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"Das Haus" ist der zweite Roman der auf elf Teile angelegten "Ortsumgehung" von Christian Maier. Die autobiografische Erzählung beginnt mit der Rekapitulation von Geschichten und Berichten über den Protagonisten, wie sie ihm von Verwandten über seine frühe Kinderzeit wiedergegeben wurden. Nach und nach übernehmen eigene Erinnerungen die Kindheitserzählung bis ins Grundschulalter des Kindes.
Eine dieser frühen Erinnerungen ist der erste Tag im Kindergarten, in den das jüngste von drei Geschwistern, im Alter von drei Jahren, gebracht wird. Nach diesem Tag spricht Andreas lange Zeit nicht mehr, bis er - wohl unter Schock stehend - droht, sich umzubringen, sollte er noch einen Tag in einen Kindergarten müssen.
Ähnlich verhält es sich mit der Schule. Da diese jedoch nicht auf Freiwilligkeit basiert, muss die Hauptfigur am Schulalltag teilnehmen, wobei er durch seine ausgeprägte Verschlossenheit schnell als Außenseiter gilt. Morgens quälen ihn bereits die Gedanken an den Schultag und er fühlt einen Kloß im Hals. Zuweilen wirkt er so kränklich, dass seine Mutter ihn zu Hause behält und er den Tag im Haus, vorzugsweise im Bastelraum im Keller verbringen kann. Trotz der vielen Fehltage erhält Andreas gute Schulnoten, anders jedoch seine ständig nach Aufmerksamkeit verlangende und dabei auch vor Wut- und Gewaltausbrüchen nicht zurückschreckende Schwester, die als schlechte Schülerin beschrieben wird.
Maier beschreibt also seine verkorkste Kindheit. Dabei gibt er sich auf 165 Seiten einer Mischung aus Selbstmitleid und Phlegmatikus hin. Er erläutert aber nicht, wieso er denn nun eine derart verschlossene und unerfreuliche Kindheit hatte, sondern berichtet in einem nicht enden wollenden Schreibfluss mit lauter Wiederholungen nur, dass er nicht mit den anderen Kindern seiner Schule spielen wollte, dass er die Schultoilette widerlich fand und das er allgemein wenig sprach.
Wenn Maier wenigstens mal erwähnen würde, was ihn denn nun an alledem störte. Vermisste er das Haus der Urgroßmutter? Waren ihm die anderen Kinder zu einfältig? Empfand er seinen Vater als unnahbar? Über nichts wird Auskunft gegeben sondern ein unkommentierter Tatsachenbericht abgeliefert.
In dem egozentrischen Bericht, den dieser Roman darstellt, erschlägt einen die Wehleidigkeit des Protagonisten. Das Schwadronieren, wie schlimm der tägliche Schulbesuch schon morgens im Bett und am Frühstückstisch - natürlich mit viel zu grellem Licht! - erscheint, stellt den Leser auf eine harte Probe und weckt das Verlangen, das Buch wegzulegen und zu vergessen. In bester Hypochondermanier entwickelt der Protagonist bei dem Gedanken an das Grauen, dass ihn hinter dem Schultor erwartet natürlich einen Kloß im Hals, der immer größer wird und schon allein räumlich einen Besuch der Schule unmöglich macht. Kafka lässt grüßen.
Lichtblicke stellen die wenigen Passagen da, in denen keine depressiven Gedanken und Gefühle wiedergekaut werden. Hier kann die schriftstellerische Fertigkeit des Autors bewundert werden. Der angenehme Schreibstil und die perfekten Satzkonstruktionen werden dem Leser hier bewusst. Schade, dass der Autor sein Talent nicht ausschließlich nutzt, um derartige Passagen zu schaffen.
Denn die gesamte Lektüre hindurch stellt sich die Frage, wozu dieses Buch geschrieben wurde. Es vermittelt nichts, es sagt nichts aus, es klagt niemanden an. Es ist einfach nur da. Und jammert.
Jedem, der mit seiner Zeit was Besseres anzufangen weiß als in Selbstmitleid zu versinken und Trübsal zu blasen, sei von diesem Buch abgeraten.
Eine Leseprobe gibt es auf der
Verlagsseite.