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Rechtzeitig in der vorweihnachtlichen Adventszeit beschert der Piper-Verlag mit "Das Fest der Zwerge" eine Anthologie phantastischer Weihnachtskurzgeschichten. Fünfzehn Erzählungen präsentiert der Herausgeber Carsten Polzin, die dem Leser schildern sollen - so propagiert der Buchrücken -, wie Zwerge, Kobolde und Santa-Claus-Killer Weihnachten verbringen. Zu den Autoren, die einen Beitrag beigesteuert haben, gehören neben den bekannten internationalen Größen Dan Simmons und Ray Bradbury viele deutsche Genre-Autoren wie etwa Markus Heitz, Monika Felten, Karl-Heinz Witzko und Andreas Eschbach.
Auf über 260 Seiten tummeln sich Orks, Zwerge, Großstadt-Hexen, Kobolde und natürlich Rentiere und Weihnachtsmänner. Wer jedoch stille, beschauliche Geschichten voller Feenstaub und geheimnisvoller Magie erwartet, liegt hier falsch.
Der Ton, den die Geschichten anschlagen, ist alles andere als leise: Irrwitzig geht es zu, manchmal sehr humorvoll. Überwiegend jedoch sind die Beiträge düster, zynisch und brutal.
Hinzu kommt, dass nicht wenige der Erzählungen eigentlich nichts mit der Weihnachtszeit gemeinsam haben. So mancher Autor schlägt den Bogen nur, indem er in einem Nebensatz erwähnt, dass die Handlung zu diesem Zeitpunkt spielt.
Bereits die Titelgeschichte von Markus Heitz um zwei kampfeswütige Zwergen-Zwillinge macht dies deutlich: Die Erzählung überrascht mit zahlreichen Wendungen in der Handlung, ist routiniert geschrieben - mit Weihnachten an sich hat sie jedoch eigentlich nichts zu tun.
Der indische Autor Samit Basu legt danach mit seiner Story "Das Jahr des Affen" eine sehr witzige und ungewöhnliche Geschichte vor, die eine ganz eigene Handschrift trägt.
Darauf folgen mehrere dunkle, bittere Geschichten: grimmige Märchen aus dem rauen Norden und kühle Großstadt-Utopien. Monika Felten setzt sich in ihrer Geschichte mit dem mittelalterlichen Zwölfnächte-Brauch auseinander, Marliese Arnold geht in "Die zweite Chance" der Frage auf den Grund, was passieren kann, wenn Wünsche wirklich in Erfüllung gehen.
In den anderen Erzählungen wird der Leser mitgenommen auf eine Reise ins Weltall, zu sich im Schnee tummelnden Kobolden und mittelalterlichen Geistererscheinungen. Die Autoren beschäftigen sich mit Ideen wie etwa: Was würde geschehen, wenn die Kinder der USA aufhören würden, an den Weihnachtsmann zu glauben? Wer könnte ein Interesse daran haben, Santa Claus zu töten? Gehen in der heiligsten Zeit des Jahres auch unheilige Wünsche in Erfüllung - und hat Rudolf, das rotnasige Rentier, tatsächlich die Hänseleien seiner Gefährten verarbeiten können?
Obwohl einige Geschichten ein bisschen konstruiert wirken und drei der insgesamt fünfzehn Geschichten bereits zuvor in anderen Sammlungen veröffentlicht wurden, befinden sich zwischen den Buchdeckeln der Anthologie einige Perlen.
Neben dem bereits erwähnten Samit Basu ist vor allem "Der Besuch" - die Geschichte der blinden Maria Magdalena Smith, der an Weihnachten ein ungewöhnlicher Gast aufwartet - von Richard Schwatz sehr lesenswert.
Schön ist außerdem, dass das abschließende Autorenverzeichnis über eine einzeilige Copyright-Klausel hinausgeht und zu jedem einzelnen Schriftsteller fast eine halbe Seite biographischer Daten liefert.
Insgesamt hat die Sammlung somit ihre Höhen und Tiefen. Gerade dadurch, dass manche Erzählungen offenkundig auf Weihnachten getrimmt wurden, um in diese Anthologie zu passen, verliert "Das Fest der Zwerge" jedoch etwas seinen Reiz. Klappentext und Titelbild versprechen mehr Zauberstaub und klirrende Schneelandschaften als es schlussendlich zwischen den Buchdeckeln zu finden ist. Weihnachtliche Stimmung kommt beim Lesen oftmals eher nicht auf. Vielmehr richtet sich der Band an Freunde der Twilight Zone und - wenn man es nicht als Horror bezeichnen will - eher der dunklen, düsteren Fantasy.