfältigen Porträts der Herrscher dieser hochinteressanten Epoche, deren Auswirkungen heute noch Konfliktpotenzial beinhalten, finden sich auch faszinierende Kurzbiografien Kulturschaffender aus dem 17. und 18. Jahrhundert, beispielsweise Händel, Haydn, Lully, Watteau und Leibniz, deren Werke der Leser plötzlich mit anderen Augen sieht.
Und die Vielzahl der Fakten, ineinander verwobenen Lebensläufe, Schlussfolgerungen und Beschreibungen wird farbig und unterhaltsam geschildert, sodass es sich erfreulicherweise nicht um ein trockenes Geschichtsbuch für ein Fachpublikum handelt - das aus der Lektüre sicherlich ebenfalls neue Impulse beziehen könnte -, sondern um ein Werk, das einem breiten, an historischen Zusammenhängen interessierten Leserkreis entgegenkommt. Etwas Ausdauer ist angesichts des enormen Umfangs dennoch erforderlich.
Darüber hinaus überzeugt das Buch durch die hochwertige und ansprechende Aufmachung, die enorme Qualität der Übersetzung und insgesamt gelungene Umsetzung.