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Hörbuchproduktionen von Lübbe Audio verfügen fast durchgängig über richtig gute Sprecher, und für den kurzen Roman "Das Mädchen" von Stephen King hat man gleich zwei verpflichtet: Stimmstar Joachim Kerzel und seine junge Kollegin Franziska Pigulla.
Trisha ist neun und groß für ihr Alter. Mit der geschiedenen Mutter und ihrem pubertierenden großen Bruder muss sie mit auf einen Ausflug, und natürlich passiert bei ihrer kleinen Wanderung genau das, was immer passiert. Bruder und Mutter streiten sich wie die Kesselflicker. Eigentlich nur, um eine Pause davon zu haben, bleibt Trisha zurück und dringt ein Stück in den Wald ein, um sich zu erleichtern. Danach will sie eine Abkürzung gehen, um ihre Familie schnell wieder einzuholen und verläuft sich gleich sehr definitiv.
Auf ihrem Weg durch die wilden Wälder im Nordosten der USA hat Trisha nur einen Walkman mit Radio als Begleitung, in dem sie die Spiele ihres Lieblingsbaseballers Tom Gordon und der Red Sox hört, außerdem ein bisschen Proviant für ein Picknick und einen Regenponcho. Damit trotzt sie Gewittern und Sümpfen, marschiert immer weiter, fängt sich Brechdurchfall ein, kämpft mit Insektenschwärmen und ernährt sich von Bucheckern und Beeren, sieht dem Tod ins Auge. Doch irgendwas verfolgt sie - das Ding aus den Wäldern - und Trisha unterhält sich mit Tom Gordon, der immer häufiger neben ihr geht ...
Stephen King ist ein Meister des "Was wäre wenn?" - was also wäre, wenn ein kleines Mädchen sich in einem der riesigen Wälder verlaufen würde? Eigentlich ein ziemlich schmales Thema und dementsprechend wurde auch ein für King-Verhältnisse sehr schmales Bändchen draus, das gesprochen auf sieben CDs passt. Aufgebaut in der Struktur eines Baseballspiels mit neun Innings, hat es auch die nötige Struktur, um immer wieder die beiden Vorleser zu tauschen. Trotz der geradlinigen Handlung, bei der man auch noch einigermaßen klar voraussehen kann, wie es ausgeht, ist "Das Mädchen" von der ersten Minute an spannend. King webt sein übliches und überaus gekonntes Spinnennetz aus Handlung, Rückblicken und kurzen Perspektivwechseln, die dorthin schauen, wo die Protagonistin gerade nicht ist. Außerdem trifft er ein Mädchen in dem typischen King-Alter, nicht mehr ganz Kind, noch nicht ganz Jugendliche, und lässt ihre Welt langsam aber sicher verschwimmen, schickt ihr Visionen. Ein mystisches Spiel mit der Angst, kein großes, aber ein knackig starkes Buch.
Die Leseleistung ist bei beiden Vorlesern hervorragend. Joachim Kerzel hat schon einiges an Meriten, da wundert es kein bisschen, dass er das kann, aber von Franziska Pigulla hat man noch nicht so viel gehört, und auch bei ihr kann man nicht weghören. Warum sie das Buch allerdings gemeinsam lesen, wird wohl ein Rätsel bleiben; einen dramaturgischen Sinn macht es nicht, die Teilung wirkt unmotiviert und man fragt sich, ob sie organisatorische oder wirtschaftliche Gründe hatte.
Wie durchaus nicht selten bei Lübbe Audio hat auch diese Lesung hin und wieder musikalische Unterlage, aber die ist in diesem Fall ein bisschen danebengeraten. Manche Einsätze sind zu laut. Auch hier fragt man das eine oder andere Mal nach der Motivation und außerdem möchte man auch nicht in immer anderen Hörbüchern immer wieder die gleichen Musikfetzen hören. Die hier verwendeten waren zum Teil schon bekannt.
Auch wenn die Produktion nicht so ganz überzeugen kann, die beiden Vorleser können, und da das Buch auch wirklich gut ist, sollte man schon zugreifen, vor allem, weil der Preis wirklich sensationell günstig ist.